Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Ich erteile dem Kollegen Volker Rühe, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrem Antrag fordert die Bundesregierung den Deutschen Bundestag auf, der Entsendung deutscher Soldaten zu einem NATO-Einsatz
zuzustimmen, der auf 30 Tage befristet das Einsammeln
und Zerstören von freiwillig abgegebenen Waffen vorsieht.
In Wirklichkeit geht es natürlich - das hat der Bundesaußenminister deutlich gemacht - um sehr viel mehr: Wir
müssen einen vollen Ausbruch des Bürgerkriegs verhindern. Denn dieser hat in Wahrheit schon begonnen, weshalb es mit der Prävention so eine Sache ist. Zudem geht
es um eine neue Statik des Staates Mazedonien und um einen Neuanfang, um ein Miteinander der Konfliktparteien
sowie um eine neue Verfassung. Deswegen müssen wir
als Erstes festhalten: Noch so viele Soldaten, die von
außen in dieses Land kommen, können keinen wirklichen
Frieden und Versöhnung im Inneren erzwingen. Das müssen alle Beteiligten wissen.
({0})
Bundesminister Joseph Fischer
Wir haben deswegen immer wieder gefordert - und es
wäre gut, wenn es so gekommen wäre -, dass vor unserer
Entscheidung das mazedonische Parlament berät. Einige
Wortführer sprechen immer wieder davon, die Verfassungsänderung sei ein Diktat der Europäischen Union
und der NATO. Ich hätte mir deshalb gewünscht, dass
die Abgeordneten des mazedonischen Parlaments gesagt
hätten: Das ist unser Wille; wir selbst wollen diesen Neuanfang zwischen den Konfliktparteien in Mazedonien.
Eine solche Aussage ist nämlich die eigentliche Voraussetzung für einen Frieden in Mazedonien.
({1})
Umso wichtiger ist, dass das Friedensabkommen voll
umgesetzt und von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird. Voraussetzung dafür ist, dass die politischen
Führer einer solchen Mehrheit offensiv, mit Mut und Konsequenz, in ihrer eigenen Bevölkerung für diese Vereinbarung werben.
Leider herrscht bisher in der mazedonischen Bevölkerung der Eindruck, dass sich der Westen auf die Seite der
UCK geschlagen hat. Wenn die politischen Führungspersönlichkeiten der Mazedonier dieses Bild, zu dem sie
selbst beigetragen haben, im jetzigen Prozess nicht korrigieren, dann werden die Vereinbarungen nicht lange halten.
Aber selbst wenn es ihnen gelingt, dann wird - das
müssen wir der Fairness halber einmal sagen und würdigen - der slawo-mazedonischen Mehrheit der Bevölkerung eine gewaltige Umstellung abverlangt. Parlamentsdebatten auf Albanisch, nicht nur 6 Prozent, sondern
vielleicht 25 oder 30 Prozent albanische Polizisten - wenn
man fair ist, muss man sagen: Das wäre ein anderes Land.
Es erfordert viel Mut und Konsequenz, das umzusetzen.
All das muss man würdigen, aber zu diesem schwierigen Weg gibt es keine Alternative. Dafür Akzeptanz zu
schaffen ist angesichts des Hasses, der in den letzten Monaten entstanden ist und der geschürt wurde und wird,
eine schwierige, aber unverzichtbare Aufgabe, die niemand den mazedonischen Politikern der verschiedenen
Lager abnehmen kann. EU und NATO können dabei nur
unterstützend tätig sein - auch durch gezielte politische
und wirtschaftliche Hilfe.
Wir wollen jedenfalls, dass ein friedliches, demokratisches, die Minderheitenrechte wahrendes Mazedonien
Schritt für Schritt an die europäisch-atlantischen Strukturen herangeführt werden kann. Diese Perspektive zu
realisieren wird aber nur möglich sein, wenn die erzielten
Vereinbarungen eingehalten und voll umgesetzt werden.
Die NATO hat sich ein ungewöhnlich schwaches Mandat gegeben,
({2})
von dem möglicherweise kein wesentlicher Beitrag zur
Stabilisierung und Befriedung des Landes zu erwarten ist.
Diese Sorge spürt man ja auch.
Die täglichen Berichte aus Mazedonien über die eigentlichen Absichten, die die Konfliktparteien mit der
Präsenz der NATO in Mazedonien verbinden, belegen,
dass das Mandat nicht ganz ehrlich ist und dass die Konfliktparteien völlig unterschiedliche Vorstellungen haben.
Das müssen unsere Soldaten wissen.
({3})
Die slawo-mazedonische Seite will die NATO als Entwaffnungsarmee, aber nicht als einen Partner, der den
politischen Prozess begleitet. Die albanische Minderheit
will die NATO als eine Stabilisierungsarmee für den politischen Prozess, die länger bleibt; „bis zu 100 Jahre“, hat
sie gesagt. Es sind völlig unterschiedliche Vorstellungen,
die mit dem Einsatz unserer Soldaten verbunden werden.
Darüber muss man im Übrigen auch kontrovers diskutieren. Ich sage: Es ist keine Schande, dass in allen Fraktionen kontrovers diskutiert wird; es wäre eher eine Schande,
wenn das nicht gemacht würde.
({4})
Hinzu kommt, dass die NATO in die Rolle eines
Schiedsrichters gelangt ist, der aber selbst - das muss
man sich einmal vorstellen - Interesse an einem bestimmten Spielausgang hat; denn es ist die NATO, die bestätigen muss, dass 30 Prozent, 60 Prozent, 100 Prozent
der Waffen abgegeben worden sind. Nur wenn sie das bestätigt, gibt es den politischen Prozess. Da sie ein gewaltiges Interesse an dem politischen Prozess hat, ist sie ein
Schiedsrichter, der Interessen in diesem Spiel hat. - Ich
will nicht auf die Einzelheiten eingehen; wir erleben ja die
Kontroverse um die Waffenabgabe.
Die Allianz ist schon in der Gefahr, wie die „Neue Zürcher Zeitung“ geschrieben hat, zu einer Geisel zu werden
in einem politischen Prozess, der vor Haken und Ösen nur
so strotzt. Wenn es bei diesem eher symbolischen Mandat bliebe und sich die NATO ohne eine entscheidende
Veränderung der militärischen Potenziale - das ist der
wahrscheinlichste Ausgang - wieder zurückzöge, dann
müsste man in Kauf nehmen, dass damit keine wirkliche
Verbesserung der Lage in Mazedonien erreicht wäre und
Ansehen und Autorität der NATO beschädigt würden
- das ist überigens für uns ganz wichtig: Ansehen und Autorität der NATO -, oder der Einsatz der NATO würde
härter und länger und unsere Soldaten würden in größerer
Zahl und längerfristig in Mazedonien gebunden sein.
Der NATO-Rat hat das Mandat beschlossen und der
Deutsche Bundestag wird es nicht mehr ändern können.
Aber das heißt nicht: Ende der Diskussion. Im Übrigen
müssen wir bei diesen neuen Aufgaben natürlich auch die
Chance wahrnehmen, über die Mandate zu diskutieren.
Wir müssen - das muss auch die Bundesregierung
heute, an diesem Tag tun - die Öffentlichkeit über alle
Eventualitäten in Kenntnis setzen.
({5})
Wir müssen ungeschminkt sagen, mit welcher Lage unsere Soldaten in Mazedonien konfrontiert werden. Wir
dürfen nicht leichtfertig - das zeigt unser Verhältnis zur
NATO - das Ansehen der NATO aufs Spiel setzen; deswegen die Diskussion über das Mandat. Die Autorität der
weltweit mächtigsten Militärorganisation ist ein hohes
Gut, das es zu schützen gilt.
({6})
Die Öffentlichkeit muss davon ausgehen können, dass
die NATO für den Fall eines Scheiterns der Operation
- natürlich muss man darüber nicht öffentlich sprechen einen überzeugenden Plan B hat und nicht ohne Kraft und
Konzept in einen Bürgerkrieg hineingezogen wird. Sie
muss vor allem Vorsorge dafür treffen, dass im Falle eines
längeren und härteren Einsatzes die Sicherheit unserer
Soldaten gewährleistet ist. Es ist nicht auszuschließen,
dass die NATO den Einsatz in der jetzigen Form schon
bald bedauern wird, wir zu weiteren Entscheidungen,
auch im Bundestag, kommen müssen und erkennen müssen, dass es Frieden für Mazedonien - ich weiß, was für
eine schwierige Aufgabe das ist - möglicherweise nur
dann geben kann, wenn die UCK auch gegen ihren Willen vollständig entwaffnet wird und der Waffennachschub
über die Grenze zum Kosovo energisch unterbunden
wird. Ebenso wird sich die Präsenz der NATO möglicherweise so lange als unverzichtbar erweisen, bis die Albaner Vertrauen in die Bereitschaft der Slawo-Mazedonier
zu politischen Reformen gefunden haben.
Bündnissolidarität besteht für uns nicht in erster Linie
darin, 500 deutsche Soldaten mit diesem Mandat für
30 Tage nach Mazedonien zu schicken; Bündnissolidarität heißt, für die Durchhaltefähigkeit unserer Soldaten zu sorgen, damit sie sich dauerhaft mit den Verbündeten an einer Friedensoperation beteiligen können.
({7})
Militärische Bündnisfähigkeit ist die wirkliche Voraussetzung für Bündnistreue. Wir haben von Anfang an die Defizite der Bundeswehr deutlich gemacht und auch klar
gemacht, dass wir uns einen Einstieg in Verbesserungen
wünschen.
Ich kann diejenigen Kritiker - auch bei uns - verstehen, die sagen: Das, was ihr erreicht habt, ist, gemessen
an den riesigen Defiziten der Bundeswehr, bitter wenig. Das ist richtig. Ich sage es noch einmal: Das, was wir erreicht haben, ist, gemessen an den riesigen Defiziten der
Bundeswehr, bitter wenig.
({8})
Aber eines sage ich Ihnen auch, vor allen Dingen dem
Bundeskanzler, und das ist in dieser Debatte vielleicht
deutlich geworden: Das Thema der drastischen Unterfinanzierung der Bundeswehr bekommen Sie nicht mehr
von der Tagesordnung. Das ist nicht mehr eine Sache der
Spezialisten, sondern eine Sache der gesamten deutschen
Bevölkerung. Das ist in das Bewusstsein gedrungen; damit werden Sie sich auseinander setzen müssen.
({9})
Es ist bitter wenig, wenn ich mir die gesamten Defizite
der Bundeswehr ansehe,
({10})
aber eine ganze Menge, wenn ich mir anschaue, was wir
für die Vorsorge für mögliche Einsätze erreicht haben. Die
Position der Bundesregierung, nicht nur des Bundesfinanzministers, war ja: Wir finanzieren nur das, was in einem direkten Zusammenhang mit dem Einsatz steht. Wir
haben jetzt investiert in besonders geschützte Fahrzeuge
wie den Dingo, die erst in Monaten kommen, wie den
Marder, die erst in einem Jahr zur Verfügung stehen. Das
ist der Einstieg in eine bessere Vorsorge für die Sicherheit unserer Soldaten.
({11})
- Ich weiß nicht, ob Sie klug beraten sind, so darauf zu
reagieren. Ich will Ihnen das einmal schildern. Sie haben
jetzt erlebt, was mit dem Dingo passiert. Der Dingo ist absolut notwendig für die Sicherheit unserer Soldaten im
Kosovo. Sie müssen ihnen jetzt diese Fahrzeuge nehmen,
um sie in Mazedonien einzusetzen. Das zeigt, dass hier
mangelhafte Vorsorge getroffen worden ist. Deswegen
müssen wir heute Entscheidungen für die Zukunft treffen.
({12})
- Kein Grund zur Aufregung?
({13})
Wir hatten weitere Forderungen im Zusammenhang
mit dem Materialerhalt. Um zu zeigen, was wir erreicht
haben, kann ich das ja noch einmal nachvollziehen. Ich
sehe Helmut Kohl, unseren Bundeskanzler.
({14})
Wenn ich als Verteidigungsminister damals in der Situation gewesen wäre, dass ich mich, auch unter dem Druck
des Finanzministers, mit einem geringeren Paket für die
Sicherheit unserer Soldaten beschieden hätte, und dann
der Oppositionsführer Scharping zum Bundeskanzler
Helmut Kohl gekommen wäre und erreicht hätte, dass
mehr Geld für die Sicherheit der Soldaten in diesem Einsatz ausgegeben wird, hätte ich mich als Verteidigungsminister nicht so verdammt wohl gefühlt. Deswegen sage
ich Ihnen: Was wir erreicht haben, ist schon etwas, aber
wir werden weiter kämpfen, was die strukturelle
Verbesserung der Bundeswehr angeht.
({15})
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kontroverse muss sein, aber sie muss auch enden. Auch wenn wir nicht den Weg zu einer Zustimmung
gefunden hätten, wäre sie heute Abend zu Ende gewesen.
Das ist etwas, was wir in Deutschland möglicherweise
noch lernen müssen - hier können wir uns wirklich die
Amerikaner zum Vorbild nehmen -: Beginn des Einsatzes, Ende der politischen Debatte, Ende jeder Auseinandersetzung. Ab heute Abend wissen unsere Soldaten übrigens, dass alle Abgeordneten dieses Bundestages, egal,
wie sie abstimmen, hinter ihnen stehen. Mehr als
600 Abgeordnete werden hinter unseren Soldaten in
diesem Einsatz stehen. Das ist auch wichtig, neben dem
Geld, das wir ihnen für ihre Sicherheit mitgeben.
Vielen Dank.
({16})
Ich erteile das Wort
dem Abgeordneten Gernot Erler, SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rühe, ich möchte mit
Genugtuung feststellen, dass Sie in Ihrer Rede wenigstens
partiell zu dem tatsächlichen Gegenstand und der angemessenen Behandlung dieses Gegenstandes zurückgekehrt sind.
({0})
Aber Sie konnten in dem anderen Teil Ihrer Rede nicht darüber hinwegfahren, dass es ein Fehler, ganz persönlich
auch von Ihnen, war, diese internationale Frage für die
Bundesrepublik Deutschland mit Ihren persönlichen innenpolitischen Zielen zu verbinden. Das war ein Irrweg.
Das ist ein Irrweg. Das wird auch einer bleiben.
({1})
Wenn Sie hier Ihre Erfolgsbilanz vorstellen - Sie sind
ja ausgeritten, um der Bundesregierung 500 Millionen DM
abzutrotzen und haben jetzt das Problem, 28 Millionen DM
als einen Erfolg zu verkaufen -, dann ist doch eines klar:
Das wichtigste Kriterium dafür, wie überzeugend Sie Ihren
Erfolg darstellen können, ist die Reaktion Ihrer eigenen
Fraktion. Es gab ein Abstimmungsergebnis von 94 zu 68.
Sie können also Ihre eigenen Leute nicht überzeugen. Daher werden Sie auch die Öffentlichkeit nicht davon überzeugen können, dass Sie hier einen großen Erfolg errungen
haben.
({2})
Meine Damen und Herren, die SPD-Bundestagsfraktion hat gestern Abend mit großer, mit über 90-prozentiger Mehrheit beschlossen, dem Antrag der Bundesregierung zuzustimmen, sich an der NATO-Mission „Essential
Harvest“ mit einem Kontingent der Bundeswehr zu beteiligen. Die SPD-Fraktion hat sich diese Zustimmung nicht
leicht gemacht. Es hat eine intensive Diskussion zur Entwicklung der Lage in Mazedonien, zu den Chancen, mit
dieser Mission einen Bürgerkrieg in Mazedonien zu verhindern, aber auch zu den Gefährdungen und zu den Risiken gegeben. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen
mussten und müssen bei dieser Entscheidung ernst zu
nehmende Zweifel überwinden. Nicht alle Fragen können
befriedigend beantwortet werden. Letztlich musste jeder
eine Abwägung der Alternativen mit ihren jeweiligen Risiken vornehmen. Ein Erfolg der militärisch kontrollierten Waffeneinsammlung als Bedingung für die Ratifizierung des Friedensabkommens vom 13. August
erscheint keineswegs gesichert, aber möglich. Eine Verweigerung der Mithilfe bei dieser freiwilligen, aber keineswegs preislosen Selbstentwaffnung würde dagegen
automatisch in den Bürgerkrieg führen.
({3})
Die SPD-Bundestagsfraktion sieht in „Essential Harvest“ einen integralen Bestandteil eines präventiven politischen Friedens- und Vermittlungsprozesses. Wir begrüßen es außerordentlich, dass es die Unterhändler der
EU, der Vereinigten Staaten und der NATO in enger Abstimmung untereinander, aber auch mit den Vertretern der
Vereinten Nationen und der OSZE geschafft haben, dieses
Rahmenabkommen zu erreichen - mit der Unterschrift
der vier wichtigsten slawo-mazedonischen und albanischen Parteien und des mazedonischen Präsidenten. Im
Namen meiner Fraktion möchte ich allen an diesem Erfolg beteiligten Vermittlern Dank und Anerkennung aussprechen.
({4})
Jetzt hängt alles von der erfolgreichen Umsetzung des
Rahmenabkommens ab. Dieser Friedensplan hat die kontrollierte Selbstentwaffnung der UCK und die notwendige Verfassungs- und Gesetzgebungsarbeit des mazedonischen Parlaments quasi aneinander geschmiedet. Es läuft
in den nächsten 30 Tagen bis zum 27. September Zug um
Zug oder es läuft gar nicht. Das macht den politischen
Charakter der bereits angelaufenen NATO-Mission aus.
Hier wird nicht das Gleis von der Diplomatie zur militärischen Intervention gewechselt. Vielmehr ist die militärisch abgesicherte Kontrolle der Waffenabgabe Voraussetzung dafür, dass der Schlussstein der politischen
Konfliktschlichtung gesetzt wird.
({5})
In der Öffentlichkeit ist zu Recht auf das Ungewöhnliche der Szenerie und auch auf die Risiken der erfolgten
Friedensvermittlung hingewiesen worden: Im Februar
sind bewaffnete albanische Gruppen aufgetaucht und
haben mazedonische Ordnungskräfte angegriffen. Nach
wenigen Wochen sitzen sie plötzlich am Verhandlungstisch. - Das ist erklärungsbedürftig. Das könnte ja
auch eine Prämierung von Gewaltanwendung sein.
Der Hintergrund ist aber: Aus geographischen, politischen und militärischen Gründen sind die mazedonischen
Ordnungskräfte nicht in der Lage, das zu tun, was eigentlich
normal gewesen wäre, nämlich diese Aktivitäten zu unterbinden. Eine Verhandlungslösung zu suchen war die einzige Möglichkeit, in Mazedonien ein dauerhaftes Blutvergießen, dessen Ende also nicht abzusehen gewesen wäre, zu
verhindern. Deswegen war dieses Vorgehen richtig.
({6})
Die Verhandlungslösung war nur möglich, weil es auf beiden Seiten besonnene Kräfte mit viel Mut gibt, die sich
gegen Populisten, Extremisten und Hardliner auf beiden
Seiten durchsetzen. Diese besonnenen Kräfte verdienen
unsere volle Unterstützung.
({7})
Aber genauso deutlich appellieren wir an dieser Stelle
und in dieser Stunde an alle Mitglieder der UCK: Ihr habt
erklärt, dass eure politischen Ziele mit dem Rahmenabkommen jetzt erfüllt sind. Somit gibt es keinen Grund mehr, um
die Zahl der abzugebenden Waffen zu feilschen. Es ist eine
unabdingbare Voraussetzung, dass die Waffenabgabe transparent, vollständig und verlässlich durchgeführt wird.
({8})
Ich gehe noch weiter: Wenn das Rahmenabkommen
umgesetzt ist, gibt es für bewaffnete albanische Verbände
in Mazedonien definitiv keinerlei Existenzberechtigung
mehr.
({9})
Sollten sie trotzdem auftauchen und aktiv werden - das
sage ich mit allem Nachdruck -, würde dies alles Erreichte infrage stellen und der albanischen Sache nicht nur
in Mazedonien einen kaum noch zu reparierenden Schaden zufügen. Ich hoffe, dass diese Botschaft bei allen, die
sie angeht, ankommt.
Auch auf slawo-mazedonischer Seite gibt es vernünftige, realistische Kräfte und unbelehrbare Nationalisten,
die der Bevölkerung vorgaukeln, in Wirklichkeit sei der
Westen an der gesamten Problemlage schuld. Diejenigen,
die sich wie Präsident Trajkowski und unsere sozialdemokratischen Freunde ihnen entgegenstellen, brauchen
Mut. Sie haben es schwer und leben gefährlich. Sie verdienen deshalb unsere Unterstützung.
({10})
Aber auch hier muss klar sein: Die unbelehrbaren
Scharfmacher gefährden die westliche Hilfsbereitschaft.
Angesichts der Tatsache, dass ein Jugendlicher mit tödlichen Folgen einen Betonbrocken auf ein Fahrzeug der
NATO-Mission geschleudert hat, verlangen wir, dass die
Scharfmacher, die Schreibtischtäter in den mazedonischen Medien zur Rechenschaft gezogen werden und
endlich mit ihrer Hetze gegen den Westen aufhören.
({11})
Den Angehörigen des jungen Ian Collins aus Großbritannien, der tragisches Opfer dieses Vorfalls wurde, sprechen
wir unsere tiefe Anteilnahme aus.
({12})
Gerade dieser Vorfall zeigt: „Essential Harvest“ birgt
nicht nur politische, sondern auch sehr praktische Risiken
für die zu entsendenden Soldaten. Die Bundesregierung
hat alles getan, um das deutsche Kontingent bestmöglich
und nach dem neuesten Stand der Technik zu schützen,
insbesondere auch durch die Gewährleistung des notwendigen Minenschutzes. Sie hat dies übrigens - das sage ich
an die Adresse des Kollegen Rühe - von sich aus und mit
voller Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion getan.
Einen Anstoß von außen hat es dafür nicht gebraucht.
({13})
Die Sicherheit der Bundeswehrsoldaten wird auch bei
der weiteren parlamentarischen Begleitung und Kontrolle
von „Essential Harvest“ die wichtigste Rolle spielen.
