Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, guten Morgen!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf
Sie alle sehr herzlich zur konstituierenden Sitzung des
15. Deutschen Bundestages willkommen heißen. Es ist
parlamentarischer Brauch, dass der Älteste in der Versammlung die Leitung übernimmt, bis sich der Deutsche
Bundestag einen Präsidenten oder eine Präsidentin gewählt hat. So sieht es auch § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vor. Mein Geburtsdatum lautet: 20. Juli 1932. Ist jemand unter Ihnen, der mich
an Lebensjahren übertrifft?
({0})
- Das ist offenbar nicht der Fall. Als Alterspräsident ist
mir damit die Leitung der ersten Sitzung in der 15. Wahlperiode anvertraut.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten
Ich eröffne also die Sitzung und begrüße zunächst sehr
herzlich unseren verehrten Herrn Bundespräsidenten.
({1})
Wir freuen uns sehr, hochverehrter Herr Bundespräsident,
dass Sie an dieser Sitzung teilnehmen.
Weiterhin begrüße ich ebenso herzlich den Präsidenten
des Bundesverfassungsgerichts. Herzlich willkommen!
({2})
Ich freue mich, auch die früheren Präsidentinnen des
Deutschen Bundestages, Frau Annemarie Renger und
Frau Professor Rita Süssmuth, begrüßen zu dürfen.
({3})
Im Namen des Hauses heiße ich außerdem die Präsidenten der Republiken Guatemala, Honduras und
Nicaragua sowie die Vizepräsidentin der Republik Costa
Rica und den Vizepräsidenten der Republik Panama
herzlich willkommen.
({4})
Mein herzlicher Gruß gilt auch den Botschaftern und
Missionschefs zahlreicher Staaten unter uns. Herzlich
willkommen!
({5})
Meine Damen und Herren, bis zur Beschlussfassung
über die Geschäftsordnung, die sich der 15. Deutsche Bundestag nach der Wahl des Bundestagspräsidenten oder der
Bundestagspräsidentin geben wird, verfahren wir nach
den Regeln, die für den 14. Deutschen Bundestag gegolten haben.
Nach Absprache mit den Fraktionen benenne ich als
vorläufige Schriftführerinnen und Schriftführer die
folgenden Damen und Herren Abgeordneten: Ilse Aigner,
Hubert Deittert, Peter Dreßen, Hans-Josef Fell, Dr. HansPeter Friedrich ({6}), Hans-Joachim Fuchtel, Wolfgang
Grotthaus, Jelena Hoffmann ({7}), Jann-Peter
Janssen, Johannes Kahrs, Ulrich Kasparick, Helga KühnMengel, Ute Kumpf, Ina Lenke, Werner Lensing,
Gabriele Lösekrug-Möller, Gerhard Rübenkönig, Marlene
Rupprecht ({8}), Anita Schäfer ({9}),
Marita Sehn, Dr. Margrit Spielmann, Edeltraut Töpfer,
Jürgen Türk, Angelika Volquartz und Lydia Westrich.
Ich bitte die Abgeordneten Ute Kumpf und HansJoachim Fuchtel, jetzt neben mir Platz zu nehmen.
({10})
- Sie sind ja schneller als der Schall. So soll das im Deutschen Bundestag auch sein. Es ist schön, dass die erste Sitzung des 15. Deutschen Bundestages in dieser heiteren
Stimmung beginnt.
({11})
Meine sehr verehrten Damen und sehr geehrten Herren
Kollegen, bereits mit 70 Jahren als Alterspräsident zu
amtieren ist in der bisherigen Parlamentsgeschichte des
Deutschen Bundestages eher eine Seltenheit. Von Paul
Löbe über Konrad Adenauer bis hin zu allen anderen
waren alle älter als 70 Jahre, ehe ihnen die Ehre des Alterspräsidenten zuteil wurde. Nur Willy Brandt war 1983 acht
Monate jünger, als ich es heute bin, als er das Amt des
Alterspräsidenten übernahm. Das Amt des Alterspräsidenten blieb Willy Brandt dann freilich auch in den folgenden
Alterspräsident Otto Schily
beiden Legislaturperioden erhalten. Den Hinweis darauf
sollten Sie, was meine Lebensperspektiven angeht, aber
bitte nicht missverstehen.