Die SPD-Fraktion hält im Übrigen an dem Parlamentsvorbehalt für militärische Auslandseinsätze fest.
Wir stehen für seine Abschaffung nicht zur Verfügung.
({14})
Wir stimmen heute über einen klar umrissenen Auftrag für
einen klar definierten Zeitraum ab. Wenn „Essential Harvest“ mehr Zeit braucht, muss sich der Bundestag mit einem Verlängerungsantrag der Bundesregierung erneut
konstitutiv befassen. Wenn der NATO-Rat den Auftrag
ändert, ist dies ebenfalls der Fall. Wenn sich herausstellt,
dass der Auftrag nicht erfüllbar ist oder sich schleichend
in eine andere Richtung entwickelt, wird der Bundestag
eingreifen. Die Verfassung gibt uns das Recht, das zu jedem Zeitpunkt zu tun.
„Essential Harvest“ soll einem Land, das sich an einem
Scheideweg befindet, Hilfestellung leisten. Mazedonien
kann als multi-ethnische Gesellschaft mit auch faktisch
gleichen Rechten für alle Bevölkerungsgruppen den Weg
des Friedensabkommens beschreiten. Mazedonien kann
aber auch aufgrund falscher Ratschläge - es gibt Ratgeber, die immer noch glauben, die Probleme seien militärisch lösbar - in Krieg und Zerstörung auseinander fallen. „Essential Harvest“ kann und soll die politische und
zivile Lösung des Konflikts absichern. Deshalb wird die
SPD-Bundestagsfraktion dem Antrag der Bundesregierung zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({15})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Wolfgang Gerhardt, FDP-Fraktion.
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Jahren eine Reihe von Mandaten für deutsche Soldaten zur
Teilnahme an NATO-Operationen auf dem Boden des
früheren Jugoslawien erteilt. Keines dieser Mandate hat
bisher dort, wo Soldaten stationiert wurden, einen wirklich entscheidenden Durchbruch für politische Lösungen
gebracht.
Ich spreche das zu Beginn der Debatte aus, weil wir
Mandate für militärische Einsätze nur erteilen, um am
Ende zu einer Bereitschaft für politische Konfliktlösungen zu kommen. Wir stationieren dort ja nicht um des Stationierens willen. Deshalb, Herr Bundesaußenminister,
reicht mir und meiner Fraktion - auch wenn der Einsatz
aufgrund dieses Mandats am Ende erfolgreich sein
sollte - der politische Lösungsweg in Form einer Geberkonferenz nicht aus. Es geht nicht nur darum, in dieser
Region Brücken und die Infrastruktur wieder aufzubauen
und die Elektrizitätsversorgung zu sichern. Es geht auch
darum, dass die Menschen endlich begreifen müssen:
Wenn sie nach Europa wollen, müssen sie sich europäisch
verhalten. Das muss ihnen ganz klar gesagt werden.
({0})
Der Zeitpunkt ist gekommen, um nach den bisherigen
Mandaten und dem Vorentscheid über dieses Mandat ganz
klar zu sagen: Wir wollen eine Südosteuropa-Strategie,
die am Ende des Tunnels endlich einmal erkennen lässt,
welche eigenen Anstrengungen die entscheidenden Kräfte
vor Ort unternehmen können. Sie können nämlich nicht
nur Geberkonferenzen von uns erwarten. Ein Stück dieser
Mentalität steckt ja auch in dem Do-ut-des-Verfahren. Sie
müssen jetzt endlich begreifen, dass ein Mindestmaß europäischen Verhaltens notwendig ist. Es müssen Streitschlichtungsmechanismen und Minderheitenrechte existieren und es muss Gewaltverzicht geübt werden. Das ist
unendlich wichtig.
({1})
Deshalb reicht meiner Fraktion dieses Mandat mit dem
Hinweis auf eine im Anschluss stattfindende Geberkonferenz nicht aus.
Herr Bundeskanzler und Herr Bundesaußenminister,
ich fordere die Bundesregierung heute Morgen ausdrücklich auf, vertiefter und engagierter - auch in den internationalen Organisationen - auf eine Südosteuropa-Strategie zu drängen, die den Namen verdient. Diese müssen
Sie dort auch vortragen. Sie dürfen den NATO-Botschafter nicht ohne Weisung in Bezug auf Entscheidungen dabei sitzen lassen. Die NATO sind nicht die anderen, sondern wir.
({2})
Die NATO-Länder entscheiden in diesem Bündnis.
Ich befürchte, dass es nicht ausreichend ist, wenn man
vor der Erteilung von Mandaten immer nur die Begründung „Bündnissolidarität“ anführt. Ein Bündnis legitimiert sich bei militärischen Schritten durch sein politisches Konzept. Das Entscheidende an diesem Mandat
ist - deswegen wird die große Mehrheit meiner Fraktion
ihm zustimmen -, dass es zum ersten Mal mit präventiven
Maßnahmen, militärischen Komponenten und einem Minimum an Mitteln zu einem politischen Lösungsansatz
führt. Das ist eine Qualität, die - so denke ich - richtig ist,
sie befindet sich aber noch auf dünnem Eis. Das, glaube
ich, weiß jeder.
Das Do-ut-des-Prinzip - 30 Prozent der Waffen einsammeln, dann tritt das mazedonische Parlament zur ersten Lesung zusammen; 60 Prozent einsammeln, dann erfolgen die weiteren Gesetzgebungsschritte - entspricht
nicht den Verhaltensweisen, die wir uns in Europa wünschen.
({3})
Es ist für uns nicht unbedingt die größte politische Glanzleistung, ein Land dazu anzuregen, ein Minimum an Menschenrechten zu respektieren und Gewaltverzicht zu
üben, dafür auch noch mit der Entsendung deutscher
Soldaten bezahlen zu müssen und das hinterher notfalls
mit einer Geberkonferenz zu unterfüttern. Ich meine, jeder Staat, der nach Europa will, muss auch ohne Do-utdes-Prinzip ein Mindestmaß an demokratischer Verfasstheit und Respekt vor Ethnien verwirklichen. Das
muss auch dort gesagt werden.
({4})
Ich will noch eine Bemerkung zu diesem Mandat, das
wir begrüßen und dem wir zustimmen werden, hinzufügen: Die Zeit ist knapp bemessen. Der Deutsche Bundestag, der heute entscheidet, sollte die deutsche Öffentlichkeit nicht im Unklaren darüber lassen, dass viele
Abgeordnete, auch ich, Zweifel haben, ob 30 Tage ausreichen werden - schon um politische Diskussionen zu vermeiden, wenn die Mission noch länger andauern wird.
Denn wir haben die Verhaltensweisen mazedonischer Abgeordneter nicht in der Hand, die die vereinbarten Fristen
für die Lesungen einhalten müssen. Wir haben es trotz der
Rahmenvereinbarung - sie selbst zeigt, wie unsicher sich
die Konfliktparteien noch gegenüberstehen - nicht in der
Hand, wie zügig das Waffeneinsammeln wirklich vonstatten geht. Deshalb muss man vorsichtigerweise sagen:
Es ist verständlich, dass das Mandat auf 30 Tage befristet
ist, um Druck zu machen; die Aufgabenerledigung kann
sich aber über 30 Tage hinaus erstrecken. Das muss offen
ausgesprochen werden. In einem solchen Falle ist der
Deutsche Bundestag wieder zu befassen. Wir werden uns
auch wieder damit befassen. Aber wir müssen eine solche
Situation ganz klar sehen.
Das Mandat ist deshalb bedeutsam, weil es zum ersten
Mal - nach all den anderen Mandaten - ein Stück europäischer diplomatischer Verhandlungsleistung ist. Man
muss hervorheben: Es ist zum ersten Mal ein Stück
europäische Verhandlungskomponente neben die der
Vereinigten Staaten gesetzt worden. Das ist für das europäische Selbstbewusstsein und für den Glauben in die eigenen Fähigkeiten wichtig. Dieses Mandat ist das allererste Mandat - die anderen wurden zu spät erteilt -, das
wenigstens die Chance hat, präventiv Wirkung zu entfalten. Das sind Gesichtspunkte, die meine Fraktion mit
überwiegender Mehrheit dazu bewegen, dem Mandat zuzustimmen.
Gleichzeitig verschweige ich nicht, dass wir sehr
wahrscheinlich mit 30 Tagen nicht auskommen werden
und dass wir auch noch keine Sicherheit haben, ob sich
die Konflikte in Mazedonien in diesem Zeitraum wirklich
so zurückentwickeln, wie das wünschenswert erscheint.
Die Menschen in dieser Region sind noch hasserfüllt. Sie
sind in vielen Bereichen, auch in den politischen Parteien,
noch nicht zu gegenseitigem Respekt bereit. Sie haben
noch nicht das Bewusstsein, das wir mühselig nach einer
großen Katastrophe erlangt haben, dass ohne Gewaltverzicht keine politische Lösung zustande kommt.
Es ist der erste europäische und der erste präventive
Versuch. Wir sollten ihn wagen, weil die Alternativen beträchtlich schlechter aussehen. Wir sollten uns aber klar
darüber sein, dass er auf dünnem Eis stattfindet und dass
er ein hohes Risiko trägt. Das muss der ganzen Öffentlichkeit bewusst werden.
Meine Fraktion wird zustimmen, weil wir der Überzeugung sind, dass wir dieses Risiko eingehen müssen, da
zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Alternative erkennbar ist, die einen Lösungsbeitrag bringen könnte. Das ist
die Situation - nicht mehr und nicht weniger. Wenn es gelingt, sollten wir uns freuen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({5})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Wolfgang Gehrcke, PDS-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der Bundestag
muss in dieser Debatte zur Kernfrage, über die wir heute
zu entscheiden haben, zurückkehren. Sie lautet: Sollen
deutsche Soldaten nach Mazedonien geschickt werden,
oder soll dieser Einsatz verweigert werden? Das ist die
Entscheidung, die wir heute zu treffen haben. Dass wir als
PDS-Fraktion uns nicht daran beteiligen werden, deutsche Soldaten nach Mazedonien zu entsenden, und die
Zustimmung verweigern werden, werden Sie - zu Recht erwartet haben.
({0})
„Bedeutende Ernte“ nennt die NATO den Militäreinsatz. Abgesehen von dem Zynismus, der in der Sprache
zum Ausdruck kommt, muss man sich doch die Fragen
stellen, wer hier welche Ernte in die Scheuer bringen will
und welche Risiken, in weitere Militäraktionen hineingezogen zu werden, damit verbunden sind. Lassen Sie uns
das näher untersuchen.
Die UCK will den NATO-Einsatz. Sie will für Mazedonien das Modell Kosovo, weil das für sie eine Option
auf Macht oder zumindest auf Machtteilhabe ist. Die
UCK ist nicht die albanische Bevölkerung. Die NATO
würde hier mit einer extremistischen militärischen Organisation paktieren. Die UCK will die NATO im Land, und
das länger als 30 Tage.
({1})
Sie sieht in der NATO - das verschweigt sie gar nicht ihren Partner und erwartet sich - um im Bild zu bleiben reiche Ernte.
Ich will die Kolleginnen und Kollegen des Deutschen
Bundestages warnen und ihnen sagen: Der Schritt von
einer Mission zu einer Intervention in Mazedonien ist
ein ganz kleiner. Über dieses Risiko müssen wir uns hier
klar sein. Die mazedonische Regierung will die NATO
rasch wieder loswerden; die Signale kann man doch
nicht überhören. Sie spürt die Einschränkung ihrer Souveränität und sieht die Gefahr, dass aus Mazedonien das
wird, was aus dem Kosovo geworden ist, nämlich ein
Protektorat.
Welche Interessen hat die NATO? Sie ist nicht der
selbstlose Helfer, als der sie sich darstellt und als der sie
dargestellt wird. Das wurde schon deutlich ausgeführt.
Die NATO hat die Vereinten Nationen erneut erfolgreich
ausgehebelt. Sie hat sich wieder selbst mandatiert. Darüber kann nicht hinweggeredet werden.
({2})
Es gibt kein UNO-Mandat für die Militäraktion, auch
wenn so getan wird, als gäbe es ein solches; die NATO hat
dieses Mandat nicht gewollt. Herr Außenminister Fischer,
das wissen Sie doch! Sprechen Sie es hier im Bundestag
aus! Die Haltung der Bundesregierung war doch eine andere. Die NATO hat ein Mandat der Vereinten Nationen
nicht gewollt. Es ist die NATO, die sich weiter als globale
Ordnungsmacht etablieren will und die die neue NATOKonzeption praktisch durchsetzt. Darüber kann man nicht
hinwegreden.
NATO und NATO-Mitglieder haben die UCK aufgebaut, sie bewaffnet und kooperieren bis heute mit ihr. Die
NATO ist also nicht neutral. Ein großer Teil der Waffen,
die in Mazedonien eingesammelt werden sollen, sind vorher über NATO-Länder an die UCK verteilt worden. Man
war Kriegspartner der UCK und ist sozusagen unter Bekannten.
({3})
Geostrategisch ist Mazedonien wie der Kosovo von
größter Bedeutung. Der Weg in den kaspisch-kaukasischen Raum geht über den Balkan. Darin besteht das
geostrategische Interesse der NATO. Das sind die Interessen, die eine Rolle spielen. Über diese Interessen muss
man reden und nachdenken. Ich finde, an diesem „Ernteeinsatz“ sollten sich die Abgeordneten des Deutschen
Bundestages nicht beteiligen und sollten die Zustimmung
dazu verweigern.
({4})
In den letzten Wochen konnte man immer wieder das
Argument der Staatsräson, der staatspolitischen Verantwortung hören. Aus Staatsräson und staatspolitischer Verantwortung sollten alle dazu gebracht werden, Ja zu sagen. Seit wann ist es denn Kern der Staatsräson der
Bundesrepublik Deutschland, zu allem, was die NATO
beschließt, Ja sagen zu müssen? Wo bleibt die Souveränität dieses Parlamentes, auch Nein sagen zu können? Aus
staatspolitischer Verantwortung - man darf dem Debakel
Kosovo nicht das Debakel Mazedonien folgen lassen werden viele Kolleginnen und Kollegen des Hauses zu
diesem Einsatz der Bundeswehr Nein sagen.
({5})
Es ist staatspolitische Verantwortung einer Opposition,
die Regierung daran zu hindern, weitere Fehler zu machen. Ich finde, wir alle sollten souverän genug sein, diese
staatspolitische Verantwortung, Nein zu sagen, wahrzunehmen, egal welche kollektiven oder einzelnen Aussprachen man als Kollege dieses Hauses in den letzten Tagen
über sich ergehen lassen musste.
Herzlichen Dank.
({6})
Ich erteile dem Kollegen Gert Weisskirchen, SPD-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne
auf zwei Bemerkungen eingehen. Herr Gerhardt, Sie haben gesagt, dass mit den Missionen, die bislang im früheren Jugoslawien stattgefunden haben, kein politischer
Durchbruch gelungen sei. Wie wird das, was Sie gerade
eben gesagt haben, bei Rugova ankommen?
({0})
Rugova hat einen unglaublich harten Kampf gegen die
Rechtsnationalisten in seinem eigenen Land, im Kosovo,
bestanden. Er hat bei seinem Versuch, im Inneren ein
multi-ethnisches Kosovo herzustellen, mehr als dreimal
so viele Stimmen wie die Rechtsnationalisten bekommen,
nämlich 58 Prozent. Sie aber erklären hier, dies sei kein
politischer Durchbruch. Das ist der politische Durchbruch, um den es geht: Den gemäßigten Kräften im früheren Jugoslawien muss die Chance gegeben werden, von
innen und von unten zivile Gesellschaften aufzubauen.
Genau darum geht es bei diesem Einsatz.
({1})
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen. Herr
Gehrcke, wir haben doch gemeinsam mit Kofi Annan gesprochen.
({2})
Wie können Sie hier sagen, es habe ein vollständiges
Überrollen der UNO durch die Bundesrepublik Deutschland gegeben?
({3})
Sie waren doch bei dem Gespräch selbst dabei, als uns
Kofi Annan gesagt hat, er wünsche sich, dass genau das,
was der Bundestag beschließt, durchgesetzt wird. Das hat
Kofi Annan Ihnen und mir in einem gemeinsamen Gespräch persönlich gesagt.
({4})
Das ist nachher vom Sicherheitsrat der UNO beschlossen worden. Ich zitiere aus dem Beschluss des Sicherheitsrates:
Der Rat fordert die volle und unverzügliche Durchführung der Vereinbarung, die die friedliche und harmonische Entwicklung der Zivilgesellschaft fördert
und dabei die ethnische Identität und die Interessen
aller mazedonischen Staatsbürger sichert.
Genau darum geht es. Das, was wir hier beschließen, ist
also genau das, wozu uns Kofi Annan auffordert.
({5})
Der Geburtshelfer des neuen Mazedonien war glücklicherweise nicht der Krieg. Zehn Jahre nach dem Anfang
vom Ende Jugoslawiens aber könnte die Gewalt des Krieges das Land zwischen Albanien und Bulgarien, Serbien
und Griechenland zerstören.
Kollege Weisskirchen,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gehrcke?
Immer.
Kollege Weisskirchen,
können Sie mir bestätigen, dass zwischen der Meinung
des Generalsekretärs der Vereinten Nationen bzw. einer
Erklärung des Sicherheitsrates und einem korrekten Mandat nach Art. 6 und 7 der Vereinten Nationen ein qualitativer und quantitativer Unterschied besteht? Können Sie
gleichfalls bestätigen, dass uns der Außenminister unseres Landes öfter darüber informiert hat, dass es im Interesse der Bundesregierung gelegen hätte - das hat sie leider nicht erreicht, wie Fischer dargestellt hat -, ein
Mandat der Vereinten Nationen zu erhalten? Ist das korrekt oder irre ich mich?
Herr Kollege
Gehrcke, Sie wissen doch ganz genau, dass der Beschluss,
der jetzt zu fassen sein wird, ohne Zweifel völkerrechtlich
berechtigt ist. Das wissen Sie sehr wohl; denn Sie waren
an allen Beratungen des Auswärtigen Ausschusses beteiligt. Ich möchte Sie darum bitten, Ihren Intellekt nicht aus
parteitaktischen Zwecken zu verschleudern.
({0})
Dies können wir nicht hinnehmen.
({1})
Nach langem Ringen und zähen Verhandlungen - wie
häufig drohten die Verhandlungen zu scheitern! - bietet
sich jetzt endlich eine kleine, aber realistische Chance.
Die Tür zu einer neuen Verständigung in Mazedonien
kann geöffnet werden. Der Schlüssel dazu ist das Rahmenabkommen von Skopje. Wer diesen Schlüssel wegwirft, überlässt den Extremisten das Heft des Handelns,
Herr Kollege Gehrke. Ein Nein zum Antrag der Bundesregierung kann als ein Nein zum Rahmenabkommen verstanden werden, weil die Konfliktparteien das Waffeneinsammeln zum archimedischen Prinzip ihres politischen
Prozesses gemacht haben. Wenn das Einsammeln der
Waffen nicht wie geplant durchgeführt werden kann,
könnten - wir alle haben das so verstanden - die politischen Parteien im Parlament in Skopje dies zum Anlass
nehmen, den Prozess der Verständigung nicht weiter voranzutreiben. Deswegen ist es wichtig, dass die NATO
beim Einsammeln der Waffen genau die Rolle spielt, die
ihr nach dem Willen der Bundesregierung zukommen
soll. Daher werden wir zustimmen.
({2})
Aus welchen weiteren Gründen sollten wir zustimmen?
Es geht um Mazedonien, um 2 Millionen Menschen.
Lange schon fühlt sich dieses Land hin und her gestoßen;
tief sitzen die Ängste der verschiedenen Volksgruppen, die
in diesem Land leben. Auf besonderen Druck Griechenlands - wir erinnern uns - hat die internationale Diplomatie einen künstlichen Namen für dieses Land erfunden.
Mazedonien heißt „ehemalige jugoslawische Republik
Mazedonien“. Dieses kleine geschundene Land ist das Ergebnis von endlos scheinenden Teilungen und ethnischen
Säuberungen eines alten historischen Balkanlandes.
Es ist, lieber Kollege Gehrke, nicht neu, dass Hass die
politische Kultur in diesem Lande leider mitbestimmt.
Dieses kleine Land ist von Trauma zu Trauma getrieben
worden, bis es 1991 seine jetzige Gestalt finden konnte.
Das Trauma hat sich in das historische Gedächtnis eingegraben und es hat einen Namen: die Angst vor dem
Verlust der nationalen Existenz. Diese Angst kann - insbesondere in politischen Auseinandersetzungen - mobilisiert werden; in Zeiten des politischen Kampfes kann sie
geschürt werden. Die Versuchung ist groß und viele erliegen ihr.
Auch ein Zweites muss bedacht werden: Manche sehen mit nostalgischem Blick auf das, was Jugoslawien
bedeutet hat. Ein Rückblick auf die jugoslawische Verfassung von 1974 zeigt, woher der heutige Nationalismus seine Sprengkraft beziehen konnte. Lesen Sie einmal das Buch von Branko Horvat, der Ende 1988 das
eigentliche innere Problem Jugoslawiens zusammengefasst hat. In seinem Buch „Die Kosovo-Frage“ beschreibt
er, wie jeder politische Konflikt in diesem Land unausweichlich Mittel zum nationalen Kampf werden musste.
1974 wurde Jugoslawien in einen Verbund nationaler Gemeinschaften umgewandelt. Das trieb den Paternalismus
voran. Soziale Interessen, der Streit um die Verteilung
von Arbeit und Wohnen sowie um die Macht im Staat
konnten nur noch ethnisch begründet werden. Diskriminierung und Willkür waren die eigentlichen Kennzeichen
des politischen Systems Jugoslawiens. Das verstand man
als etwas, das man nur noch im ethnischen Kampf durchsetzen konnte. Das ist das innere Problem dieses Landes.
Ein krank machendes Erbe Titos ist der ethnisch begründete Nationalismus.