({12})
Indessen sollten wir schon in Betracht ziehen, dass
auch die Generation der über 70-Jährigen - nicht zuletzt im Hinblick auf die deutlich veränderte Altersstruktur der Gesellschaft - ein Anrecht - wie ich finde: ein
selbstverständliches Anrecht - auf eine aktive Mitgestaltung der Politik geltend machen darf.
({13})
Waren 1950 gerade einmal 5,6 Prozent der Bevölkerung
in der westdeutschen Bundesrepublik 70 Jahre alt und älter, hat sich diese Zahl in der gesamtdeutschen Bundesrepublik inzwischen mit 11,6 Prozent mehr als verdoppelt.
Ich verstehe mich gewiss nicht als Sprecher der knapp
10 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Generation 70
plus.
({14})
Als Abgeordnete sind wir bekanntlich nicht einer bestimmten Bevölkerungsgruppe verpflichtet. So begrüßenswert und notwendig es aber ist, dass die jüngere Generation für die Mitwirkung an der Politik innerhalb und
außerhalb des Parlaments gewonnen wird, so wichtig und
unterstützenswert ist es zugleich, die ältere Generation
von dem aktiven politischen Leben nicht fern zu halten.
Meine Damen und Herren, der 15. Deutsche Bundestag ist der erste, der seine Arbeit im 21. Jahrhundert beginnt.
Die Erinnerung an die Schrecken und abgrundtiefen
Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts wird und darf
uns jedoch nicht entgleiten. Schuld vererbt sich nicht.
Aber Verantwortung bleibt bestehen und entsteht aufs
Neue.
({15})
Deutschland und Europa lagen in Trümmern, als Paul
Löbe 1949 zur Eröffnung des ersten Deutschen Bundestages die Hoffnung äußerte - ich zitiere -, „dass dieses
Deutschland ein aufrichtiges, von gutem Willen erfülltes
Glied eines geeinten Europas sein wird“. Nach 53 Jahren,
nach Überwindung der Teilung Deutschlands und der
Teilung Europas ist diese Hoffnung Wirklichkeit und
Deutschland ein unauflöslicher Teil des geeinten, friedlichen und demokratischen Europas geworden. Das ist ein
Grund zu tiefer Dankbarkeit gegenüber allen, die daran
mitgewirkt haben, und zugleich Aufruf und Verpflichtung, die Europäische Union im Zuge des Erweiterungsprozesses entschlossen auszubauen.
Wir nennen in den europäischen Verträgen die Europäische Union einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechtes. Darin ist inbegriffen, dass Europa nicht nur
ein gemeinsamer Wirtschafts- und Währungsraum, nicht
nur ein gemeinsamer Rechtsraum, nicht nur eine politische Struktur ist, sondern dass Europa - nach meiner
Überzeugung sogar zuallererst - ein gemeinsamer geistig-kultureller Raum ist, aus dem die Politik in vielfältiger
Weise ihre Antriebskräfte gewinnt. Es ist das Europa der
Aufklärung, das Europa der unveräußerlichen Menschenrechte, das Europa der geistigen Freiheit, das Europa der
christlich-jüdischen Traditionen, in dem aber inzwischen
alle Weltregionen zu Hause und ein willkommener Dialogpartner sind.
Es ist hoffentlich ebenso das Europa der geistig-kulturellen Erneuerung. Es ist das Europa aller Himmelsrichtungen. Es ist unsere Heimat Europa, das Europa der Vielfalt und der Weltoffenheit. Es ist das Europa der engen
und vertrauensvollen atlantischen Partnerschaft. Es ist
ebenso das Europa als Teilhaber der Weltgemeinschaft
mit allen Rechten und Pflichten. Deutsche Politik wird in
diesem Sinne künftig sehr eindeutig und in erheblich verstärktem Maße europäische Politik und damit auch Weltpolitik sein müssen. Das macht unsere Aufgaben in unseren jeweiligen Verantwortungsbereichen gewiss nicht
leichter.
Ohnehin wird sich niemand der Einsicht entziehen
können, dass wir uns am Beginn des neuen Jahrhunderts
Gefahren großer Dimensionen und neuen Risiken gegenübersehen. Eine dieser Gefahren ist die Bedrohung
durch den weltweiten islamistischen Terrorismus. Wie
ernst diese Bedrohung zu nehmen ist, beweist in furchtbarer Weise das vor wenigen Tagen verübte Sprengstoffverbrechen auf der Insel Bali, dem Hunderte von Menschen, in der Mehrzahl Jugendliche, zum Opfer fielen.
Auch wenn die Hintergründe dieses eiskalt geplanten,
teuflischen Massenmordes zurzeit nicht aufgeklärt sind,
spricht vieles dafür, dass die Urheber im Umkreis des
Terrornetzwerks al-Qaida zu suchen sind.
Ich spreche sicherlich im Namen des gesamten Deutschen Bundestages, wenn ich allen Angehörigen der Opfer, insbesondere in Australien, unsere tief empfundene Anteilnahme ausspreche. Zum Zeichen Ihrer Anteilnahme bitte ich Sie, sich für einen kurzen Augenblick von
Ihren Plätzen zu erheben.
({16})
- Ich danke Ihnen.
Sehr verehrte Damen und Herren, das Massaker von
Bali mahnt uns erneut, die internationale Zusammenarbeit
im Rahmen der weltweiten Koalition gegen den Terrorismus weiter zu verstärken und alles daranzusetzen, dass
diese Koalition nicht wieder auseinander fällt, sondern im
Gegenteil gefestigt wird und sich erweitert.
Wenn aber der Kampf gegen den internationalen
Terrorismus nicht ein aussichtsloser Kampf gegen eine
Hydra sein soll, dann muss er - ich habe das immer wieder betont - auch als offensive geistig-kulturelle Auseinandersetzung verstanden werden. Gegenüber einem
aggressiven, gotteslästerlichen, pseudoreligiösen Fanatismus werden wir uns in Europa und in der gesamten Welt
nur dann behaupten, wenn wir uns in unserer jeweiligen
geistig-seelischen Konstitution als Menschen erkennen
und auf diese Weise unsere Verantwortung in Freiheit annehmen. So wird jede und jeder von uns in sein Gewissen
gerufen, und zwar unabhängig von der Zugehörigkeit zu
irgendeiner politischen oder weltanschaulichen Gruppierung. Das stiftet in erster und in letzter Instanz den inneren Frieden und die innere Sicherheit, die selbst den teuflischsten Terrorismus bezwingen werden.
Die Erkenntnis der Entelechie des Menschen wird zum
Anerkenntnis der Würde des Mitmenschen. Daraus folgt
eine politische Kultur, die dem Konflikt nicht ausweicht,
aber dem Andersdenkenden den Respekt nicht verweigert.
({17})
Eine Kultur des Respekts und des demokratischen Dialogs kennt keine Feinde, sondern nur politische Gegner.
Eine Kultur des Respekts auf der Grundlage des demokratischen Rechtsstaats achtet ebenso darauf, dass auch
bei schärfstem politischen Streit die Institutionen des
Staates und der Gesellschaft keinen Schaden nehmen.
Lassen Sie mich in diesem Sinne zum Schluss einen
schlichten Satz des früheren Alterspräsidenten Konrad
Adenauer aufgreifen, der auch als Appell an den 15. Deutschen Bundestag geeignet ist:
Wir werden aller menschlichen Voraussicht nach
während der nächsten vier Jahre schweren Zeiten
entgegengehen. Ich hoffe und bin davon überzeugt,
dass sich dann alle Mitglieder dieses Hauses dieser
Gemeinsamkeit ihrer Verpflichtungen bewusst sind.
Ich hoffe und wünsche, dass wir alle die Gemeinsamkeit unserer Verpflichtungen nicht aus den Augen verlieren, der Versuchung zu einer destruktiven Politik widerstehen, die Fairness auch im politischen Alltag wahren,
den politischen Vorteil im Argument und nicht in der persönlichen Herabsetzung suchen und nicht zuletzt der
Maxime Goethes folgen werden, dass die Weisheit in der
Wahrheit und nirgendwo sonst zu finden ist.