Milosevic war ein virtuoser Spieler oder glaubte, auf
dieser Klaviatur spielen zu können. Er gebärdete sich als
Retter nationaler Ideen und täuschte die Gefühle von
Menschen. Zunächst schien er Erfolg zu haben und dieser
Erfolg hatte sich wie eine Krankheit in der Region Jugoslawien festgesetzt. Diesem Muster versuchten viele andere zu folgen. Mazedonien - so hofften viele von uns Anfang der 90er-Jahre - schien von dieser Krankheit nicht
befallen zu sein. So blieb der junge Staat, trotz seiner inneren Unsicherheit und obwohl mancher nahe Nachbar
begehrlich oder skeptisch auf ihn blickte, davon verschont.
Die internationale Staatengemeinschaft hat sich mit
UNPREDEP, der Mission der UNO, und unterschiedlichen präventiven Instrumenten für Mazedonien eingesetzt. Unter den Regierungen von Helmut Kohl und
Gerhard Schröder ist von 1992 bis zum Jahre 2000 insgesamt 1 Milliarde DM für präventive Mittel in das Land
Mazedonien geflossen. Es war eine große Leistung der internationalen Staatengemeinschaft und der Europäischen
Union, viel Geld ausschließlich für zivile Projekte bereitzustellen. Das Augenmerk, das wir auf Mazedonien gerichtet haben, macht doch deutlich, dass der Vorwurf, das
Militär komme jetzt, weil wir vorher überhaupt nicht bereit gewesen seien, in den Konflikt präventiv einzugreifen, unberechtigt ist.
({3})
Dieses Land schien zunächst, bis in die ersten Wochen
dieses Jahres, gefestigt zu sein. Dann allerdings hat die
UCK versucht, ihre militärischen Mittel extremistisch
einzusetzen, um den ethnischen Nationalismus voranzutreiben. Die gemäßigten Kräfte - ich denke an die in den
Konfliktparteien und an diejenigen, die die großen Parteien im Parlament vertreten - müssen dafür sorgen - das
ist das eigentliche Problem dieses Landes -, dass der Extremismus auf beiden Seiten aus der Mitte der Demokratie heraus überwunden wird.
({4})
Das ist das Ziel.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um die Zustimmung zu dem, was die Bundesregierung von uns verlangt und erhofft, weil ein Nein als ein Ja zum ethnischen
Nationalismus missgedeutet werden könnte. Über ein
Nein könnte sich die UCK am meisten freuen. Das dürfen
wir ihr nicht zubilligen.
({5})
Ich erteile dem Kollegen Michael Glos, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler,
Sie und Ihre Minister reden in diesen Tagen sehr viel von
Bündnissolidarität, und zwar mit großer Gelassenheit.
({0})
- Es gibt Leute, die werden eigens dafür bezahlt, das Mikrofon entsprechend der Stimme des Sprechers einzustellen. Aber wenn Sie wollen, dann kann ich lauter reden.
Es ist noch nicht sehr lange her, dass Sie „Bündnissolidarität“ ganz anders übersetzt haben. Ich erinnere daran,
wie Sie sich verhalten haben, als der Irak 1991 Kuwait
überfallen hat und als die internationale Staatengemeinschaft - es handelte sich um ein UN-Mandat - unter
Führung der USA dem Opfer der Aggression geholfen
und die Invasoren hinausgeworfen hat.
({1})
Die Lage war völkerrechtlich eindeutig. Trotzdem haben
die damaligen Oppositionsparteien alles getan, in
Deutschland Hysterie zu schüren. Selbst Fasching und
Karneval sind auf deren Betreiben hin ausgefallen. Es gab
damals die Totschlagsparole „Kein Blut für Öl“ und die
Gert Weisskirchen ({2})
Demos gegen den Golfkrieg wurden von Rot und Grün
angeführt.
({3})
Ich erinnere mich an diese Zeiten deswegen sehr gut,
weil ich damals zum ersten Mal in meinem Leben eine Demonstration mit organisiert und angeführt habe. Es handelte sich nämlich um eine Demonstration pro Amerika.
Demonstrationen dieser Art waren damals recht selten.
({4})
Auch 1995 - ich mache einen kleinen Sprung - haben
wir hier über Jugoslawien diskutiert. Damals haben wir
darüber debattiert, wie man dort helfen kann, damit es
nicht so weit kommt, wie es - ein Stück weit - leider doch
eingetreten ist. Damals haben Sie, Herr Fischer, gesagt
- ich zitiere Sie; Sie haben heute nicht als Bundesaußenminister, sondern, wie damals, als Sprecher der Grünen
gesprochen -:
Für uns wird damit der Verdacht bestätigt, dass es
hier nicht wirklich um einen Einsatz aus den Gründen geht, die Sie vorgegeben haben, sondern dass es
in der Linie Kambodscha, Somalia, jetzt Bosnien
dann weitergehen wird, um letztendlich die Selbstbeschränkung deutscher Außenpolitik endgültig ad
acta zu legen.
Herr Scharping, der damals Vorsitzender der SPDFraktion war, hat in den „Tagesthemen“ vom 26. Juni
1995 gesagt: Nichts, was die Verwicklung in Kampfhandlungen bedeuten könnte, wird von uns unterstützt. - So
viel zu Ihrer damaligen Auffassung von Bündnissolidarität.
({5})
Auch heute haben wir Bündnissolidarität erlebt. Ich
meine nämlich, dass man das, was Herr Gehrcke gesagt
hat und was die SPD tut, auch vor dem Hintergrund sehen
muss, dass die PDS Bündnispartner der SPD in Berlin ist.
({6})
Es bleibt nach wie vor bei dem alten Satz: Sage mir, mit
wem du umgehst und mit wem du verbündet bist, dann
sage ich dir, wer du bist.
({7})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir dürfen
uns doch nicht wundern, warum für diesen Einsatz nicht
nur bei der Opposition, sondern in der gesamten deutschen Bevölkerung so wenig Zustimmung vorhanden ist.
({8})
Das kommt doch durch das arrogante, belehrende und
teilweise schnöselhafte Benehmen, mit dem Sie, Herr
Bundesaußenminister, in der Öffentlichkeit mit diesem
ernsten Thema umgegangen sind.
({9})
Was haben Sie, Herr Bundeskanzler, getan, um ernsthaft
für Zustimmung zu werben? Alle Argumente, die vorgetragen worden sind, waren
({10})
in erster Linie nach innen gerichtet, um die Zustimmung
in den eigenen Reihen zu gewinnen. Wenn man nur darum kämpft, dann tut man sich ein ganzes Stück schwerer, die breite deutsche Öffentlichkeit auf diesen Weg
mitzunehmen.
Als die Bundeswehr immer mehr zum Sparschwein der
Nation geworden ist, haben wir gewarnt, dass dann die
Zustimmung zurückgehen werde, wenn es darum geht,
dass die Bundeswehr in Einsätze geschickt werden muss,
weil die Sicherheit unserer Soldaten nicht mehr so gewährleistet ist. Diese Warnungen sind serienweise in den
Wind geschlagen worden.
Wenn wir schon über Bündnispartner reden, dann
möchte ich doch einmal den designierten amerikanischen
Botschafter in Deutschland, Dan Coats, zitieren, der gesagt hat, Deutschland müsse mehr bieten als nur Rhetorik,
wenn es um Verteidigung geht. Er hat darauf hingewiesen,
dass „ein verringerter Verteidigungshaushalt die wichtige
Rolle gefährdet, die Deutschland spielen muss“. Wissen
Sie, das ist, wie wenn man einem Pferd die Vorderbeine
zusammenbindet, es dann auf die Rennbahn schickt und
sich beklagt, wenn es nicht den ersten Preis gemacht hat.
({11})
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben die
Bundeswehr finanziell an den Krückstock gebracht.
({12})
Sie haben den Generalinspekteur der Bundeswehr zu
einem Aufschrei der Verzweiflung gebracht. Als Soldat
muss er sich heute fügen, aber vorher - noch im August hat er gesagt, die Bundeswehr sei weder finanziell noch
personell in der Lage, diesen Einsatz durchzuhalten.
Es fehlt - darüber hat heute schon Volker Rühe gesprochen - an Realismus. Der Auftrag, Waffen einzusammeln, die freiwillig abgegeben werden, hört sich friedlich
an. Wahrscheinlich haben Sie das Mandat so formulieren
lassen, weil das die einzige Chance war, Ihre Genossinnen
und Genossen und auch die aus dem grünen Lager mitzunehmen. „Schwerter zu Pflugscharen“ kann man ja noch
verklickern und „Ernte“ klingt natürlich auch gut. - Herr
Gehrcke, bei Ernte fällt mir ein, dass ich früher viele - wie
Sie es nannten - Produktionsgenossenschaften in der
DDR besichtigt habe. Dort hieß es immer: „Ohne Gott
und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.“
({13})
Gerade mit diesen Begriffen haben Sie also große Erfahrungen.
Ich habe mehr Sorge davor, dass das Szenario, das
Stefan Kornelius in der „Süddeutschen Zeitung“ vom
22. August beschrieben hat, Wirklichkeit werden könnte.
Unter der Überschrift „Operation Sonnenschein“ schildert er Situationen, die, wenn es zu bewaffneten Verwicklungen kommt, eintreten können. Wenn wir die NATO
einsatzfähig und angesehen halten wollen, müssen wir
aufpassen, dass sich - auch nicht in kleinerem Maße Szenarien wie in Srebrenica nicht wiederholen. Sie haben
auch auf meine damaligen Nachfragen hin nicht befriedigend sagen können, wie Sie verhindern wollen, dass es zu
Gräueln an Zivilisten kommt, und wie sich dann die
NATO-Soldaten - und damit auch unsere Bundeswehr verhalten müssen.
Für die Autorität der NATO wäre eine solche Szene
katastrophal. Wir brauchen die NATO auch künftig für die
Verteidigung von Frieden und Freiheit - es ist nicht nur
ein Akt der Dankbarkeit, wenn wir die NATO unterstützen, weil die NATO unsere Wiedervereinigung ermöglicht hat -; deswegen machen wir uns Sorgen, deswegen
wollten wir ein robustes Mandat und deswegen haben wir
gesagt: Dieses Mandat kann nicht aus der Portokasse finanziert werden. Wir haben eigentlich ein Stück weit die
Arbeit des Bundesverteidigungsministers gemacht, der
derzeit wohl an vielen Fronten gebunden ist,
({14})
indem wir dafür eingetreten sind, dass die Soldaten mehr
Geld erhalten. Wir haben für die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten gekämpft.
({15})
Jetzt können Sie die Frage stellen, warum wir trotz dieser Bedenken mehrheitlich zustimmen. - Ich habe für alle
bei uns Verständnis, die sagen: Unter diesen Umständen
können wir nicht zustimmen. - Wir stimmen zu, damit unsere Soldatinnen und Soldaten nicht das Gefühl haben,
wir ließen sie bei einem so gefährlichen Einsatz allein,
({16})
sondern sehen: Wir stehen hinter ihnen. - Das ist für uns
selbstverständlich.
Wir brauchen die Bündnissolidarität nicht zu beweisen. Die Bündnissolidarität ist verlassen worden, als man
für den Finanzplanungszeitraum 20 Milliarden DM aus
dem Verteidigungshaushalt herausgestrichen hat.
({17})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn der
Deutsche Bundestag heute der Entsendung deutscher
Soldaten nach Mazedonien zustimmt - damit ist zu rechnen -, dann wünsche ich diesen Soldaten und ihren Familien, dass der Einsatz reibungslos verläuft und dass alle
Soldaten wieder wohlbehalten nach Hause kommen.
({18})
Vielen Dank.
({19})
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 14/6830 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Zu den Ausschussberatungen unterbreche ich jetzt die
Sitzung bis voraussichtlich 15 Uhr. Der Wiederbeginn der
Sitzung wird durch Klingelsignal rechtzeitig angekündigt.
Die Sitzung ist unterbrochen.
({0})
Die unterbrochene
Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe die Tagesordnungs-
punkte 2 a und 2 b auf:
2. a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({0}) zu dem Antrag der Bundesregierung
Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium zum Einsammeln und
Zerstören der Waffen, die durch die ethnisch albanischen bewaffneten Gruppen freiwillig abgegeben werden
- Drucksachen 14/6830, 14/6835 Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen ({1})
Karl Lamers
Ulrich Irmer
b) Bericht des Haushaltsausschusses ({2})
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 14/6836 Berichterstattung:
Abgeordnete Adolf Roth ({3})
Dietrich Austermann
Hans Georg Wagner
Oswald Metzger
Jürgen Koppelin
Dr. Uwe-Jens Rössel
Es liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktionen der
SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie der Fraktion der CDU/CSU und der Fraktion der FDP vor.
Ich weise darauf hin, dass wir nach der Aussprache
über die Beschlussempfehlung zum Antrag der Bundesregierung namentlich abstimmen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Bevor ich die Aussprache eröffne, erteile ich dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Uli Klose, das
Wort.
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns bei den
Beratungen im Auswärtigen Ausschuss nicht nur mit
der Sache beschäftigt - das natürlich sehr intensiv gestern im Wege der Selbstbefassung und heute formal nach
Überweisung. Wir mussten uns, ebenso wie die mitberatenden Ausschüsse, auch mit einem formalen Problem
beschäftigen. Dieses formale Problem ergab sich daraus,
dass wir zwar nur über den Antrag zu entscheiden hatten
und hier zu entscheiden haben, dass aber in dem Antrag
der Bundesregierung auf den Beschluss der Bundesregierung vom 23. August dieses Jahres Bezug genommen
wird.
In diesem Beschluss der Bundesregierung sind unter
Ziffer 11 die Kosten aufgeführt, und zwar die in der Debatte wiederholt aufgetauchten 135 Millionen DM, wovon 120 Millionen DM für Einmalleistungen vorgesehen
waren. Diese Zahlen haben sich, wie auch schon gestern
deutlich geworden ist, verändert. Die richtigen Zahlen
lauten heute: 163,1 Millionen DM, wovon 148,1 Millionen DM für Einmalausgaben vorgesehen sind.
Wir im Auswärtigen Ausschuss haben den anwesenden Außenminister gefragt, ob es zutreffend sei, dass die
Bundesregierung diese Zahlen korrigiert habe. Er hat das
bestätigt. Wir haben dann diese Veränderung zustimmend
zur Kenntnis genommen; wir waren und sind der Auffassung, dass das formal genügt, weil der Antragstext nicht
unmittelbar berührt wird. Im Haushaltsausschuss allerdings, wo man genau mit Zahlen umgehen muss, war
man der Auffassung, das genüge nicht und es sei besser,
wenn man einen richtigen, formalen Kabinettsbeschluss
hätte. Dieser ist dann im Umlaufverfahren herbeigeführt
worden. Der Chef des Bundeskanzleramts hat mir das
formal mitgeteilt; ich lese es der guten Ordnung halber
vor:
... unter Bezugnahme auf das Schreiben des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Deutschen
Bundestages vom heutigen Vormittag darf ich Ihnen
mitteilen, dass das Kabinett-Umlaufverfahren zum
Mazedonien-Einsatz abgeschlossen ist.
Damit sind die in Ziffer 11 des Entschließungsantrags ({0}) genannten
Beträge von 120 Mio. DM auf 148,1 Mio. DM bzw.
von 135 Mio. DM auf 163,1 Mio. DM angepasst.
Damit dürfte nun auch formal alles bestens geregelt sein.
Ich danke sehr.
({1})
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Kollege Peter Struck, SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte
mich zunächst zu Beginn meiner Rede von dieser Stelle
aus an die Soldaten wenden, die die Mehrheit dieses Hauses zu dem Einsatz nach Mazedonien schicken wird. Wir
wissen, dass die Mission nicht ohne Gefahren ist. Niemand von uns hat sich die Entscheidung leicht gemacht.
Wir wissen um die Verantwortung, die wir dabei übernehmen. Deshalb versichere ich den Soldaten, dass die
Bundeswehr so sicher ausgerüstet wie nur möglich in diesen Einsatz gehen wird.
({0})
Vorweg auch noch eine Bemerkung in eigener, in parlamentarischer Sache: Es gab von einigen Kollegen der
Opposition den Vorschlag, auf den Parlamentsvorbehalt
zu verzichten und der Regierung allein die Entscheidung
über Bundeswehreinsätze zu überlassen.
({1})
Für mich und meine Fraktion sage ich ganz klar: Wir werden uns diesen Vorschlag nicht zu Eigen machen.
({2})
Nicht trotz, sondern gerade wegen der engagierten Debatten, in denen bei uns und auch in den anderen Fraktionen um die Entscheidung gerungen wurde, bleiben wir bei
diesem Parlamentsvorbehalt. Wir nehmen diese Verantwortung wahr.
({3})
Bei dem Einsatz, über den wir heute entscheiden, geht
es darum, einen Bürgerkrieg in Mazedonien zu verhindern.
Herr Kollege Struck,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schäuble?
Bitte.
Herr Kollege
Struck, auch wenn es vielleicht nicht das Hauptthema
heute ist: Sind Sie bereit, noch einmal zu überprüfen, dass
jedenfalls ich nicht eine Abschaffung der Beteiligung des
Parlaments bei den Entscheidungsprozessen gefordert
habe? Vielmehr habe ich gesagt, man müsse - gerade auch
im Licht der Erfahrungen dieser Tage, bis hin zu dem, was
der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses eben vorgetragen hat - darüber nachdenken, ob die Abgrenzung in
der Verantwortung zwischen Regierung und Parlament
genau getroffen ist und ob wir nicht besser der Empfehlung des Bundesverfassungsgerichts folgen sollten, das
Präsident Wolfgang Thierse
damals in seiner Entscheidung gesagt hat, man solle ein
Entsendegesetz schaffen, in dem man genauer und richtiger abgrenzt - nicht mehr und nicht weniger.
Herr Kollege Schäuble,
wenn Sie das jetzt so interpretieren - ({0})
- Es gab andere Pressemeldungen über erste Äußerungen.
Es ist in der Tat ein Nebenaspekt; ich will diesen Punkt
nicht weiter vertiefen. Wenn wir uns einig sind, Herr Kollege Schäuble, umso besser. Ich will nur feststellen: Die
Entscheidung darüber, ob deutsche Soldaten auf anderem
Gebiet als dem der Bundesrepublik Deutschland tätig
werden sollen, wird nach wie vor dieser Deutsche Bundestag zu treffen haben.
({1})
Bei dem Einsatz, über den wir heute sprechen, geht es
darum, im letzten Augenblick einen Bürgerkrieg in Mazedonien unter Aufbringung aller diplomatischen Anstrengungen von Europäischer Union, NATO und OSZE
zu verhindern. Niemand hier kann ein Scheitern dieser
NATO-Mission ausschließen; aber jeder, der die Möglichkeit des Scheiterns als Argument für eine Ablehnung
nimmt, muss wissen: Ohne die auf 30 Tage beschränkte
Einsammlung von Waffen ist der Friedensprozess in Mazedonien schon jetzt gescheitert.
({2})
Der Einsatz ist vor allem auch eine Chance, um die uns,
wie ich hörte, die mazedonische Regierung, vertreten
durch den Verteidigungsminister, noch heute in Ausschüssen des Bundestages gebeten hat. Wir dürfen diese
Bitte nicht abschlagen, vor allem deswegen nicht, weil
Mazedonien seit dem Zerfall Jugoslawiens wertvolle
Dienste zur Stabilisierung der Region geleistet hat. Wir
sollten dabei insbesondere nicht vergessen, dass das Land
1998 und 1999 Hunderttausende von albanischen Flüchtlingen aus dem Kosovo aufgenommen und damit eine
Hauptlast im Kampf gegen die Vertreibungspolitik
Milosevics getragen hat. Trotz der Schwäche dieses Landes ist eine Zahl von albanischen Flüchtlingen dort aufgenommen worden, die 15 Prozent der Bevölkerung Mazedoniens entspricht. Übertragen auf unser Land würde
das bedeuten, wir hätten 12 Millionen Flüchtlinge aufnehmen müssen.
Im Frühjahr 1999 habe ich in den Flüchtlingslagern in
Mazedonien die Hilfsbereitschaft dieses Landes selbst
kennen gelernt. Ebenso wie viele andere aus diesem Haus
habe ich den mazedonischen Verantwortlichen damals gesagt, dass Europa dies nicht vergessen und den Prozess
hin zu einem demokratischen Staatswesen unterstützen
wird. Auch an diese Versprechungen gilt es bei der heutigen Entscheidung zu erinnern.
({3})
Wir entscheiden über einen wichtigen Bestandteil der
präventiven Kriegs- und Konfliktvermeidungsstrategie der Europäischen Union gegenüber Mazedonien. Dabei kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden,
dass die Europäische Union in diesem Fall in geradezu
klassischer und mustergültiger Form alle bekannten und
empfohlenen Mittel und Ansätze ziviler Präventionspolitik eingesetzt hat, um einen Bürgerkrieg und eine daraus
möglicherweise folgende Destabilisierung der gesamten
Region zu vermeiden.
Unter der Führung der EU und unter gelungener Beteiligung der USA, der OSZE, des Europarates, des UNHCR
und der Weltbank ist es durch einen klugen Mix von politischen und ökonomischen Instrumenten gelungen, beide
Konfliktparteien zum Abschluss des politischen Rahmenabkommens vom 13. August zu bewegen. Damit ist ein
bedeutender Teilerfolg in der Befriedung und Konfliktbeilegung in Mazedonien erreicht worden. Wir können
stolz auf diese hauptsächlich europäische Leistung sein
und bedanken uns bei all denen, die zu diesem Erfolg beigetragen haben.
({4})
Wer das Rahmenabkommen gelesen hat, weiß, dass
es sich dabei um einen Zug-um-Zug-Prozess handelt, bei
dem jede Seite ihren Verpflichtungen aus diesem Abkommen abwechselnd in drei Schritten in einem eng befristeten Zeitrahmen nachkommen soll. Die Rolle der NATO
und ihr Mandat, darunter ihre Einsatzbefristung auf
30 Tage, ergeben sich aus den eng verflochtenen wechselseitigen Verpflichtungen des politischen Rahmenabkommens.
Die NATO-Operation „Essential Harvest“ ist unverzichtbarer Bestandteil dieses Abkommens und dient ausschließlich der Konfliktvermeidung und der Vertrauensbildung. Im Unterschied zu den Einsätzen in Bosnien und
im Kosovo, wo die NATO militärisch eingreifen musste,
um einen opferreichen schlimmen Bürgerkrieg und grausamste Vertreibung zu beenden, geht es in Mazedonien
darum, einen Bürgerkrieg zu verhindern.
Für das Abstimmungsverhalten heißt das nichts anderes, als dass diejenigen, die den NATO-Einsatz in Mazedonien ablehnen, damit den gesamten Stabilisierungsund Friedensprozess in Mazedonien infrage stellen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf
Folgendes hinweisen: Die NATO ist sowohl von der demokratisch gewählten mazedonischen Regierung und
dem Präsidenten als auch von den Vertretern der albanischen Rebellengruppen gebeten worden, die Kriegswaffen der UCK einzusammeln und zu vernichten. Damit entspricht der NATO-Einsatz dem Völkerrecht. Das wird
auch durch die Erklärung des Sicherheitsrates der UN und
die Stellungnahme von UN-Generalsekretär Kofi Annan
unterstrichen.
In den Debatten der letzten Wochen um diese Operation ist von unterschiedlichen politischen Seiten häufig
der Vorwurf erhoben worden, das Mandat sei unehrlich
und gehe an den Gegebenheiten in Mazedonien vorbei.
Dabei wurde insbesondere angezweifelt, dass die
30-Tage-Frist einzuhalten sei, in der die albanischen Rebellengruppen ihre Waffen vollständig abliefern sollen.
Das mag so sein. Niemand von uns ist so naiv anzunehmen, dass jede Waffe, die es dort gibt, den NATO-Truppen übergeben wird.
Viel wichtiger für den Gesamtprozess ist die politische
Bedeutung der Waffenabgabe durch die UCK. Mit ihrer
freiwilligen Entwaffnung erkennen die albanischen Rebellen die Abmachungen des Rahmenabkommens an und
übernehmen ihren Teil der Verantwortung für seine Umsetzung. Ein betrügerisches Vorgehen der UCK in dieser
Frage würde dem Anliegen der albanischen Bevölkerung - ich meine die kulturelle und politische Gleichberechtigung, wie es in dem Rahmenabkommen vorgesehen ist - schwersten Schaden zufügen und die Chance auf
dessen Verwirklichung zunichte machen. Die UCK müsste dann die Verantwortung dafür übernehmen, dass die
albanischen Interessen verletzt werden. Ich halte es für
völlig ausgeschlossen, dass in einem solchen Fall die albanische Bevölkerung in Mazedonien dieser UCK noch
Toleranz und Sympathie entgegenbringt. Deswegen steht
für die UCK sehr viel auf dem Spiel, sollte sie dieses letzte
ihr entgegengebrachte Vertrauen verspielen.
Sowenig wie die Bundesregierung behauptet hat, der
NATO-Einsatz sei frei von Risiken und ohne Gefahren, so
wenig ist die Eingrenzung des NATO-Engagements in
Mazedonien auf 30 Tage eine Verschleierungstaktik, um
sich die schnelle Zustimmung dieses Hauses zu sichern.
Das enge Zeitfenster, das das Rahmenabkommen für das
Einsammeln der Waffen, das ja schon begonnen hat, und
die Verfassungsänderung vorsieht, ist ein notwendiges
Druckmittel, damit der günstige Augenblick der Friedensbereitschaft auf beiden Seiten genutzt wird und die
Stimmung in einem Spiel auf Zeit nicht wieder in Gewalt
umschlägt. Daher ist es völlig richtig, dass die NATO klar
zu verstehen gibt, dass der 30-Tage-Zeitraum für sie verbindlich ist und eine Verlängerung nicht infrage kommt;
abgesehen von Verlängerungsnotwendigkeiten, die sich
möglicherweise durch tatsächliche Abläufe ergeben. Die
NATO verstärkt damit den Umsetzungsdruck auf die Vertragsparteien. Jede andere Einlassung würde dem Rahmenabkommen und dem Friedensprozess schaden und
möglicherweise zum Scheitern beitragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, lassen Sie
mich an dieser Stelle ein Wort zum Verhalten der Oppositionsfraktionen sagen.
({5})
Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Fraktionsführungen
von CDU/CSU und FDP ihren Abgeordneten die Zustimmung zu diesem Einsatz empfohlen haben. Es gibt eine
Fraktion, die sozusagen den Stein der Weisen offenbar gefunden hat.
({6})
Ich weiß aber, dass es in allen anderen Fraktionen dieses
Hauses - auch in meiner Fraktion - Abgeordnete gibt, die
nicht zustimmen werden. Das wird dem Ernst dieser Situation gerecht. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den
Führungen der Oppositionsfraktionen, dass sie die Zustimmung empfohlen haben; denn unsere Soldaten haben
ein Recht darauf, bei diesem schwierigen Einsatz die
breite Unterstützung des ganzen Parlaments zu haben.
({7})
Die Operation hat, wie wir wissen, begonnen. Wenn
wir uns heute nicht dazu entscheiden würden, an diesem
Einsatz teilzunehmen, würde die NATO ohne die Bundesrepublik Deutschland in Mazedonien agieren. Wir in
Deutschland dürfen nicht sagen, dass dieser Einsatz für
uns zu gefährlich ist, und gleichzeitig den Briten, Franzosen, Niederländern und anderen, die dort die Waffen einsammeln, diese Gefahr zumuten. Wir stehen auch in einer
Bündnisverpflichtung. Wenn wir so handeln würden,
müssten wir zu Recht den Vorwurf des Nationalismus und
des Bruchs der Bündnissolidarität in Kauf nehmen. Wir
wären isoliert und hätten keine Chance mehr, die gerade
von uns, von der Bundesrepublik Deutschland, von der
Bundesregierung, betriebenen Konzepte zur Stabilisierung Südosteuropas mitverantwortlich zu gestalten, wenn
wir jetzt nicht dabei wären.
({8})
Das Mandat der NATO und der Antrag der Bundesregierung sind eindeutig. Auftrag, Größenordnung, Ausstattung,
Kosten und Zeitrahmen sind unmissverständlich genannt.
Sollten sich die Lage und die Anforderungen für NATO und
Bundeswehr wie auch immer ändern, wird es ein neues
NATO-Mandat und eine neue konstitutive Beschlussfassung dieses Deutschen Bundestages geben. Die Sorge, eine
Zustimmung zu dem Antrag heute würde ein schleichendes
Hineinlaufen in andere Mandate ermöglichen, ist unberechtigt. Unsere Verfassungslage ist klar: Gibt es einen anderen
Auftrag, muss der Bundestag neu darüber entscheiden. Ich
will daran gar keinen Zweifel lassen.
Ich bin fest überzeugt, dass es zu dem beschrittenen
Weg nur eine Alternative gibt: den Bürgerkrieg. Die Gefahren, die von ihm ausgingen, könnten die Europäische
Union und die NATO sehr schnell vor Herausforderungen
stellen, deren Risiken ungleich höher sind als alle Risiken
jetzt. Um solche Entwicklungen zu bannen, ist nicht nur
die erfolgreiche Umsetzung des politischen Rahmenabkommens nötig, sondern auch die Ausarbeitung eines umfassenden Stabilisierungskonzeptes für Mazedonien im
Rahmen einer langfristig angelegten politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für alle Balkanstaaten und
Südosteuropa.
Die Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen haben die Anregungen zahlreicher Abgeordneter
genau in dieser Richtung aufgegriffen. In einem Ihnen
vorliegenden Entschließungsantrag bitten wir die Bundesregierung, in der Europäischen Union die Fortsetzung
und Intensivierung entsprechender Maßnahmen einzufordern. Gleichzeitig wird von der Bundesregierung erwartet, dass der von ihr initiierte und mit großzügigen Mitteln
ausgestattete Stabilitätspakt für Südosteuropa über das
Jahr 2003 hinaus fortgeführt wird.
({9})
Insbesondere die Passage, bei der es darum geht, dass
wir die Bundesregierung - in diesem Fall eher den Bundesinnenminister als den Bundesaußenminister - darum
bitten, im Zusammenwirken mit den europäischen Amtskollegen die mafiaähnlichen Strukturen und die sich daraus ergebenden finanziellen Verbindungen nach Albanien wirksam zu bekämpfen, nehmen wir sehr ernst. Wir
werden den Bundesinnenminister und die Bundesregierung bei ihrem Kampf gegen diese Art der Geldbeschaffung für die Albaner ganz intensiv unterstützen.
({10})
Meine Damen und Herren, die Alternative ist für mich
und die übergroße Mehrheit meiner Fraktion eindeutig:
Wenn wir heute diesem Antrag nicht zustimmen würden,
wenn andere NATO-Staaten sich so verhalten würden,
dann gäbe es nur die Alternative, dass in Mazedonien ein
Bürgerkrieg mit schrecklichen Folgen ausbrechen würde.
Ich appelliere an alle, die - auch moralische - Bedenken
haben, deutsche Soldaten durch diesen Beschluss des
Deutschen Bundestages in eine nicht ungefährliche Region zu entsenden: Sie möchten bedenken, dass wir auch
eine Verantwortung gegenüber den Menschen in Mazedonien haben, die einen Anspruch auf den Schutz von Leib
und Leben haben.
({11})
Ich erteile das Wort
Kollegin Angela Merkel, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Schon lange nicht mehr mussten die Abgeordneten in diesem Hause eine Entscheidung
treffen, bei der sich eine so große Kluft zwischen Hoffnung, vielleicht sogar Illusion über den Erfolg eines Einsatzes der NATO auf der einen Seite und Sorge über ein
mögliches Scheitern auf der anderen Seite auftat. Ich
glaube, wir sind uns einig, dass Politik niemals allein dem
Prinzip Hoffnung folgen sollte. Politik muss, wenn sie das
Vertrauen der Menschen gewinnen oder behalten will,
immer vorausdenken. Vorausdenken heißt, das Ziel zu
kennen und sich über den Weg im Klaren zu sein. Weg und
Ziel sind dabei eine Einheit.
Ich glaube, das Ziel des bevorstehenden Einsatzes der
NATO in Mazedonien ist gut und richtig. Es gilt, alles zu
tun, um einen fürchterlichen Bürgerkrieg zu verhindern.
Es gilt, Frieden, Freiheit und Demokratie auch in diesem
Lande in Europa Wirklichkeit werden zu lassen. Dieses
Ziel ist sehr anspruchsvoll; denn es geht um sehr viel mehr
als um das Einsammeln von Waffen. Es geht darum, ob es
mithilfe der NATO gelingt, eine Aussöhnung in Mazedonien zu erzielen, Minderheitenrechte durchzusetzen und
dies in Politik und Verwaltung des Landes auch zum Ausdruck zu bringen. Das ist viel mehr als nur eine militärische Aufgabe; es ist eine politische Aufgabe.
Dieses Ziel zeigt, dass sich die NATO gemeinsam mit
der Europäischen Union als Wertegemeinschaft versteht. Das ist mehr als eine Militärgemeinschaft. Die
NATO hat sich immer als Wertegemeinschaft verstanden
und wir haben sie im Übrigen im Gegensatz zu vielen in
diesem Hause - Sozialdemokraten und Grünen -, die zu
Zeiten des NATO-Doppelbeschlusses auf ganz anderen
Seiten standen, immer als solche unterstützt.
({0})
Ich sage das ganz emotional; denn die Tatsache, dass wir
den NATO-Doppelbeschluss damals mitgetragen haben,
hat es ermöglicht, dass wir die deutsche Einheit haben und
dass ich heute hier stehen kann.
({1})
Wenn heute so getan wird, als ginge es um die Kontinuität der überparteilichen Zusammenarbeit, dann will
ich nur daran erinnern, dass im Jahre 1992, als der Golfkrieg war, der niedersächsische Ministerpräsident und
heutige Bundeskanzler seinem Kultusminister ausdrücklich das Plazet gegeben hat, dass Schülerinnen und
Schüler während des Unterrichts auf die Straße gehen
konnten
({2})
und dass nicht dagegen eingeschritten wurde, weil er es
für einen Teil des Bildungsauftrages hielt, wenn man gegen den Golfkrieg protestierte, der Israel erwiesenermaßen vor der Vernichtung durch Giftgas bewahrt hat.
({3})
Das ist Geschichte und ich finde, wir alle sollten zu unserer Geschichte stehen.
Die NATO ist und war immer eine Wertegemeinschaft.
Deshalb ist es unerlässlich, dass wir ihr Ansehen und ihre
Autorität durch klare Mandate stärken.
Die heutige Entscheidung verlangt uns allen sehr viel
ab. Die NATO verändert sich. Nie oder selten haben wir
über ein Mandat so intensiv diskutiert wie über dieses.
Wir als Opposition tun das aus zweierlei Blickwinkeln:
Wir haben zum Ersten diese Bundesregierung kritisch zu
begleiten und haben zum Zweiten aus unserem eigenen
Selbstverständnis heraus zu urteilen.
Die Entscheidung über das Mandat ist auf der einen
Seite unabwendbar. 19 Staaten haben im NATO-Rat eine
Entscheidung gefasst. Als eine Oppositionspartei in
Deutschland muss man schon sehr gut überlegen, ob man
sagen kann: Wir wissen, dass es anders gehen müsste.
Aber auf der anderen Seite müssen wir als kritische
Überwacherin der Bundesregierung
({4})
fragen, ob denn die deutsche Bundesregierung alles getan
hat, um das Mandat so auszugestalten, wie wir es für notwendig halten.
({5})
Ich habe den Eindruck, dass Sie von den Regierungsfraktionen ziemlich viel Zeit darauf verwenden müssen,
interne Schwierigkeiten zu bewältigen und Mehrheiten
zusammenzubekommen.
({6})
- Darüber kann man lange lachen.
({7})
Die Bundesregierung hat die Aufgabe, im NATO-Rat
die Position der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten. Ob ein Mandat mit Blick auf die Zustimmungsfähigkeit im deutschen Parlament sozusagen immer mit einer
Handbremse beim Denken oder mit einer ganz klaren Unterstützung für Belastbarkeit und Robustheit verfasst
werden kann, weil man weiß, dass die Abgeordneten zu
100 Prozent hinter der NATO stehen, ist ein Unterschied.
({8})
Man wird es noch aussprechen dürfen: Ich persönlich
hatte in den letzten Tagen manchmal den Eindruck, dass
Sie sich für ein belastbares Mandat nicht ausreichend
einsetzen konnten, weil Ihre eigenen Leute gegenüber der
NATO nicht genug belastbar sind. Das ist für mich die
Wahrheit.
({9})
Hätte Deutschland mit mehr innerer Klarheit - das sage
ich ausdrücklich deshalb, weil ich zwar oft zugehört, aber
wenig davon vernommen habe - sein Gewicht in diese
Verhandlungen eingebracht, dann hätte man - davon bin
ich überzeugt - ein besseres Mandat erreichen können.
({10})
Aber es ist jetzt eine Entscheidung gefallen. Weil die
Aufgabe so ist, wie sie ist, kommt der Frage, in welchem
Zustand sich die Bundeswehr befindet, eine ganz besondere Bedeutung zu. Deshalb haben wir von der Durchhaltefähigkeit gesprochen. Wir haben gesagt: Wir wissen
nicht, ob wir in diesem Zusammenhang noch einmal entscheiden müssen; aber wir müssen dafür Vorsorge treffen,
dass die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der
Lage ist.
Sie argumentieren so, als sei die Bundeswehr eine gespaltene Bundeswehr: Zum einen gibt es eine Bundeswehr im Inland; bei ihr kann man sparen, so viel man will.
Dabei setzt man die Wehrpflicht aufs Spiel. Zum anderen
gibt es eine Bundeswehr für Auslandseinsätze. In diesem
Fall sagt man: Die Staatsräson erfordert es nun, dass alle
zustimmen. - Ich glaube, so geht es nicht.
({11})
Die Bundeswehr muss als Ganzes gesehen werden. Die
Bundeswehr ist in diesem Jahr um 3 Milliarden DM erwiesenermaßen unterfinanziert, und zwar in Bezug auf
unsere mittelfristige Finanzplanung. Sie war - das weiß
Volker Rühe - mit Sicherheit nicht üppig. Aber in Bezug
auf diese mittelfristige Finanzplanung ist die Bundeswehr
um 3 Milliarden DM unterfinanziert. Deshalb - das habe
ich gemerkt, als ich in Amerika war - sprechen unsere
Verbündeten offen darüber, dass sie sich um unsere Bundeswehr Sorgen machen. Ich finde, wir sollten diese Sorgen ernst nehmen und etwas tun.
({12})
Durchhaltefähigkeit ist für mich die Voraussetzung für
Bündnisfähigkeit und Bündnisfähigkeit ist die Voraussetzung für den Erfolg der NATO und damit auch für das
Vertrauen der Menschen. Deshalb darf nicht das Prinzip
Hoffnung regieren; wir müssen vielmehr Vorsorge treffen.
Das ist die Entscheidung, vor der wir heute stehen.
Wir sind uns dabei unserer Aufgabe als Opposition
sehr bewusst. Auf der einen Seite steht die kritische Frage:
Was können wir tun? Auf der anderen Seite steht die
Frage: Was ist unsere Haltung zur NATO? Wir haben unsere kritische Aufgabe den ganzen Sommer über sehr bewusst und sehr intensiv wahrgenommen. Dabei haben wir
Erfolge gehabt. Dazu sage ich: Diese Erfolge lasse ich
nicht kleinreden. Hier haben wir Wichtiges erreicht.
({13})
Wir haben - ich vermute, das passt Ihnen nicht - in der
deutschen Bevölkerung Aufmerksamkeit dafür geweckt,
dass die Bundeswehr in einem schlechten Zustand ist, und
zwar seit dem Jahre 1998, als Sie die Regierungsverantwortung übernommen haben.
({14})
Wir haben an zwei entscheidenden Stellen - zum einen
in Bezug auf diesen Einsatz und zum anderen in Bezug
auf die Panzerung von Marder-Fahrzeugen - wichtige
Verbesserungen für die Soldaten erreicht. Diese Punkte
sind uns wichtig gewesen.
Auf der anderen Seite müssen wir sagen, dass Probleme bleiben. Deshalb ist unsere Entscheidung das Ergebnis einer Abwägung, die wir in den letzten Wochen
bzw. Tagen - viele in den letzten Stunden - vorgenommen
haben, einer Abwägung zwischen dem, was am Zustand
der Bundeswehr zu kritisieren ist, und dem, was durch das
Mandat der Bundesregierung nicht erreicht wurde.
({15})
Eine Opposition, die sich immer als die Regierung von
morgen versteht, muss bei ihrer Abwägung berücksichtigen: Wie ist unser Verhältnis zur NATO in unserer historischen Tradition zu sehen?
({16})
Vor diesem Hintergrund spreche ich mich als Ergebnis
eines solchen Abwägungsprozesses klar dafür aus, dem
Antrag zur Entsendung von Soldaten der Bundeswehr
nach Mazedonien zuzustimmen. Ich sage aber sehr deutlich: Unsere Entscheidung ist keine Zustimmung zu dem
Ergebnis, das die Bundesregierung im Prozess der Verhandlung des Mandats erreicht hat. Wir müssen in Zukunft
sehr viel mehr vorausschauend in Bezug auf Mazedonien
handeln. Unsere Zustimmung ist kein Freibrief dafür, die
Bundeswehr in finanzieller Hinsicht weiter so schlecht zu
behandeln.
({17})
Für mich zählt schlussendlich, dass wir als Union die
Bindungen, die Fäden, auch zur NATO von heute halten
sollten. Für mich zählt in ganz besonderer Weise in den
Stunden vor dem Einsatz vor allem eines: das Bekenntnis
zu unseren Soldaten, die trotz aller Schwierigkeiten, trotz
aller Unvollkommenheiten in diesem Einsatz die Bundesrepublik Deutschland vertreten werden. Wir wünschen
denen, die dort sein werden, viel Glück, vor allem aber
Erfolg und Gesundheit.
Herzlichen Dank.
({18})
Ich erteile der Kollegin Kerstin Müller, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine
Fraktion wird heute mit sehr großer Mehrheit dem Antrag
der Bundesregierung zustimmen, da wir davon überzeugt
sind, dass die Beteiligung der Bundeswehr am Einsatz der
NATO in Mazedonien richtig und notwendig ist. Uns ist
- ich denke, wie allen hier im Deutschen Bundestag - bewusst: Wir übernehmen damit eine große Verantwortung
für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die
diese heikle Aufgabe erfüllen, vor allem weil wir wissen,
dass die Situation nach wie vor fragil und dies kein Einsatz ohne Risiko ist. Ich glaube, das ist uns allen klar.
Wir übernehmen mit diesem Einsatz aber auch und vor
allem Verantwortung für die Menschen in Mazedonien
und in der Balkanregion insgesamt. Deshalb bin ich froh,
dass sich inzwischen in diesem Hause eine breite Mehrheit für diesen Einsatz abzeichnet, da ich glaube, dass dies
nicht der Zeitpunkt für innenpolitische Profilierungsversuche ist. Hier und heute steht nicht der Wehretat zur Abstimmung, sondern es geht um ganz andere, sehr ernsthafte Fragen.
({0})
Die Regierung und auch die Regierungsfraktionen haben von Anfang an unmissverständlich klargestellt: Was
für die Sicherheit der Soldaten für diesen Einsatz erforderlich ist, muss und wird zur Verfügung gestellt werden.
In den Staaten des ehemaligen Jugoslawien haben wir
in den vergangen Jahren vier schreckliche Bürgerkriege
erlebt, die unermessliches Leid über die Menschen in der
Region gebracht haben. Jetzt gibt es erstmals die Chance,
den Ausbruch eines Bürgerkrieges rechtzeitig zu verhindern. Erstmals haben die Europäische Union und die internationale Staatengemeinschaft durch ihr gemeinsames
und entschlossenes Vorgehen gegenüber den beiden
Konfliktparteien ein sehr weitgehendes politisches Abkommen vermittelt und damit die Tür zum Frieden in
Mazedonien geöffnet, und zwar bevor sich die Situation
weiter verschärft. Es gibt jetzt eine große Chance auf
Frieden; aber es gibt dafür - das muss man sehr offen
sagen - keine Garantie.
Die Friedensvereinbarung vom 13. August ist für die
Menschen in Mazedonien wirklich ein gewaltiger Schritt
nach vorn, über den wir heute mit zu entscheiden haben.
Ich will das an zwei Beispielen deutlich machen:
Erstens. Früher waren die Albaner in Mazedonien
Bürger zweiter Klasse. Zukünftig werden sie durch Art. 8
der Verfassung „als Bürger mit gleichen Rechten“ anerkannt.
Zweitens. Früher war die Mazedonische Orthodoxe
Kirche Staatskirche. Zukünftig garantiert Art. 9 der Verfassung Religionsfreiheit. Es heißt dort sehr klar:
Die Mazedonische Orthodoxe Kirche, die islamische Religionsgemeinschaft, die katholische Kirche
und sonstige Religionsgemeinschaften und religiöse
Gruppen sind vom Staat getrennt und vor dem Gesetz
gleich.
Genau darum geht es heute. Wir stimmen heute über
die Frage ab, ob wir unseren Beitrag dazu leisten wollen,
dass der begonnene Friedensprozess fortgesetzt wird,
oder ob wir zulassen wollen, dass die Tür zum Frieden zugeschlagen wird.
Ich will hier auch auf die wichtigsten Argumente der
Kritiker eingehen. Der Einsatz der NATO und der Bundeswehr zur Einsammlung der Waffen ist nicht, wie manche sagen, eine militärische Lösung des Konflikts. Nein,
liebe Kolleginnen und Kollegen: Genau das Gegenteil ist
richtig! Dieser Einsatz ist ein Beitrag - sicherlich ein wichtiger -, aber doch nur ein Beitrag zur konfliktpräventiven
Politik der internationalen Staatengemeinschaft. Allen, die
sagen: „Ihr setzt doch nur auf die Stärke des Militärs“, entgegne ich: Es war doch nicht das Militär, das das Rahmenabkommen ermöglicht hat; es war die hervorragende
politische Arbeit von François Léotard, von James Pardew,
von Javier Solana und von Lord Robertson, denen wir für
diesen Einsatz zu sehr großem Dank verpflichtet sind.
({1})
Es wird und es darf auch nicht das Militär sein, das dauerhaft den Weg zum Frieden ebnet. Ob der Weg, den ich
mit dem Hinweis auf die beiden Artikel der Verfassung
eben beschrieben habe, fortgesetzt wird, ob der Friedensprozess letztlich tragfähig ist, das hängt zuallererst und
ganz entscheidend von den Konfliktparteien ab - sie müssen den Frieden wirklich wollen - und davon, wie die
internationale Gemeinschaft den zivilen Prozess weiter
unterstützt. Dazu bedarf es eines politischen Gesamtkonzepts, wie wir es im vorliegenden Entschließungsantrag
deutlich gemacht haben.
Dazu bedarf es außerdem aller wichtigen internationalen Organisationen. Die OSZE und der Europarat müssen und werden helfen. Gemeinsam mit allen ethnischen
Gemeinschaften muss die Demokratisierung vorangetrieben werden. So wie es das Abkommen vorsieht, müssen
die Verfassungsänderungen Zug um Zug beschlossen
werden. Die Flüchtlinge müssen in Sicherheit zurückkehren können. Die Polizei muss reformiert und die lokale
Selbstverwaltung muss unter Beachtung der Minderheitenrechte aufgebaut werden.
Die Menschen in Mazedonien brauchen auch eine
wirtschaftliche Perspektive; deshalb muss die Hilfe
zum wirtschaftlichen Aufbau schnell und gezielt kommen. Wir werden daher darauf drängen - das haben wir
deutlich gemacht -, dass das Versprechen der G-8-Staaten
eingelöst wird. Mazedonien braucht eine Geberkonferenz. Es darf sich nicht nur um eine Konferenz handeln,
in der Versprechungen gemacht werden, sondern es müssen auch Taten folgen, und zwar schnell. Da ist auch der
Deutsche Bundestag gefragt.
({2})
Der Stabilitätspakt muss ergänzt und erweitert werden.
Die Menschen müssen vor Ort konkret erfahren, dass wir
ihnen beim Aufbau helfen. Nur so gibt es eine Chance,
dass die Extremisten auf beiden Seiten Schritt für Schritt
isoliert werden. Sie dürfen in der breiten mazedonischen
Bevölkerung keinen Resonanzboden mehr finden; denn
genau das - davon bin ich überzeugt - wird letztlich darüber entscheiden, ob dieser Friedensprozess erfolgreich
sein wird.
Natürlich werden die Extremisten auch weiterhin versuchen, die friedliche Entwicklung zu torpedieren. Aber
wenn es gelingt, die Verfassungsänderungen Zug um Zug
vorzunehmen, die Minderheitenrechte zu verankern und
umzusetzen, dann haben Mazedonien und vielleicht auch
die Region eine Chance. Das zeigt mehr als deutlich, dass
es wirklich nicht um eine militärische Lösung geht, sondern um einen militärischen Beitrag zu einem zivilen
Friedensprozess - nicht mehr und nicht weniger.
Natürlich wäre es das Beste, wenn alle Waffen aus der
Region verschwinden. Aber wir wissen doch nur zu gut:
Diese Vorstellung ist nicht realistisch. Der Besitz von
Waffen ist auf dem Balkan leider fast eine Selbstverständlichkeit. Wenn die UCK aber nun bereit ist, immerhin 3 300 Waffen freiwillig abzugeben, dann ist das zwar
keine vollständige Entwaffnung, aber doch zumindest ein
wichtiger Schritt zur Demilitarisierung und zur Stabilisierung der Region. Sollen wir da wirklich sagen, dass uns
das nicht reicht und dass wir es dann lieber ganz lassen?
Nein, meine Damen und Herren, das wäre das sofortige
Ende des Friedensprozesses. Denn dann würde der Prozess der Zug-um-Zug-Umsetzung der Friedensvereinbarung gar nicht erst beginnen.
Herr Merz, Herr Rühe, man muss sich einmal klarmachen, was es heißt, wenn Sie sagen, es sei kein „ehrliches
Mandat“ und wir bräuchten ein robustes Mandat sowie
die vollständige Entwaffnung. Was heißt es denn, Herr
Rühe, wenn die NATO in dieser Situation sagen würde,
dass mit der Freiwilligkeit Schluss sei, und wenn sie die
Waffenabgabe erzwingen würde? Ich will es Ihnen sagen:
Es würde bedeuten, dass die NATO nicht mehr neutral
wäre; sie müsste nämlich Partei ergreifen - gegen die
UCK und für die mazedonische Regierung. Das wäre
dann genau das Gegenteil von konfliktpräventiver Politik;
darum wollen wir so etwas nicht.
({3})
Nun zur Debatte über die 30 Tage. Gut, möglicherweise wird sich herausstellen, dass man etwas mehr Zeit
braucht; das ist nicht auszuschließen. Dann haben wir in
diesem Hause gegebenenfalls über eine Verlängerung des
Einsatzes zu entscheiden. Weil das so ist, liegt die Befristung aber doch gerade im Interesse von uns Abgeordneten. Wir haben darüber zu entscheiden. Ich meine, das
sollte so bleiben. Vor allem aber stellen die 30 Tage den
Zeitrahmen dar, den die Konfliktparteien selbst bestimmt
haben. Da sollten wir sie doch beim Wort nehmen. Es
wäre jetzt völlig kontraproduktiv, wenn wir der UCK signalisieren würden, sie müsse die 30-Tage-Frist nicht so
ernst nehmen und könne sich ruhig mehr Zeit lassen. Das
wäre das falsche politische Signal. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Befristung richtig und notwendig ist.
({4})
Es gibt eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen, die
dem Einsatz ohne UN-Mandat nicht zustimmen wollen.
Sicher, auch ich halte ein UN-Mandat für absolut wünschenswert; auch wir wollen den Einfluss der UN wieder
stärken. Die deutsche Regierung hat sich ja auch um ein
Mandat bemüht. Aber die Deutschen standen mit dieser
Forderung völlig alleine. Weder die mazedonischen Konfliktparteien noch die internationale Gemeinschaft halten,
weil in diesem konkreten Fall die Anfrage beider Konfliktparteien an die NATO vorliegt und weil die völkerrechtlichen Fragen damit eindeutig geklärt sind, ein UNMandat für erforderlich.
Zudem hat die Erklärung des Sicherheitsrates doch
gezeigt, dass die UN das Rahmenabkommen vom 13. August und damit - übrigens erstmals explizit mit den Stimmen von Russland und China - auch den Einsatz der
NATO ausdrücklich unterstützen. In dieser Situation sollen wir nun sagen, der Einsatz sei zwar eigentlich richtig,
aber wir beteiligen uns daran nicht ohne UN-Mandat? Ich
glaube, das ließe sich nur noch schwer vermitteln; das
wäre nicht verantwortbar.
({5})
Bei allen Bedenken, bei aller Kritik an den Fehlern der
vergangenen Jahre und bei aller Skepsis aufgrund der unbestreitbaren Risiken müssen wir alle heute die Frage beantworten: Was passiert, wenn die NATO nicht bereit ist,
diesen Einsatz durchzuführen? Wir alle wissen, dass die
Konsequenzen verheerend wären; denn das wäre der Auftakt zu einem neuen, schrecklichen Bürgerkrieg, von dem
nicht nur Mazedonien betroffen wäre. Denn der Konflikt
würde mit Sicherheit auch auf die Nachbarstaaten übergreifen, auf Kosovo und Bosnien, und vielleicht auch
Bulgarien und Griechenland berühren. Damit wäre die gesamte Region im Bemühen um Frieden und Stabilität weit
zurückgeworfen.
Kerstin Müller ({6})
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal
eindringlich Folgendes: Mazedonien ist auf einem guten
Weg. Es ist auf dem Weg, ein Staat all seiner Bürger zu
werden, in dem die Rechte von Minderheiten geachtet und
geschützt werden. Die Mazedonier haben uns auf diesem
Weg um unsere Unterstützung gebeten. Wollen wir sie ihnen verweigern? Ich meine, das könnten wir nicht verantworten. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.
({7})
Ich erteile dem Kollegen Guido Westerwelle, FDP-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freien Demokraten werden dem Antrag der Bundesregierung mit
klarer Mehrheit, aber nicht ohne Bedenken zustimmen.
Die Lage hat sich im Vergleich zum Frühsommer verändert. Mittlerweile gibt es Gott sei Dank einen weitestgehend tragfähigen Waffenstillstand und es gibt eine
Perspektive für eine politische Lösung in Form eines
Verfassungsprozesses, der die Minderheiten rechtlich
schützt. Der Minderheitenschutz und die Rechtsstaatlichkeit sind die entscheidenden Voraussetzungen dafür, dass
es in einer ethnisch zerrütteten Region wieder eine
Chance auf Frieden gibt.
({0})
Deswegen ist es ungeheuer wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir eine politische Lösung brauchen, bei der das
Militär helfen kann, und nicht umgekehrt.
({1})
Das ist ein wesentlicher Unterschied zu mancher öffentlichen Diskussion.
Der Einsatz ist risikoreich, er ist sehr risikoreich. Eine
Zeit lang hatte man im Sommer den Eindruck, es geht um
eine Art Wald-und-Wiesen-Spaziergang, bei dem nebenbei einige Waffen eingesammelt werden. Das war naiv.
Wenn es heute noch jemand ernsthaft glaubt, dann ist auch
das naiv.
Der Bundeskanzler hat mittlerweile selbst das Wort
vom robusten Mandat geprägt und verwendet. Aber da
fragen wir als Freie Demokraten: Warum wurde seitens
der Bundesregierung in Brüssel dann nicht auch in Richtung eines robusten Mandats verhandelt?
({2})
Der Grund ist ein ganz einfacher: Die Bundesregierung
hat den ganzen Sommer über keine eigene Regierungsmehrheit in diesem Hause gehabt und hat sie möglicherweise auch heute nicht. Das ist nicht so sehr eine
innenpolitische Frage; es ist vielmehr eine außenpolitische Frage. Das hat nämlich ihren außenpolitischen
Handlungsradius, ihre Autorität, ihre Entschiedenheit im
Auftreten gelähmt. Das ist das Problem.
({3})
Herr Bundeskanzler, Sie waren sich Ihrer eigenen
Mehrheit in der Koalition nicht sicher und auch heute sind
Sie sich ihrer noch nicht sicher. Deswegen haben Sie in
Brüssel nicht verhandelt, sondern Sie haben gezögert, Sie
haben gezaudert und haben andere für sich machen lassen.
Die NATO ist aber nicht irgendeine fremde Institution.
Wir selbst sind die NATO. Die NATO handelt mit uns und
nicht gegen uns. Auch das muss im Bündnis klar sein.
({4})
Herr Außenminister, Sie haben das Mandat nicht geprägt, sondern Sie und die Bundesregierung haben das
Mandat letzten Endes akzeptiert. Die Bundesregierung
war in der NATO überwiegend sprachlos. Wenn sie sich
geäußert hat, hat sie Fragen gestellt und Zweifel angemeldet. Das ist in Wahrheit die Art und Weise gewesen,
wie in Brüssel verhandelt worden ist. Deswegen geht es
an dieser Stelle auch nicht um Innenpolitik, wenn Ihnen
die Regierungsmehrheit fehlt; es geht ausschließlich darum, dass Sie, weil Ihnen die eigene Mehrheit fehlt,
außenpolitisch nicht so handeln können, wie es im Interesse Deutschlands geboten wäre.
({5})
Das wissen auch die Kolleginnen und Kollegen von
den Regierungsfraktionen. Sie haben es in den Ausschüssen ja entsprechend gesagt. Man braucht sich nur die Nr. 7
des Antrags noch einmal vor Augen zu führen. Darin heißt
es wörtlich:
Den im Rahmen dieser Operation eingesetzten Kräften wird auch die Befugnis zur Wahrnehmung des
Rechts auf bewaffnete Nothilfe zugunsten von Soldaten und Zivilpersonal der internationalen Präsenzen und humanitären Hilfsorganisationen erteilt.
Meine Damen und Herren, den Soldaten, die dort hingehen, muss es doch auch möglich sein, angegriffene
wehrlose Zivilpersonen zu schützen. Das müsste in diesem Mandat stehen.
({6})
Darin müsste doch auch stehen - das hat Ihnen der Ausschuss für Menschenrechte heute ins Stammbuch geschrieben -, dass die rückkehrenden Flüchtlinge dann,
wenn wir als NATO nicht mehr da sind, Schutz, Sicherheit und vor allem auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit haben.
({7})
Es steht nicht in dem Mandat, weil Sie nicht verhandelt
haben. Jetzt kann der Bundestag, weil er nichts ändern
darf, ein bisschen an Sie appellieren, Sie mögen in dieser
Richtung weiterreden und -handeln. Das ist keine gute Politik.
({8})
Es ist notwendig, Folgendes klarzustellen, weil hier so
manches - auch von interessierter Seite - hineingeheimnist worden ist: Wir Freien Demokraten unterstützen
heute nicht die Bundesregierung mit ihrer verfehlten
Kerstin Müller ({9})
Politik, sondern wir unterstützen den Friedensprozess und
unsere Soldaten in Mazedonien. Das ist ein kleiner, aber
ganz wichtiger Unterschied, und zwar nicht nur in Worten.
({10})
Es kann sich sehr schnell herausstellen, dass der Einsatz der NATO scheitert. Es kann sein, dass die NATO
nach 30 Tagen unverrichteter Dinge und unter Ansehensverlust wieder abziehen muss. Aber eines steht fest: Gehen wir nach Mazedonien, gibt es eine kleine Chance auf
Frieden. Gehen wir nicht nach Mazedonien, gibt es gar
keine Chance auf Frieden.
({11})
Würden wir auch bei einem zufrieden stellenden Mandat einen Einsatz verweigern und würde die NATO deshalb ihren Einsatz abbrechen, dann hätten wir zwei Tage
später einen großen Krieg und drei Tage später stünden
die ersten 50 000 Flüchtlinge vor unserer Tür und bäten zu
Recht um Schutz. Bricht in Mazedonien, also im Südosten
Europas, ein Krieg aus, dann stehen wir als Parlament einige Wochen später wieder vor einer Einsatzentscheidung. Aber dann ginge es nicht um 5 000 Soldaten, sondern um 50 000 Soldaten.
Deswegen muss man auch kenntlich machen, dass dieser Weg unter den schlechten Wegen, die wir in dieser
schwierigen Situation gehen können, immer noch der beste Weg ist, der uns möglich ist.
({12})
Das ist der entscheidende Punkt. Niemand geht mit Hurra
dorthin, sondern jeder hat Zweifel und Skepsis. Es muss
erlaubt sein, diese Zweifel und diese Skepsis auch in einer solchen Sitzung anzumelden.
({13})
Ich möchte Ihnen sagen, dass in diesem Zusammenhang vor allen Dingen eine Perspektive gegeben werden
muss. Diese Perspektive ist aus unserer Sicht nicht irgendeine Geberkonferenz. Die Perspektive, die wir im
Südosten Europas brauchen, ist eine politische Perspektive. Wir brauchen einen Prozess der politischen Stabilisierung. Auch hier kommt von der Bundesregierung konzeptionell rein gar nichts.
({14})
Wir brauchen eine dauerhafte Konfliktlösung. Als
Land, dessen Geschichte in besonderer Weise vom KSZEProzess geprägt wurde, sollte Deutschland hier sowohl im
Rahmen der Europäischen Union als auch im Rahmen der
Vereinten Nationen die Initiative ergreifen. Gegenstand
dieser Initiative sollte die Einberufung einer Konferenz
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Südosteuropa unter der Schirmherrschaft der OSZE für den Aufbau einer
südosteuropäischen Sicherheitsarchitektur sein. Wir
sollten die bereits im Rahmen des KSZE-Prozesses
erfolgreichen Instrumente wie vertrauensbildende Maßnahmen, Streitschlichtung und regionale Zusammenarbeit
ebenso einsetzen wie die konkrete Perspektive einer
schrittweisen Annäherung der Betroffenen an die euro-atlantischen Strukturen.
({15})
Einen entsprechenden ausführlichen Entschließungsantrag haben wir Freien Demokraten heute vorgelegt. Ich appelliere an die Regierungsfraktionen, diesen Vorschlag
nicht nur einfach deshalb abzulehnen, weil er nicht aus den
Reihen der Regierungsparteien kommt. So wie wir hier zur
überparteilichen Zusammenarbeit bereit sind, sollten
aus unserer Sicht auch Sie bei diesem perspektivischen
strategischen Lösungsansatz dazu bereit sein.
({16})
Herr Bundeskanzler, Sie haben zugesagt, dass Sie im
Interesse der Sicherheit unserer Soldaten vor Ort keine
Deckelung bei den bisher eingesetzten Mitteln vornehmen werden. Wenn der Einsatz vor Ort und die Sicherheit
unserer Soldaten mehr finanzielle Mittel erfordern, dann
werden diese Mittel auch zur Verfügung gestellt. Allein
die Tatsache, dass man darüber sprechen muss, ist ein bemerkenswerter Punkt.
({17})
Ich habe Ihnen, Herr Bundeskanzler, zugestimmt, als
Sie gesagt haben, die Außen- und Sicherheitspolitik sei
Staatsräson. Aber auch die Ausstattung und die Handlungsfähigkeit der Bundeswehr ist Staatsräson.
({18})
Deswegen ist wirklich bemerkenswert, was Frau Müller
gleich zu Beginn ihrer Rede gesagt hat. Frau Kollegin, das
war wirklich eine freudsche Fehlleistung. Sie sagten, es
gehe nicht um die Ausstattung der Bundeswehr, sondern
um eine sehr ernste Frage. Wir finden, die Ausstattung der
Bundeswehr ist eine sehr ernste Frage.
({19})
Das ist genau das Problem. Deswegen sind wir in keiner Weise bereit, uns für diese Regierungspolitik einzusetzen, sondern wir werden sie an jeder Stelle klar kritisieren und unsere Kritik auch kenntlich machen. Es ist
nicht in Ordnung, dass der Außenminister trotz der Mazedonien-Frage den ganzen Sommer weggetaucht ist, der
Verteidigungsminister schwimmt und die Bundeswehr
baden geht. Das ist nicht vernünftig, meine Damen und
Herren.
({20})
Weil zur Bündnispolitik und zur Staatsräson auch die
Handlungsfähigkeit der Bundeswehr zählt, sagen wir: Die
Themen Ausstattung der Bundeswehr und Handlungsfähigkeit der Bundeswehr im internationalen Bündnis
bleiben in jedem Fall eine Aufgabe und sie bleiben in der
Diskussion. Diese Diskussion wird Sie bis zur Bundestagswahl nicht verlassen; dafür werden wir sorgen. Deswegen, Herr Bundeskanzler, helfen wir Ihnen heute mit
den Stimmen der FDP nicht aus der Patsche, sondern wir
helfen den Menschen in Mazedonien und geben Rückendeckung für unsere Soldaten vor Ort.
({21})
Nun hat Kollege
Gregor Gysi, PDS-Fraktion, das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Westerwelle, dem Vorschlag der
FDP zur Einberufung einer Konferenz über Sicherheit
und Zusammenarbeit gerade für den Balkanraum, den es
ja auch schon früher von anderer Seite gab, werden wir
auf jeden Fall zustimmen, weil auch wir glauben, dass wir
endlich zu politischen, ökonomischen und sozialen Wohlfahrtslösungen in der Region kommen müssen, wenn wir
hier Stabilität erreichen wollen. Militärische Lösungen
wird es letztlich nicht geben.
Im Unterschied zu Ihnen werden wir allerdings dem
Antrag der Bundesregierung aus verschiedenen Gründen
nicht zustimmen können. Ich kann auch nicht akzeptieren,
Kollege Struck, wenn Sie sagen, es gebe nur die Möglichkeit, entweder diesem Antrag zuzustimmen oder aber
sich mit dem Bürgerkrieg abzufinden. Ich glaube, dass
alle Kolleginnen und Kollegen im Hause, die gegen den
Antrag stimmen, nicht akzeptieren, dass sie deshalb indirekt für einen Bürgerkrieg stimmen.
({0})
Es ist letztlich ja auch eine Frage der Zuständigkeit.
Deshalb ist die Frage des UN-Mandats keine Nebensache
und man kann das nicht so wegwischen. So gut wie kaum
jemand hat über die UNO gesprochen. Nach der Charta
der Vereinten Nationen ist dieser Fall von Entwaffnung,
von Verhinderung oder auch Beendigung von Bürgerkrieg
geradezu ein klassischer Fall für ein UNO-Mandat.
({1})
Der NATO-Vertrag sieht dergleichen nicht vor. Es ist eine
Verletzung des NATO-Vertrages, weil im NATO-Vertrag
als einzige Aufgabe für militärische Einsätze die Verteidigung des Bündnisgebietes formuliert ist. Darüber setzt
man sich einfach hinweg. Es ist deshalb die Fortsetzung
der Verdrängung der UNO aus Europa, um hier selbstmandatiert, allein und ohne die UNO handeln zu können.
({2})
Diesen Weg gehen wir nicht mit.
({3})
In diesem Falle wäre nicht einmal die Inanspruchnahme eines Vetorechts zu befürchten gewesen.
Die Tatsache, dass die Streitseiten sich an die NATO gewandt haben, ist überhaupt kein Argument. Darauf kann
man antworten: Zuständig ist die UNO; wir bitten Sie,
sich an die UNO zu wenden,
({4})
und wir werden Sie dort auch unterstützen. Aber genau
das haben Sie nicht getan, weil nämlich die USA, Frankreich und Großbritannien das nicht wollten. Die UNO hat
dem nicht zugestimmt.
Kollege Gysi, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lippelt?
Ja, bitte.
Herr Gysi, hat Ihnen Ihr Kollege, der Ihre Fraktion im Europaausschuss vertreten hat, von der Antwort berichtet,
die der mazedonische Verteidigungsminister auf genau
diese Frage - warum habt ihr nicht die UNO gewollt? gegeben hat? Hat er Ihnen erzählt, warum sie sehr deutlich gesagt haben, weshalb sie die NATO gefragt haben?
Hat er Ihnen erzählt, dass er sehr genau weiß, dass der
UNO-Sicherheitsrat genau dieses bestätigt hat und dabei
ausdrücklich auch die NATO erwähnt hat? Hat er Ihnen
das nicht erzählt, sodass Sie hier so einen Unsinn reden
können?
({0})
Lieber Herr Lippelt, auch Sie
kennen den Unterschied zwischen einem Gespräch mit
Kofi Annan, einem Schreiben des Präsidenten des Weltsicherheitsrates und einem Sicherheitsratsbeschluss, der ein
Mandat darstellt. Dazwischen liegen Welten. Das wissen
Sie ganz genau.
({0})
Sie haben dem mazedonischen Außenminister und dem
mazedonischen Verteidigungsminister schon so viel vorgeschrieben, dass es überhaupt kein Problem gewesen
wäre, ihn an das zuständige Organ zu überweisen. Das
Problem ist doch in Wirklichkeit, dass die USA, Großbritannien und Frankreich die UNO gar nicht eingeschaltet
sehen wollten, weil sie die NATO zum eigentlichen Ordnungsfaktor zumindest Europas erklären wollten. Das ist
unsere Kritik daran.
({1})
Gerade die Ausschaltung der UNO wurde beim Jugoslawienkrieg als große einmalige Ausnahme dargestellt. Ich habe - wie übrigens auch einige Abgeordnete
von SPD und Grünen, wie die Erklärungen zeigen - die
Befürchtung, dass es jetzt eben doch zur Regel wird, die
UNO auszuschalten. Ich sage immer: Man zerstört keine
Weltordnung, wenn man keine bessere anzubieten hat.
Eine unipolare Welt, in der allein eine Großmacht entscheidet, ist eben nicht das, was wir anstreben.
({2})
Sie argumentieren deshalb auch gar nicht erst mit dem
NATO-Vertrag, weil Sie wissen, dass das durch diesen
Vertrag nicht gedeckt ist.
Nun kommen wir zur NATO und damit zu den KFORTruppen im Kosovo. Es gibt ja einen Sicherheitsratsbeschluss über die Aufgaben der KFOR-Truppen im Kosovo. Warum erwähnt hier eigentlich niemand von den
Befürwortern das Scheitern bei der Erfüllung dieser Aufgabe in Bezug auf die UCK? Im Sicherheitsratsbeschluss
steht: Die UCK ist aufzulösen und zu entwaffnen. Bei der
Erfüllung dieser Aufgabe hat die NATO im Kosovo doch
eindeutig versagt; sonst hätten wir dieses Problem in Mazedonien heute überhaupt nicht.
({3})
Damals wurde erklärt, die Aufgabe sei erfüllt. Das war
doch offensichtlich falsch. Die NATO und die KFORTruppen hätten auch nie zulassen dürfen, dass so viele
UCK-Leute mit Waffen die Grenze zwischen dem Kosovo
und Mazedonien passieren.
({4})
Ich behaupte also: Die NATO ist schon einmal bei der
Realisierung eines Sicherheitsratsbeschlusses zur Entwaffnung der UCK gescheitert. Letztlich ist die UCK
stärker und besser bewaffnet aus diesem Vorgang hervorgegangen.
({5})
Deshalb ist es auch falsch, Frau Müller, wenn Sie sagen, die NATO dürfe nicht Partei ergreifen und das täte
sie, wenn sie gegen den Willen von UCK-Leuten entwaffne. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es der Auftrag
der KFOR-Truppen im Kosovo war, auch gegen den Willen der betreffenden Seite zu entwaffnen.
({6})
Er ist nicht erfüllt worden. Weil die Waffen der UCK von
der NATO kommen und weil das Geld dafür zu einem
großen Teil aus Deutschland und der Schweiz kam, ist die
NATO ohnehin parteiisch.
({7})
Das wird sie in Bezug auf die UCK auch nicht mehr los.
({8})
Sie, Herr Außenminister, haben einmal erklärt, dass
Mazedonien ein ethnisch vorbildliches Land sei. Davon
kann ja nun, wie sich später herausgestellt hat, auch keine
Rede mehr sein. Jetzt erst geht es um die Durchsetzung
und den Schutz von Minderheitenrechten in Mazedonien.
Deshalb sage ich: Es wäre eine klassische Aufgabe der
UNO, auch was die Entwaffnung betrifft.
Aber wir haben auch Probleme mit dem Gegenstand.
Da ähneln sich natürlich gewisse Argumente aus den Reihen der FDP oder anderer Oppositionsfraktionen. Was ist
denn nun die Aufgabe? Wenn es wirklich nur darum geht,
freiwillig abgegebene Waffen aufzusammeln, dann
stimmt dieser ganze Beschluss in sich nicht. Dann hätte
man nämlich mit der UCK auch vereinbaren können, dass
sie die Waffen an der Grenze zum Kosovo bei den KFORTruppen abgibt. Dann hätte man nicht 3 500 Soldaten in
Mazedonien einmarschieren lassen müssen. Wenn es aber
doch darum ginge, auch Leute zu entwaffnen, die sich dagegen wehren, dann wäre der Auftrag ein völlig anderer.
Dann müsste man sich auch über einen völlig anderen
Auftrag verständigen und könnte nicht so tun, als ob das
Ganze in 30 Tagen zu erledigen wäre.
Deshalb ist auch das Mandat mit so vielen Fragezeichen verbunden; denn man weiß letztlich gar nicht, was
der eigentliche Gegenstand ist. Nur für das Einsammeln
von 3 300 Waffen - wie Sie, Frau Müller, sagen - brauchen Sie doch nicht 3 500 Soldaten. Das ist ja weniger als
eine Waffe pro Soldat.
({9})
Das stimmt doch vorne und hinten nicht. Die NATO
spricht von 6 000 Waffen. Die mazedonische Regierung
spricht von 60 000 bis 85 000 Waffen. Nicht einmal diesbezüglich herrscht Klarheit. Es wäre doch das Mindeste,
dass man wenigstens weiß, um wie viele Waffen es eigentlich geht, die dort eingesammelt werden sollen. Insofern ist auch inhaltlich, also was den Gegenstand des
Mandats betrifft, größte Kritik angebracht.
Wir sehen natürlich die Gefahr, dass daraus ein dauerhafter Einsatz wird, nach Bosnien-Herzegowina, nach
dem Kosovo ein neues Protektorat dann auch in Mazedonien.
Ich weiß nicht und offensichtlich wissen auch Sie
nicht, wie es dann weitergehen soll. Wenn die UCK nicht
wirklich entwaffnet wird (Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Nicht vollständig!
Sie haben ja gerade angekündigt, dass das nicht passieren
wird, weil wirklich nur die freiwillig abgegebenen Waffen
entgegengenommen werden -, dann heißt das natürlich
im Klartext: Es bleibt eine stark bewaffnete UCK übrig,
die sich wiederum darauf verlassen kann, irgendwoher
Geld und Waffen zu bekommen; es wird weiter aufgerüstet und wir werden keinen Frieden in dieser Region bekommen.
Meine größte Sorge ist, dass wir jetzt einen Appell vorbringen, vielleicht auch eine Gesetzesänderung in Mazedonien erreichen, aber keinen wirklichen Frieden in dieser Region, schon gar nicht auf diesem Wege. Das geht
eben nicht, wenn man UNO und auch KSZE ausschaltet
und im Wesentlichen allein die NATO machen lässt.
({10})
Hier haben wir einfach einen prinzipiell anderen Ansatz;
das müssen Sie verstehen.
Ich will noch die Bitte an Sie richten, über Folgendes
nachzudenken. Die PKK empfindet sich auch als eine zur
Waffengewalt neigende Befreiungsbewegung. Die Botschaft, die wir heute an sie richten, lautet: Ihr müsst nur
stark genug sein; dann werdet ihr Verhandlungspartner,
dann beziehen wir euch ein und halten Konferenzen mit
euch ab. Solange ihr schwach seid, werdet ihr in Deutschland verboten; anderenfalls gibt es sogar Geld und ihr
werdet als Partner akzeptiert.
Die Maßstäbe müssen irgendwann wieder angeglichen
werden. Ich habe noch nie gehört, dass zu irgendeinem
Zeitpunkt - wenigstens nachdem der Sicherheitsrat die
Auflösung und Entwaffnung der UCK beschlossen hatte
und dies geltendes Völkerrecht war, hätte das geschehen
müssen - die Gewaltanwendung durch die UCK deutlich und scharf verurteilt worden wäre. Auch dass es nicht
gelungen ist, den Kosovo multi-ethnisch zu erhalten, weil
es der UCK gelungen ist, die überwiegende Zahl der
Roma und Serben aus dem Kosovo zu vertreiben, hätte
viel deutlichere Kritik finden müssen.
({11})
Deshalb sage ich Ihnen: Wir gehen davon aus, dass endlich Politik, Wirtschaft und soziale Wohlfahrt an die Stelle
von militärischen Lösungen treten müssen und die indirekte und direkte Unterstützung der UCK aufhören müssen, wenn man Frieden in dieser Region schaffen will.
({12})
Ich erteile Bundeskanzler Gerhard Schröder das Wort.
Gerhard Schröder, Bundeskanzler ({0}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin heute nicht an Polemik interessiert.
({1})
Deswegen, Herr Westerwelle, will ich nicht nachzeichnen, wie sich der Entscheidungsprozess gestaltet hat, von
dem Sie gesprochen haben.
Ich bin und war immer an einem Ergebnis interessiert.
Das Ergebnis, an dem ich immer interessiert war, ist eine
möglichst breite Mehrheit im gesamten Deutschen
Bundestag für diesen Einsatz. Das war mein Interesse.
Ich denke, dass dieses Interesse verständlich ist. Wie es
aussieht, wird dieses Ergebnis auch erreicht werden. Deshalb interessieren mich die unterschiedlichen Beiträge zu
diesem Ergebnis nur nachrangig. Sie sind unterschiedlich,
aber sie müssen nicht Gegenstand unserer Diskussion
sein, weil das Ergebnis, das erzielt werden wird, stimmt.
Das liegt im Interesse der Soldaten, die einen schwierigen
Einsatz vor sich haben, wofür sie die Unterstützung des
gesamten Hauses brauchen und im Übrigen - da bin ich
mir ganz sicher - auch wollen.
({2})
Sehr viele Menschen in Deutschland, weit über den
Kreis derjenigen hinaus, die hier versammelt sind und die
sich zu Recht für Fachfrauen und Fachmänner halten können, stellen sich ein paar wesentliche Fragen, zunächst
folgende: Was tut ihr eigentlich auf dem Balkan? Was
wollt ihr da? Diese Fragen stellen sich zumal ältere Menschen, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt und Erinnerungen daran haben, anders als ich und andere meines Alters sowie diejenigen, die jünger sind.
({3})
Sie fragen: Was tut ihr da? Auf diese Frage müssen wir ihnen eine Antwort geben. Wir müssen ihnen sagen: Wir
sind dort, weil wir als Deutsche daran interessiert sind,
dass in dieser Region Europas Stabilität herrscht. Stabilität heißt, dass es eine Chance für Frieden und Wohlfahrt der Menschen in dieser Region gibt.
Es ist mir wichtig, dass das klar wird. Die Deutschen
sind auf dem Balkan, weil sie ein eigenes nationales Interesse an der Stabilität in der Region haben;
({4})
denn Instabilität in der Region bedroht uns vielleicht nicht
unmittelbar und gegenwärtig, aber potenziell schon. Deswegen ist es so wichtig, dass wir den Menschen, die sich
nicht jeden Tag mit Politik beschäftigen können und wollen, klarmachen, dass es ein nationales Interesse
Deutschlands an der Stabilität in dieser Region gibt.
({5})
Das bedeutet zugleich, dass Investitionen für den Frieden, aber auch der Einsatz, um den es hier geht, keineswegs nur den Interessen der Mazedonier und der Menschen in der Region, sondern auch uns selbst dienen.
Leisteten wir diese Investitionen nicht, würde das früher
oder später sowohl politisch, aber - angesichts der Verflochtenheit Europas - mit Sicherheit auch ökonomisch
auf Deutschland zurückwirken, und zwar negativ.
Die zweite Frage, die gestellt wird, ist: Warum dauert
die Herstellung vernünftiger politischer und ökonomischer Strukturen so lange? Ich glaube, das fragen sich
ganz viele Leute. Die Antwort darauf findet man vielleicht
dann, wenn man sich - ganz kurz nur - mit jener Stabilität
beschäftigt, die vor dem Zerfall Gesamtjugoslawiens dort
herrschte. Wenn man sich die Geschichte anschaut, erkennt man, dass es sich dort zu großen Teilen zunächst um
eine Scheinstabilität handelte, die feudalistisch-autoritär
garantiert war, und später um eine Scheinstabilität, die
- jedenfalls nach unseren Wertmaßstäben -, diktatorisch
hergestellt war.
({6})
Jetzt geht es auf dem Balkan darum, politisch und ökonomisch eine Stabilität herzustellen, die demokratisch organisiert ist.
({7})
Der Blick in die Geschichte, auch Westeuropas, unsere
eigene - von Mittel- und Osteuropa will ich in diesem Zusammenhang erst gar nicht reden -, müsste einem klarmachen - und einen ein bisschen bescheiden werden
lassen -, dass es auch bei uns verdammt lange gedauert
hat, bis wir die demokratisch organisierte Stabilität als einen Normalfall unseres Zusammenlebens hergestellt hatten.
({8})
Die Menschen werden sich fragen, was der Unterschied zwischen dem ist, was vorher auf dem Balkan getan werden musste, und dem, was jetzt in Mazedonien
möglich und notwendig ist. Der Unterschied ist: Damals
ging es - ich will es so ausdrücken - um die Beseitigung
der Diktatur von Milosevic, also jener Stabilität, die diktatorisch hergestellt wurde, und den Neuaufbau demokratisch legitimierter Stabilität. In Mazedonien - das müssen
sich all diejenigen sagen, die Schwierigkeiten mit der Zustimmung haben - müssen wir nicht abwarten, bis wir neu
anfangen können. In Mazedonien gibt es noch - so muss
man sagen - die Chance, dass die Stabilität, die demokratisch organisiert ist und die einzig dort - ich sehe jetzt von
Serbien, das einen Neuanfang macht, ab - noch existiert,
bewahrt und entwickelt wird. Das ist der positive Unterschied, und zwar sowohl in Bezug auf das, was von uns
verlangt wird, als auch bezüglich dessen, was wir leisten
können.
Damit bin ich bei dem nächsten Punkt, den ich erklären möchte: Wir dürfen nicht warten, bis wir wieder dort
angelangt sind, wo es um einen Neuanfang demokratisch
organisierter Stabilität geht. Wir haben jetzt noch eine
Chance - auch ich weiß nicht, ob wir sie realisieren können; es hängt ja nicht allein von uns ab -, das vermeiden
zu helfen, was wir sonst in absehbarer Zeit tun müssten,
wenn das schief gehen sollte, was nach meiner Meinung
nicht schief gehen darf.
({9})
Das Bewahren und Entwickeln jener demokratisch organisierten Stabilität ist keineswegs vor allem eine militärische Aufgabe, weswegen - das ist wichtig - der militärische Teil nur ein Ausschnitt von dem ist, was wir dort
zu tun haben. Er ist - wenn ich das so sagen darf - eine
notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung.
Wenn man politische Stabilität will, muss das weitergeführt werden, was hier als politische Lösung von allen angedeutet wird. Ich werde dazu noch ein paar Bemerkungen machen.
Die nächste Frage - mit der sich weniger die Menschen
draußen befasst haben, mit der man sich aber zu Recht
hier im Parlament beschäftigt hat - betrifft die Reichweite
des Mandats. Dabei geht es nicht darum, dass die
Bundesregierung sich nicht ein anderes, ein zeitlich anders gestaltetes, ein anders ausgestattetes Mandat hätte
vorstellen können;
({10})
ich sage gleich etwas zu der Frage „robust oder nicht robust“. Vielmehr geht es einzig um die Frage: Welches
Mandat konnte man überhaupt bekommen? Wenn man
voraussetzte, dass dieses Mandat auf der Bitte des demokratisch gewählten Präsidenten einerseits und der Zustimmung der Konfliktparteien andererseits zu basieren
hatte, wenn das eine der notwendigen Bedingungen des
Mandats war, dann ist das, was erreichbar war, auch erreicht worden.
({11})
Im Übrigen war bei den Partnern selber der Wille zu einem anderen Mandat nicht vorhanden, weswegen in ihm
lediglich von hinreichenden Fähigkeiten zum Schutz der
eigenen Soldaten, aber auch von hinreichenden Fähigkeiten zur Nothilfe die Rede ist. Diese Fähigkeiten sind
vorhanden. Darauf kann sich jeder verlassen. Zum anderen müssen im Fall des Scheiterns der politischen Voraussetzungen des Mandats hinreichende Fähigkeiten zu einem Rückzug gegeben sein, wie SACEUR gesagt hat.
Beides ist erfüllt.
Deswegen führt es niemanden weiter, wenn wir jetzt
darüber diskutieren, ob man ein anderes Mandat gebraucht hätte. Es war kein anderes zu bekommen. Im
Übrigen verbinden diejenigen, die das fordern, mit dem
Begriff „robust“ wohl etwas, was sie in anderen Zusammenhängen häufig abgelehnt haben. Das kann man nicht
bestreiten. Man muss schon bei der Linie bleiben, die man
sich selber vorgestellt hat, wenn man ernst genommen
werden will.
({12})
Ich will auch auf das eingehen, was Herr Gysi gesagt
hat. Jetzt gestatte ich mir doch eine kleine Polemik. Bei
seinen juristischen Erörterungen hatte ich wirklich das
Gefühl, er glaube noch immer, dass die Weltgeschichte
ein Amtsgericht sei.
({13})
Aber, Herr Gysi, das ist wirklich nicht so. Das werden
auch Sie noch merken. Was war nämlich mit dem
VN-Mandat? Es geht um die Bitte eines demokratisch
gewählten Präsidenten und die Zustimmung der Konfliktparteien. Beides war vorhanden. Deswegen brauchte man kein Mandat der Art, wie Sie es haben wollen.
({14})
Im Gegenteil, die Partner, diejenigen, die im Sicherheitsrat und in den VN mehr als wir zu sagen haben, haben sehr
deutlich gemacht, dass sie es als einen Präzedenzfall ansehen würden, wenn man angesichts der klaren Situation
- Bitte des Präsidenten und Zustimmung der Konfliktparteien - auf einem VN-Sicherheitsrats-Mandat bestehen
würde. Diesen Unterschied dürfen Sie wirklich nicht juristisch wegzudiskutieren versuchen.
({15})
- Lassen Sie mich einmal zu Ende reden. - Es geht dabei
um eine politische Frage. Deswegen ist die Zustimmung
des Sicherheitsrates mit der Aufforderung an die NATO,
das, was die Vermittler vereinbart haben, umsetzen zu helfen, nun wirklich alles, was man in dieser historischen SiBundeskanzler Gerhard Schröder
tuation sinnvollerweise von der UNO fordern und von ihr
erwarten kann. Diese Erwartung wurde auch erfüllt.
({16})
Ihnen, Herr Westerwelle, der Sie die Rolle Deutschlands innerhalb der Partner sehr stark herausgestrichen
haben, und anderen, die kritisch über das diskutiert haben,
was man in diesen wie auch in anderen Fragen noch in alleiniger nationaler Verantwortung nicht nur tun will, sondern auch tun kann - ich habe in der letzten Zeit kräftig
mitdiskutieren müssen -, möchte ich Folgendes sagen:
Wir müssen in dem Maße, wie wir daran arbeiten, dass es
eine europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
gibt, auch bereit sein, zu akzeptieren, dass man nicht auf
der einen Seite mehr Integration und auf der anderen Seite
weniger partnerschaftliches Verhalten fordern kann. Das
geht nicht, meine Damen und Herren.
({17})
Gerade wenn von Deutschland im Bereich der Europapolitik verlangt wird - das unterstreichen wir -, Motor europäischer Integration nicht nur auf ökonomischem, sozialem und ökologischem, sondern auch auf außen- und
verteidigungspolitischem Gebiet zu sein, dann hat das
Konsequenzen für das, was man in eigener nationaler Verantwortung noch tun und wollen darf.
({18})
- Das heißt nicht, dass wir uns „verstecken“. Das ist die
logische Konsequenz der weiteren Integration Europas
und nichts anderes.
({19})
Man kann, um das mit einem englischen Sprichwort zu
sagen, den Kuchen nicht haben wollen und ihn zugleich
essen. So kam mir die Bemerkung vor. Das wird nicht
funktionieren.
Ich will abschließend sagen: Die Aufforderungen all
derjenigen, die an die Adresse der Bundesregierung gerichtet gesagt haben, sie müsse mehr für den politischen
Prozess der Stabilisierung der Region tun, sind ungerechtfertigt. Es war vor allem der Bundesaußenminister,
der während der Auseinandersetzung mit Serbien und
während der Auseinandersetzung mit Milosevic als Erster und lange Zeit als Einziger die Idee des Stabilitätspaktes den Partnern nahe gebracht und schließlich
auch durchgesetzt hat. Dieser Stabilitätspakt ist zu
Recht mit dem Namen des Bundesaußenministers verbunden.
({20})
Seine Weiterführung, für die ich plädiere, wird nicht
das Ergebnis nur einer nationalen, einer deutschen Anstrengung sein. Ich muss darauf hinweisen: Dieser Stabilitätspakt ist noch nicht einmal von Europa alleine veranstaltet worden und wird es auch in Zukunft nicht. Beim
Stabilitätspakt sind auch andere Länder, von Amerika bis
Japan, beteiligt. Die Bundesregierung wird sich aber auch
künftig massiv dafür einsetzen, diesen politischen Prozess
weiterzuführen.
Ich komme zu Ihrer Forderung nach einer Konferenz
für Sicherheit und Zusammenarbeit. Die Bundesregierung
hat mit einer solchen Konferenz weniger ein Problem. Ich
bitte Sie aber zu verstehen, dass es den einen oder anderen
Partner gibt, der die europäische Geschichte nicht völlig
aus dem Gedächtnis verloren hat; das muss ich nicht näher
ausführen. Diese Partnerländer sind deswegen bei dieser
Frage zurückhaltender als wir; denn sie fürchten vielleicht,
dass wir unsere enorme wirtschaftliche Stärke und den Bedeutungszuwachs, den wir durch die Einheit in der Außenund Sicherheitspolitik ohne Zweifel bekommen haben,
nicht eingebunden in die europäische Partnerschaft nutzen
könnten. Es liegt zwar jedem in diesem Hohen Hause fern:
Aber es gibt Befürchtungen, dass die historischen und gegenwärtigen Empfindsamkeiten unserer Partner nicht richtig bedacht werden. Das ist die Aufgabe, die wir haben und
die wir auch sehen.
Was bleibt mir? - Mir bleibt, Sie zu bitten - gleichgültig welcher Fraktion dieses Hohen Hauses Sie angehören
- zuzustimmen. Ich glaube, dass man dies wirklich guten
Gewissens tun kann, auch wenn der eine oder andere
meint, militärischen Missionen gegenüber prinzipiell gegnerisch eingestellt zu sein. Hier kann man aus einem
Grund zustimmen: Es geht wirklich darum, Mazedonien,
einem Land, das zurzeit noch über demokratische Strukturen verfügt, dabei zu helfen, diese zu erhalten und entwickeln zu können. Dieser Aufgabe sollte sich niemand
entziehen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({21})
Ich erteile dem Kollegen Friedrich Merz, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler,
Sie haben mit großem Nachdruck und fast schon beeindruckend
({0})
auf die große gesamteuropäische Bedeutung dieses Engagements in Mazedonien hingewiesen. Wir teilen die
Bewertung. Offen geblieben ist für mich allerdings der
deutsche Anteil, den Sie daran haben, eine überzeugende
politische Konzeption für Südosteuropa zu formulieren.
Das ist bei dem, was Sie vorgetragen haben, im Dunkeln
geblieben.
({1})
Auch wir sagen: Es ist sicherlich grundsätzlich richtig
und nachhaltig zu begrüßen, dass die Europäische Union
und die NATO die Chance zum Frieden in Mazedonien
sehen und mithelfen wollen, einen weiteren Bürgerkrieg
auf dem Balkan zu verhindern; einen Bürgerkrieg, der
Bundeskanzler Gerhard Schröder
ganz ohne Zweifel unabsehbare Auswirkungen und Folgen für die Stabilität nicht nur in der Region, sondern in
ganz Europa hätte. Von besonderem Wert ist dabei ohne
Zweifel, dass die NATO und die Europäische Union erstmals gemeinsam ein Friedenskonzept schlüssig entwickelt und bis heute verwirklicht haben. Bis heute
konnte der Bürgerkrieg in Mazedonien dank des Einsatzes der Europäischen Union und der NATO vermieden
werden.
Die Bundesregierung aber hat einem NATO-Mandat
zugestimmt, das sie selbst ganz offensichtlich nicht für
glaubwürdig hält. Kaum jemand in der NATO, geschweige denn die Konfliktparteien in Mazedonien selbst,
glauben wirklich, dass mit der Operation, die jetzt beginnt, die Rebellen dauerhaft entwaffnet werden. Für die
Rebellen wird es auch nach den 30 Tagen aller Voraussicht nach militärische Optionen geben.
Wir hoffen deshalb, dass wir nicht schon in wenigen
Tagen oder Wochen die Frage stellen müssen, was angesichts einer Verschärfung und einem möglichen Zusammenbruch des Friedensprozesses zu tun ist. Die Devise - Sie vermitteln sie mit dem, was Sie der Öffentlichkeit
sagen -, die Soldaten im Zweifel abzuziehen, wird dann
vermutlich niemand ernsthaft vorschlagen können. Der
Schaden für das Bündnis wäre nicht wieder gutzumachen.
Die Signalwirkung für Bosnien und den Kosovo wäre
verheerend.
({2})
Nun wissen wir alle, dass der Deutsche Bundestag ein
von der NATO beschlossenes Mandat nicht nachträglich
abändern kann. Gerade deshalb hätten wir erwartet, dass
die Bundesregierung ihr Gewicht in der NATO nutzt, um
ein besseres Mandat zu erreichen. Es ist nämlich eine
Frage der außen- und sicherheitspolitischen Führungsfähigkeit, ob ein Land von der Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland in der Lage ist, die eigenen Bedenken
nicht nur zu Hause zu formulieren, sondern auch die
Gründe für die Bedenken im Bündnis von vornherein zu
beseitigen.
({3})
Herr Bundeskanzler, die frühere unionsgeführte Bundesregierung hat diese Kraft immer wieder unter Beweis
gestellt. Sie hat Deutschlands Einfluss im Bündnis und in
der Europäischen Union - zum Teil gegen Ihren erbitterten Widerstand - nachhaltig gestärkt.
({4})
Es sind die alte Bundesregierung und unsere Bundestagsfraktion gewesen, die dafür gesorgt haben, dass solche
Auslandseinsätze der Bundeswehr überhaupt erst möglich
werden. Heute ist es nicht die Opposition, sondern es ist
die Politik der rot-grünen Bundesregierung, die die Zuverlässigkeit Deutschlands als Bündnispartner infrage
stellt.
({5})
Die Politik der rot-grünen Bundesregierung - das kam,
Herr Bundeskanzler, heute auch in Ihrem Beitrag zum
Ausdruck - ist voller Widersprüche. Ich will nur zwei
Beispiele nennen: Bei der informellen Truppenstellerkonferenz der NATO Mitte Juli, als es um die Frage ging, wer
welche Kontingente für das zu beschließende Mandat
stellt, hat die Bundesrepublik Deutschland bis zum Fristablauf nichts gemeldet. Zum selben Zeitpunkt haben Sie
in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ verkündet:
Deutschland darf nicht abseits stehen. - Warum machen
Sie so etwas? Markige Worte statt praktische Bündnissolidarität ist unseren Bündnispartnern nicht zu vermitteln.
({6})
Ich will ein zweites Beispiel nennen: Als das NATOKonzept gebilligt wurde, erhob die Bundesregierung zumindest keine Einwände. Wir wissen zwar nicht, was in
Brüssel besprochen worden ist; aber Einwände haben Sie
offenkundig nicht erhoben. Dafür haben Sie das Konzept
dann in Deutschland infrage gestellt. Sie sind es doch gewesen - es war schon ein bemerkenswertes Stück, das Sie
abgeliefert haben -, der nach der Formulierung des Mandates von der Notwendigkeit eines robusteren Mandates
gesprochen hat. Das war doch nicht die Opposition im
Deutschen Bundestag, sondern es waren Sie selbst, Herr
Bundeskanzler, der diese Notwendigkeit formuliert hat.
({7})
Auch Ihr Verteidigungsminister hat noch am 16. August - eine der wenigen politischen Aussagen, die man im
Sommer von ihm gehört hat - ein robusteres Mandat verlangt. Nun kann man ja darüber streiten, ob ein robusteres
Mandat notwendig gewesen wäre. Was ist eigentlich darunter zu verstehen? Wenn Sie hier sagen, ein robustes
Mandat sei jetzt in der Weise gegeben, dass die Truppen
die Fähigkeit haben, ohne fremde Hilfe den Rückzug anzutreten und sich selbst zu schützen, dann muss ich Ihnen
sagen: Das ist doch eine bare Selbstverständlichkeit, dass
man Truppen nur dann in den Einsatz schickt, wenn sie
sich selbst schützen können und die Kraft zum Rückzug
ohne fremde Hilfe besitzen.
({8})
Robuster wäre das Mandat vielleicht gewesen, wenn
ein unbegrenztes Nothilferecht auch für Dritte - das
heißt, nicht nur für Soldaten und für Hilfspersonen internationaler Hilfsorganisationen, sondern auch für betroffene Bürger an Ort und Stelle - bezüglich Übergriffen und
möglichen Massakern formuliert worden wäre.
({9})
Was Sie im Laufe des heutigen Tages in den Ausschüssen
versucht haben, bezüglich der Taschenkarten der deutschen Soldaten nachzuholen, ist doch offenkundig nicht
von dem gedeckt, was in der NATO beschlossen worden
ist und was die Einsatzgrundsätze und die Belehrungen
der Soldaten ausmachen.
({10})
Das wäre ein robusteres Mandat gewesen, Herr Bundeskanzler.
({11})
Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die
militärische Lösung des Problems sicherlich nur ein kleiner Ausschnitt aus dem ist, was politisch notwendig ist,
um eine dauerhafte Friedensordnung für den Balkan zu
formulieren. Herr Bundeskanzler und Herr Außenminister, Sie haben heute Morgen in Ihren Beiträgen zu Recht
von der Geberkonferenz gesprochen, die im September
beginnen muss. Wenn es aber so wichtig ist, dass es eine
Geberkonferenz gibt: Warum kürzen Sie dann im Haushalt der Bundesrepublik Deutschland den Entwicklungshilfeetat und warum kürzen Sie die Ausgaben für den Stabilitätspakt auf dem Balkan auf Null, sodass kein einziges
neues Projekt begonnen werden kann? Darüber haben wir
uns zwar nicht heute zu unterhalten; aber in den Haushaltsberatungen im September und im November wird es
eine Rolle spielen müssen, Herr Bundeskanzler.
({12})
Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Lösung
des Problems auf dem Balkan sicherlich nicht darin bestehen kann, Frieden nur mit Waffen zu schaffen.
Herr Bundeskanzler, wir begrüßen, dass Sie bereit
sind, mehr Mittel für die Bundeswehr zur Verfügung zu
stellen, als Sie ursprünglich vorhatten. Unser Ziel war von
Anfang an, mehr Sicherheit für unsere Soldaten zu erreichen und die bei der Bundeswehr bestehenden Ausrüstungsmängel wenigstens teilweise zu beseitigen. Statt
der von Ihnen und Ihrer Regierung zunächst geplanten
15 Millionen DM an reinen Stationierungs- und Aufenthaltskosten stehen jetzt zusätzlich 148 Millionen DM zur
kurzfristigen Verbesserung der Ausrüstung zur Verfügung.
({13})
- Entschuldigung, Sie selbst haben das doch heute im
Haushaltsausschuss mit beschlossen. Warum lachen Sie
darüber?
({14})
Wenn Sie das für unzureichend ansehen, dann machen Sie
Vorschläge für weitere Verbesserungen.
({15})
Was jetzt beschlossen worden ist, das ist doch eine wesentliche Verbesserung für die Soldaten der Bundeswehr.
Die Verbesserung beginnt sofort und nicht erst, wie geplant, im Jahr 2003 mit der für den Schutz der Soldaten
notwendigen Nachrüstung der Marder-Panzer mit Minenschutz. Wir wissen aber gleichzeitig: Die Finanz- und
Ausrüstungskrise der Bundeswehr ist damit nicht überwunden. Aber eines ist zusätzlich erreicht worden: Die
dramatische Unterfinanzierung der Bundeswehr - eines
ihrer großen Probleme -, die die Bundesregierung unter
Ihrer Führung, Herr Bundeskanzler, zu verantworten hat
und die dazu führt, dass sie sich im Bündnis zunehmend
sehr kritischen Fragen ausgesetzt sieht, ist mit der Diskussion in den vergangenen Wochen nachhaltig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit in Deutschland gerückt worden.
({16})
Herr Bundeskanzler, Ihre Zugeständnisse der letzten
Tage bestätigen, dass es Defizite bei der Ausstattung gibt,
die für Einsätze auf dem Balkan und für die Sicherheit unserer Soldaten von Bedeutung sind. Ganz konkret: Aufgrund der heutigen Bundeswehrstruktur und des personellen Bedarfs auf dem Balkan werden manche Einheiten
und einzelne Soldaten, anders als von Ihnen und Ihrer Regierung immer zugesagt, häufiger als alle zwei Jahre eingesetzt. Das betrifft Ärzte, Fernmeldetechniker, Pioniere
und Feldjäger, also etwa ein Viertel der dort stationierten
Kräfte.
Auch und gerade deshalb bleiben wir dabei: Immer
mehr Einsätze und immer weniger Geld - das passt nicht
zusammen, Herr Bundeskanzler. Wir brauchen eine
grundlegende Verbesserung der mittelfristigen Finanzplanung für die Bundeswehr. Nur so werden wir wirklich
wieder bündnis- und europafähig in dem Sinne, wie Sie es
auch in Ihrer Rede hier richtigerweise zum Ausdruck gebracht haben.
({17})
Nur so können wir unseren Soldaten und den zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr wieder bieten, worauf sie Anspruch haben, nämlich eine gesicherte Lebensplanung
und eine bestmögliche Ausbildung und Ausrüstung.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns die Entscheidung, die wir heute zu treffen haben und die wir in den
letzten Tagen und Wochen intensiv diskutiert haben,
wahrlich nicht leicht gemacht. Viel steht bei diesem Einsatz auf dem Spiel: zuerst die Sicherheit unserer Soldaten,
aber auch die Autorität und die Zukunft der Nordatlantischen Allianz genauso wie ein hoffnungsvoll begonnener Friedensprozess auf dem Balkan.
Es bleiben für uns schwerwiegende Bedenken. Gleichwohl haben wir unserer Fraktion empfohlen, heute dem
Einsatz der NATO und der Bundeswehr in Mazedonien
zuzustimmen. Es gehört zu der gerade von den Unionsparteien maßgeblich mitgeprägten Sicherheits- und Außenpolitik - ja, es gehört für uns zur Kultur der Politik in
unserem Land -, dass Einsätze der Bundeswehr, wenn
irgendwie möglich, von einer breiten, parteiübergreifenden Mehrheit im Deutschen Bundestag getragen werden.
({18})
Das ist für die Soldaten, die aufmerksam zuhören, was wir
heute zu debattieren haben, von großer Bedeutung. Das ist
aber auch für den Wert deutscher Außen- und Sicherheitspolitik von großer Bedeutung.
Durch die finanziellen Zugeständnisse der Bundesregierung sind für unsere Soldaten Sicherheitsrisiken jetzt
so weit wie möglich minimiert worden. Jetzt geht es um
die parlamentarische Rückendeckung für die Soldaten im
Einsatz. Wir können den Soldaten auch von dieser Stelle
aus guten Gewissens sagen, alles, was notwendig war, für
sie getan zu haben. Jetzt geht es um deutsche, nicht um
rot-grüne Solidarität im Bündnis.
({19})
Weil das so ist und weil wir auch in der Opposition Verantwortung für das Ansehen und die Handlungsfähigkeit
unseres Landes empfinden, kann die Mehrheit unserer
Fraktion dem Antrag der Bundesregierung heute - wenn
auch nicht ohne Vorbehalte und Bedenken - zustimmen.
Ich bedanke mich.
({20})
Ich erteile dem Kollegen Christian Sterzing, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber
Kollege Merz, es ist ganz sicher richtig, dass es für die
Soldaten in Mazedonien wichtig ist, zu wissen, dass eine
große Mehrheit in diesem Parlament hinter ihrem Einsatz
steht. Insofern wissen die Soldaten sicherlich zu würdigen, was sich in den letzten Tagen an Diskussionen und
Entscheidungen abgespielt hat und abspielen wird. In
gleicher Weise finden die Soldaten es aber unangemessen,
wenn diese Debatte in einer solchen Art und Weise parteipolitisch ausgenutzt und missbraucht wird. Ich glaube,
dass sie das sicher nicht als Unterstützung für ihren Auftrag empfinden werden.
({0})
Die Hoffnungen und die Sorgen, die uns bei dieser Entscheidung heute verbinden, kommen in den Meldungen
gerade der letzten Tage sehr deutlich zum Ausdruck.
Einerseits wurde gemeldet, 30 000 Flüchtlinge seien aus
dem Kosovo nach Mazedonien zurückgekehrt, es seien
UCK-Kämpfer aus Mazedonien an der Grenze zum
Kosovo festgenommen und entwaffnet worden und es
seien in den letzten Tagen die ersten Waffen eingesammelt
worden. Das alles gibt uns Hoffnung; das ist eine Entwicklung, die wir mit unserem heutigen Entschluss unterstützen wollen. Andererseits gibt es aber auch die Meldungen über den tragischen Tod eines britischen Soldaten
vorgestern oder über die noch immer ausstehende Einigung über die Anzahl der einzusammelnden Waffen.
Ich glaube, anhand dieser aktuellen Meldungen wird
sehr deutlich, welche Chancen und welche Risiken mit
dem eingeleiteten Prozess in diesem Land verbunden
sind. Gerade in diesem Gesamtbild müssen wir die heutige Entscheidung sehen. Es ist ein politisch fragiler Prozess, der noch keineswegs einen sicheren Erfolg garantieren kann. Es ist ein Prozess, in dem gerade der Einsatz der
NATO-Soldaten und damit der Bundeswehrsoldaten mit
Risiken verbunden ist. Nach den Gesprächen im Ausschuss und mit der militärischen Führung bin ich sicher,
dass alles getan worden ist, um unseren Soldaten die beste Ausrüstung mit auf den Weg zu geben.
Zum Thema „robustes Mandat“: Ich glaube, dass es
selbstverständlich ist - es hat vielleicht deshalb keinen Eingang in die Formulierung des Antragstextes gefunden -, dass die Soldaten nach Völkerrecht und nach
anderem internationalen Recht berechtigt sind, auch Zivilisten Nothilfe zu leisten. Das ist nicht nur rechtlich
möglich; das ist auch moralisch geboten. Es hat natürlich
einen besonderen Grund, warum diese besagte Formulierung in den Antrag hineingekommen ist. Sie bringt nämlich die besondere Verantwortung zum Ausdruck, die wir
auch gegenüber anderen internationalen Organisationen
und deren Vertreterinnen und Vertretern in der Region haben. Wir schicken nämlich unbewaffnete EU-Monitore
und OSZE-Angehörige nach Mazedonien. Die NATOSoldaten zu befähigen, Nothilfe zu leisten, ist daher sicherlich richtig und notwendig.
Es ist ein schwieriger Prozess. Wenn wir uns anschauen, worüber wir heute diskutieren und worüber wir
nachher entscheiden, dann stellen wir fest: Es ist ein ganz
kleiner Baustein in einem längerfristigen Prozess.
Was hat denn in den letzten Wochen in Mazedonien
stattgefunden? Was bedeutet dieses politische Rahmenabkommen? - Es bedeutet praktisch nichts anderes als eine
konstitutionelle Neugründung dieses Staates. Es geht
für Mazedonien darum, nicht mehr ein mazedonischer
Nationalstaat, sondern ein multi-ethnischer, ein multireligiöser Staat zu sein. Ein gewaltiger Schritt und ein völlig neuer Modus Vivendi für das innerethnische Zusammenleben! Dass dieser Prozess natürlich auch in
Mazedonien erhebliche Diskussionen auslöst, können wir
nur verstehen, wenn wir uns dieser grundlegenden Veränderung bewusst werden. Erinnern wir uns daran, welche
Schwierigkeiten wir hier in der Diskussion haben,
Deutschland als Einwanderungsland anzuerkennen! Das
ist gar nichts im Vergleich zu dem, was sich an politischer
Veränderung, an konstitutioneller Veränderung in diesem
Abkommen für den mazedonischen Staat nun abzeichnet.
({1})
Was die albanische Seite angeht, so müssen wir ganz
deutlich sehen: Mit dem Rahmenabkommen ist die Anerkennung des Gewaltmonopols des mazedonischen Staates ausgesprochen. Es ist der Verzicht auf territoriale
Veränderungen und auf eigenstaatliche Ambitionen erklärt, und es ist die Anerkennung von demokratischen
Verfahren im Rahmen einer multi-ethnischen und multireligiösen Gesellschaft erklärt. Durch die beiden Gemeinschaften in Mazedonien sind also gewaltige Schritte
getan worden. Sie haben einen Veränderungsprozess in
Gang gesetzt, in dem sie nun unsere Hilfe, die Hilfe der
internationalen Gemeinschaft, erbitten.
Es ist zu berücksichtigen, dass es in diesem komplizierten, sich über längere Zeit hinziehenden Umsetzungsprozess, der in dem Rahmenabkommen und seinen Annexen enthalten ist, nun zu einer internationalen
Unterstützung kommt. Sie ist notwendig; denn natürlich
ist das Verhältnis der beiden Gemeinschaften dort unten
noch immer von gegenseitigem Misstrauen getragen. Es
gibt auf beiden Seiten Extremisten. Es gibt die Nationalisten, die mit der politischen Lösung dieses Konflikts noch
nicht übereinstimmen. Im Rahmen dieses politischen
Prozesses ist der militärische Teil ein Baustein, für den
unsere Hilfe notwendig ist. Darüber entscheiden wir.
Da wir von den Beteiligten dort unten gebeten worden
sind, das zu tun, und da die internationale Gemeinschaft
in Form des Beschlusses der Präsidentschaft des UN-Sicherheitsrates ihre eindeutige Unterstützung erklärt hat,
können wir es moralisch und politisch nicht verantworten,
diese Unterstützung zu versagen.
({2})
Die Veränderungsprozesse sind vielfältig, auch was die
EU anbelangt. Bedenken wir, was an unterschiedlicher
Politik und an unterschiedlichen Interessen vor zehn Jahren von europäischen Staaten und anderen westlichen
Mächten auf dem Balkan betrieben bzw. verfolgt wurde,
welche Entwicklung in den letzten Jahren zu verzeichnen
war und welche Konvergenz es hinsichtlich der Anstrengungen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Gemeinschaft gegeben
hat. Die EU in einer Vermittler- und Katalysatorrolle das ist es doch, was wir uns seit Jahren als Rolle der EU
auch in anderen Konfliktregionen dieser Welt wünschen.
Es ist ein Lernprozess, ein Veränderungsprozess, auch
in der Zusammenarbeit der internationalen Organisationen eingetreten. EU, NATO, Europarat und OSZE arbeiten hier zusammen. Es sind nicht mehr sich blockierende,
sondern in diesem Prozess kooperierende Institutionen.
Insofern gilt es auch, diesen Veränderungsprozess zu würdigen, anzuerkennen und zu unterstützen.
Es ist ein präventiver Prozess; darauf wurde schon
deutlich hingewiesen. Niemand behauptet, dass der militärische Einsatz die politischen Probleme löst. Er ist ein
kleiner Teil, eine Prävention, um Schlimmeres zu verhindern. Er kommt spät, aber - so hoffen wir alle - nicht zu
spät. Insofern bringen wir mit dem Ja zu diesem Einsatz
auch unsere Unterstützung derjenigen Kräfte in der Region zum Ausdruck, die dialog- und verhandlungsbereit
sind. Diese sollten wir auf keinen Fall im Stich lassen.
Kollege Sterzing, Sie
haben Ihre Redezeit schon deutlich überschritten.
Schließlich machen wir mit unserer Unterstützung nicht
nur deutlich, dass wir bereit sind, unseren Anteil zu leisten. Wir haben auch eine Verpflichtung hinsichtlich des
mittel- und langfristigen Stabilisierungsprozesses. Wir
werden uns in den nächsten Wochen und Monaten sowohl
auf nationaler als auch auf internationaler Ebene daran erinnern lassen müssen, diese Verpflichtung, auch in der finanziellen und politischen Unterstützung des Stabilisierungsprozesses, deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Vielen Dank.
({0})
Ich erteile das Wort
dem Bundesminister Rudolf Scharping.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir sollten bei der Entscheidung, die wir treffen, zwei bittere, für die Menschen schreckliche und für leider viel zu
viele tödliche Erfahrungen nicht vergessen: Das Mandat
der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina war zu
schwach ausgestattet. UNPROFOR ist eigentlich gescheitert. Das hat viele Menschen das Leben gekostet. Die
verzweifelten Bemühungen der Verhandlung, der Diplomatie und der Prävention sind wegen Milosevic gescheitert. Dies hat ebenfalls militärisches Eingreifen erforderlich gemacht, aber auf einer ganz anderen Grundlage als
der Einsatz, über den wir heute sprechen. Denn heute
sprechen wir über einen präventiven Einsatz mit dem Ziel,
das Abrutschen Mazedoniens in den Bürgerkrieg zu verhindern.
({0})
In dieser Debatte ist von einigen über die Risiken
gesprochen worden, die in diesem Prozess stecken.
Tatsächlich sind sie völlig unübersehbar: die unveränderte
Neigung zu Gewalt, Nationalismen auf der slawo-mazedonischen Seite, terroristische Gewaltakte und die Zeit
selbst. Es ist unbestreitbar, dass es diese Risiken gibt. Eine
verantwortliche Abwägung aber wird nur gelingen, wenn
man diese Risiken in einer insgesamt sinnvollen und
chancenreichen Entwicklung gegen jene Risiken abwägt,
die eintreten können und mit einiger Sicherheit auch eintreten werden, wenn es nicht zu einem Engagement der internationalen Gemeinschaft oder zu einer deutschen Beteiligung käme.
Es ist ja leider ziemlich wahrscheinlich, dass Mazedonien dann in den Bürgerkrieg rutschen würde; es geht aber
um noch mehr: Wir müssen uns schon verantwortlich die
Fragen beantworten: Wer wird ermuntert, wenn es zu einem Bürgerkrieg kommt, und zwar nicht nur in Mazedonien, sondern auch in anderen Teilen Südosteuropas und
des Balkans? Welche Maßstäbe werden gesetzt? Was bedeutet das - der Bundesaußenminister hat darauf aufmerksam gemacht - für die gesamte Region und für die
dortigen Staaten?
Insofern, Herr Gysi, dreht sich die Frage genau um Folgendes: Es geht nicht darum, dass jemand nur genug Gewalt anwenden muss, um als Verhandlungspartner akzeptiert zu werden. Vielmehr muss die Gewalt jetzt gestoppt
werden, damit Entwicklungen, die wir eindämmen konnten - in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und andernorts -, nicht neuerlich aufbrechen und die dafür verantwortlichen Kräfte nicht neuerlich ermuntert werden.
({1})
Wenn man zu einer verantwortlichen Abwägung kommen möchte, muss man auch von den Chancen sprechen:
von dem Gesamtprozess, der stattgefunden hat und fortgesetzt werden soll, von dem Stabilitätspakt und von dem
Assoziierungs- und Stabilitätsabkommen zwischen der
Europäischen Union und Mazedonien, das diesem Land
eine Perspektive mit Blick auf die Europäische Union und
die europäische Zivilisation gibt. Man muss auch von den
Maßnahmen der Abrüstung, der Vertrauensbildung, der
Geberkonferenz und vielem anderen reden.
Ich will hier einfügen, dass die Bundesregierung den
Auftrag des Entschließungsantrages der Koalitionsfraktionen ernst nimmt, nicht nur, aber auch wegen des umfassenden Abrüstungskonzeptes für die gesamte Region
und wegen der Verpflichtung, wirksam gegen Waffenhandel in der gesamten Region vorzugehen.
In diesem Zusammenhang ist die Frage nach dem Mandat gestellt worden. Ich habe eine gewisse Schwierigkeit
mit der Wortwahl; denn wir reden hier eigentlich nicht
über ein Mandat in dem Sinne, wie es der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen oder der Deutsche Bundestag in anderen Fällen erteilen müsste, sondern über
eine Vereinbarung zwischen der mazedonischen Regierung und der NATO auf der Grundlage eines Rahmenabkommens zwischen den mazedonischen Parteien.
Das bedeutet aber, dass die Grenze der Handlungsmöglichkeiten der NATO nicht etwa durch guten oder
schlechten, durch ausgeprägten oder weniger ausgeprägten
Willen gezogen wird. Die Grenze der Handlungsmöglichkeiten der NATO wird gezogen durch den Brief des Präsidenten Trajkovski mit dem Hilfeersuchen vom 14. Juni
und durch das Abkommen, das zwischen der mazedonischen Regierung und der NATO in dieser Sache getroffen
worden ist. Das ist die eindeutige Grenze.
({2})
Jeder, der verlangt, man solle diese Grenze überschreiten,
verlangt eigentlich, die NATO möge Art. 51 der Charta
der Vereinten Nationen missachten. Das ist eine Argumentation, vor der ich nur warnen kann, erst recht vor einem solchen Verhalten.
Herr Kollege Rühe, Sie sagen, die NATO sei Schiedsrichter, aber mit einem Ziel, und das sei eine problematische Rolle. Ich halte Ihnen entgegen: Es ist richtig, die
NATO ist Schiedsrichter mit einem Ziel. Aber das ist nicht
etwa eine problematische, sondern die einzig mögliche
und übrigens auch eine gute Rolle, die die NATO wahrnehmen kann; denn dieses Ziel ist nicht ein Ziel der
NATO, sondern das Ziel der vier Parteien und der Regierung, die das Rahmenabkommen von Ohrid unterschrieben haben.
({3})
Nun noch eine kurze Bemerkung im Zusammenhang
mit der Ausrüstung und Ausbildung der Soldaten. Herr
Kollege Westerwelle, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu:
Es ist richtig, wenn Sie sagen, dass die Bundeswehr
unverzichtbarer Teil der Handlungsfähigkeit deutscher
Außen- und Sicherheitspolitik ist.
Herr Kollege
Scharping, Ihre angemeldete Redezeit ist überschritten.
({0})
Ich komme zum Ende, Herr Präsident. - Deswegen wird
das Erforderliche getan, um die Ausbildung und Ausrüstung der Soldaten entsprechend sicherzustellen. Ich
glaube aber, dass es ein Irrweg ist, zu meinen, die Diskussion über die konsequente und verzugslose Umsetzung der Beschlüsse der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Reform der Bundeswehr, die wir zu führen
haben, mit dieser Debatte verbinden zu müssen und auf
diese Weise, zu Teilen jedenfalls, ein innenpolitisches
oder parteitaktisches Interesse mit einer schwerwiegenden und wichtigen außenpolitischen Entscheidung, die
wir hier zu treffen haben, zu verküpfen.
({0})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Paul Breuer, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch vor wenigen Tagen habe ich in der
Öffentlichkeit erklärt, dass ich aus der damaligen Sicht
der Dinge dem Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien
nicht zustimmen könne.
({0})
Ich nehme es vorweg: Ich werde heute zustimmen und
möchte die Gelegenheit wahrnehmen, zu erklären, wie
mein Weg zu dieser Zustimmung ausgesehen hat.
Herr Kollege Struck, Sie haben in Ihrer Rede gesagt,
dass derjenige, der Interesse am Friedensprozess in Mazedonien habe, dem Mandat zustimmen müsse. Ich
hatte zum damaligen Zeitpunkt sicher genauso viel Interesse am Friedensprozess in Mazedonien wie diejenigen, die dem Mandat zustimmen wollten. Bei mir überwogen aber die Fragestellung, ob das Mandat ausreicht,
und die Befürchtung, dass aus diesem Einsatz in Mazedonien - wenn er danebengeht - der dritte große Balkaneinsatz der NATO und somit auch der Bundeswehr werden könnte. Wir alle haben die Hoffnung, dass es gut
geht. Aber niemand hier kann die Befürchtung von sich
weisen, dass daraus der dritte große Einsatz entstehen
kann.
Damit in Verbindung stand für mich die Fragestellung,
ob denn unsere Bundeswehr überhaupt in der Lage ist, einen solchen dritten großen Einsatz zu bestehen. Da bin ich
skeptisch, vor allen Dingen deshalb, weil für die Mehrheit
dieses Hauses - das hat sich auch in der Rede von Frau
Kollegin Müller gezeigt - die Vorsorge der Bundeswehr
für derartige Einsätze in meinen Augen nicht ernst genug
genommen wird.
({1})
Wie auch Sie, Herr Bundeskanzler, gesagt haben, ist
die Verantwortung Deutschlands in der Außen- und Sicherheitspolitik gewachsen. Parallel zu diesem Prozess
des Wachsens der deutschen Verantwortung muss die
Bundesregierung und muss die sie tragende Koalition
erkennen, dass die Voraussetzungen für die Bundeswehr
ebenso wachsen müssen. Vor wenigen Jahren war es auf
manchen Bänken hier im Deutschen Bundestag noch
verpönt, von einer überlegenen Ausrüstung der Bundeswehr zu reden. Ich sage heute: Die Bundeswehr
muss überlegen ausgerüstet sein, damit wir die Verantwortung gegenüber unseren Soldaten wahrnehmen können.
({2})
Ich bin meiner Fraktionsführung und der Parteiführung
dankbar, dass wir es erreicht haben, dass zumindest hinsichtlich der Ausrüstung der Einsatzkräfte für die nahe vor
uns liegende Zeit, also für die kommenden Jahre, eine
Verbesserung erzielt worden ist. Das ist für mich ein
Grund zu sagen: Ich stimme zu.
Es gibt für mich einen weiteren Grund. Die Tatsache,
dass die Bundeswehr schlecht ausgerüstet ist, schmälert
unseren Einfluss im Bündnis. Das ist so; das kann man
nicht wegdiskutieren.
({3})
Aber ich muss dagegenhalten, dass natürlich eine Nichtbeteiligung am Mazedonien-Einsatz - bei allen Bedenken, die ich habe - den deutschen Einfluss im Bündnis sicherlich nicht gesteigert hätte.
Es gibt eine weitere Überlegung, die ich für wichtig
halte. Unsere Soldaten haben mir gesagt: Es ist gut, dass
ihr für eine bessere finanzielle Ausstattung der Bundeswehr kämpft. Sie haben mir aber auch gesagt: Es wäre jedoch gut, wenn wir in der entscheidenden Sitzung im
Deutschen Bundestag, bei der Entscheidung heute, die
Unterstützung der Union für diesen Einsatz bekommen
würden.
Das alles zusammengenommen ist für mich die Begründung dafür, dass ich zwar nichts von meinen Befürchtungen und von meiner Skepsis zurücknehme dazu habe ich keinen Grund -, aber dennoch mit gutem
Gewissen zum heutigen Zeitpunkt - obwohl es mir
schwer fällt; das muss ich zugeben - diesem Einsatz der
Bundeswehr in Mazedonien zustimme. Ich stimme ihm
zu, weil ich hoffe, dass es gut geht. Ich finde aber auf
der anderen Seite, dass all diejenigen, die sich schwer
damit tun, bei dieser heutigen Entscheidung und bei der
damit verbundenen Debatte ernst genommen werden
müssen.
Herzlichen Dank.
({4})
Ich schließe die Aussprache.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich mitteilen, dass mir eine große Anzahl von Erklärungen zur
Abstimmung vorliegt. Es sind so viele, dass ich die Namen der Kolleginnen und Kollegen hier nicht verlese.
Man kann das im Protokoll nachlesen.
Wir kommen damit zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem
Antrag der Bundesregierung auf Drucksache 14/6835 zur
Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem
NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium
zum Einsammeln und Zerstören der Waffen, die durch die
ethnisch albanischen bewaffneten Gruppen freiwillig abgegeben werden. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag
auf Drucksache 14/6830 anzunehmen. Es ist namentliche
Abstimmung verlangt.
Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, bei der
Stimmabgabe sorgfältig darauf zu achten, dass die
Stimmkarten, die sie verwenden, den eigenen Namen tragen. Ich bitte nunmehr die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen.
Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die
Abstimmung.
Zwischendurch möchte ich mitteilen, dass wir im Anschluss an die namentliche Abstimmung über weitere Anträge abstimmen werden.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist offensichtlich
nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung
zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, wieder
Platz zu nehmen, damit wir mit den Abstimmungen fortfahren können.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt für den Entschließungsantrag auf Drucksache 14/6837? - Wer
stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU, FDP und PDS
angenommen.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Entschließungsanträge der Fraktion der CDU/CSU und der
Fraktion der FDP auf den Drucksachen 14/6839 und
14/6838 zur federführenden Beratung an den Auswärtigen
Ausschuss und zur Mitberatung an den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, den Ausschuss für Menschenrechte,
den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union und an den Haushaltsausschuss zu überweisen. Gibt
es dazu anderweitige Vorschläge? - Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bis zum Vorliegen
des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.
({0})
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung ist wieder
eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen
Ausschusses zum Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem NATOgeführten Einsatz bekannt: Abgegebene Stimmen 635.
Mit Ja haben gestimmt 497, mit Nein haben gestimmt
130, Enthaltungen 8.
Präsident Wolfgang Thierse
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 635;
davon
ja: 497
nein: 130
enthalten: 8
Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({0})
Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({1})
Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann ({2})
Bernhard Brinkmann
({3})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({4})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({5})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Peter Friedrich ({6})
Lilo Friedrich ({7})
Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({8})
Angelika Graf ({9})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack
({10})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller ({11})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({12})
Walter Hoffmann
({13})
Iris Hoffmann ({14})
Frank Hofmann ({15})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({16})
Johannes Kahrs
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({17})
Detlev von Larcher
Waltraud Lehn
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Erika Lotz
Dieter Maaß ({18})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({19})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({20})
Jutta Müller ({21})
Christian Müller ({22})
Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann ({23})
Gerhard Neumann ({24})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Dr. Edelbert Richter
Christel RiemannHanewinckel
Reinhold Robbe
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({25})
Birgit Roth ({26})
Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({27})
Ulla Schmidt ({28})
Silvia Schmidt ({29})
Dagmar Schmidt ({30})
Wilhelm Schmidt ({31})
Dr. Frank Schmidt
({32})
Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt ({33})
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({34})
Brigitte Schulte ({35})
Reinhard Schultz
({36})
Volkmar Schultz ({37})
Ewald Schurer
Dietmar Schütz ({38})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl ({39})
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Simone Violka
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
({40})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek ({41})
Helmut Wieczorek
({42})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese ({43})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer ({44})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
CDU/CSU
Ulrich Adam
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Norbert Blüm
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brudlewsky
Hartmut Büttner
({45})
Cajus Caesar
Peter H. Carstensen
({46})
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Renate Diemers
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({47})
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dr. Gerhard Friedrich
({48})
Dr. Hans-Peter Friedrich
({49})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Dr. Reinhard Göhner
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther ({50})
Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({51})
Hansgeorg Hauser
({52})
Ursula Heinen
Manfred Heise
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Hubert Hüppe
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({53})
Dr. Klaus W. Lippold
({54})
Wolfgang Lohmann
({55})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erwin Marschewski
({56})
Dr. Martin Mayer
({57})
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Bernward Müller ({58})
Elmar Müller ({59})
Bernd Neumann ({60})
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Rönsch
({61})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Adolf Roth ({62})
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Dr. Gerhard Scheu
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({63})
Andreas Schmidt ({64})
Hans Peter Schmitz
({65})
Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard Schütze ({66})
Clemens Schwalbe
Dr. Christian SchwarzSchilling
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Matthäus Strebl
Thomas Strobl ({67})
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß ({68})
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({69})
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann ({70})
Marieluise Beck ({71})
Volker Beck ({72})
Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer ({73})
Joseph Fischer ({74})
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Antje Hermenau
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Dr. Angelika Köster-Loßack
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller ({75})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({76})
Werner Schulz ({77})
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Helmut Wilhelm ({78})
Margareta Wolf ({79})
FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun
({80})
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Präsident Wolfgang Thierse
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Nein
SPD
Klaus Barthel ({81})
Peter Dreßen
Harald Friese
Konrad Gilges
Wolfgang Grotthaus
Christine Lehder
Götz-Peter Lohmann
({82})
Christa Lörcher
Dr. Christine Lucyga
Adolf Ostertag
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Hansjörg Schäfer
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Rüdiger Veit
Dr. Konstanze Wegner
Waltraud Wolff
({83})
CDU/CSU
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Hans-Dirk Bierling
Peter Bleser
Friedrich Bohl
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen
({84})
Georg Brunnhuber
Dankward Buwitt
Manfred Carstens ({85})
Leo Dautzenberg
Thomas Dörflinger
Maria Eichhorn
Axel E. Fischer
({86})
Herbert Frankenhauser
Georg Girisch
Gottfried Haschke
({87})
Klaus-Jürgen Hedrich
Siegfried Helias
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Irmgard Karwatzki
Rudolf Kraus
Dr. Karl A. Lamers
({88})
Eduard Lintner
Dr. Manfred Lischewski
Erich Maaß ({89})
Dr. Michael Meister
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Franz Obermeier
Norbert Otto ({90})
Marlies Pretzlaff
Hans Raidel
Christa Reichard ({91})
Klaus Riegert
Franz Romer
Kurt J. Rossmanith
Anita Schäfer
Karl-Heinz Scherhag
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({92})
Michael von Schmude
Gerhard Schulz
Heinz Seiffert
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Hans-Otto Wilhelm ({93})
Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer ({94})
Aribert Wolf
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Annelie Buntenbach
Winfried Hermann
Christian Simmert
Hans-Christian Ströbele
Sylvia Voß
FDP
Gisela Frick
Rainer Funke
Joachim Günther ({95})
Dr. Werner Hoyer
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({96})
PDS
Monika Balt
Dr. Dietmar Bartsch
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller ({97})
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Enthalten
CDU/CSU
Klaus Bühler ({98})
Helmut Heiderich
Susanne Jaffke
Bartholomäus Kalb
Gerald Weiß ({99})
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Steffi Lemke
Irmingard Schewe-Gerigk
FDP
Jürgen Türk
Präsident Wolfgang Thierse
Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen.
({100})
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Dienstag, den 11. September 2001,
11 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.