Vielen Dank.
({18})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe jetzt
den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Wahl des Präsidenten, verbunden mit Namensaufruf und Feststellung der Beschlussfähigkeit
Ich bitte um Vorschläge zur Wahl. - Herr Kollege
Müntefering, bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als
Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion schlage ich Ihnen vor, den Kollegen Wolfgang Thierse zum Präsidenten
des 15. Deutschen Bundestages zu wählen.
({0})
Meine Damen und Herren, Sie haben den Vorschlag
gehört. Der Abgeordnete Wolfgang Thierse ist vorgeschlagen worden. Werden weitere Vorschläge gemacht? Das ist offenkundig nicht der Fall.
Ich bitte jetzt um Ihre Aufmerksamkeit für einige
Hinweise zum Wahlverfahren. Die Wahl findet mit verdeckten Stimmkarten, also geheim, statt. Gewählt ist, wer
die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält. Sie benötigen für die Wahl des Präsidenten
Ihren weißen Wahlausweis. Diesen und weitere Wahlausweise für die später durchzuführenden Wahlen der Vizepräsidenten können Sie, soweit noch nicht geschehen, den
Stimmkartenfächern in der Lobby entnehmen. Bitte kontrollieren Sie, ob die Wahlausweise Ihren Namen tragen.
Die für die Wahl des Präsidenten allein gültige weiße
Stimmkarte und den amtlichen Wahlumschlag erhalten
Sie nach Aufruf Ihres Namens von den Schriftführern an
den Ausgabetischen oben links und rechts neben den
Wahlkabinen.
Um einen reibungslosen Ablauf der Wahl zu gewährleisten, bitte ich Sie, sich von Ihren Plätzen aus über die
seitlichen Zugänge nach hinten zu den Ausgabetischen zu
begeben. Nachdem Sie die Stimmkarte in einer der Wahlkabinen gekennzeichnet und in den Wahlumschlag gelegt
haben, gehen Sie bitte zu den Wahlurnen am Stenografentisch. Sie dürfen Ihre Stimmkarte nur in der Wahlkabine ankreuzen und müssen ebenfalls noch in der
Wahlkabine die Stimmkarte in den Umschlag legen. Die
Schriftführer sind verpflichtet, jeden, der seine Stimmkarte außerhalb der Wahlkabine kennzeichnet oder in den
Umschlag legt, zurückzuweisen. Die Stimmabgabe kann
in einem solchen Fall jedoch vorschriftsmäßig wiederholt
werden.
Gültig sind nur Stimmkarten mit einem Kreuz bei „ja“,
„nein“ oder „enthalte mich“. Ungültig sind Stimmen auf
nicht amtlichen Stimmkarten sowie Stimmkarten, die
mehr als ein Kreuz, andere Namen oder Zusätze enthalten.
Bevor Sie die Stimmkarte in eine der am Stenografentisch aufgestellten Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte
Ihren Wahlausweis einem der Schriftführer an der Wahlurne. Die Abgabe des Wahlausweises dient als Nachweis
für die Beteiligung an dieser Wahl und ersetzt die Eintragung in die Anwesenheitsliste, soweit Sie sich nicht ohnehin schon eingetragen haben.
Ich bitte jetzt die eingeteilten Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Die beiden Schriftführer
neben mir werden nun Ihre Namen in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Ich bitte Sie, den Namensaufruf zu
verfolgen und sich rechtzeitig zur Entgegennahme der
Stimmkarte zu den Ausgabetischen vor den Wahlkabinen
zu begeben. Haben alle Schriftführer ihre Plätze eingenommen? - Das ist der Fall.
Ich eröffne die Wahl und bitte, mit dem Aufruf der
Namen zu beginnen.
({0})
Meine Damen und Herren, der Namensaufruf ist beendet.
Haben alle Mitglieder des Hauses, auch die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Stimmzettel abgegeben? - Das ist offensichtlich der Fall.
Alterspräsident Otto Schily
Alterspräsident Otto Schily
Ich schließe die Wahl und bitte die Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen. Zur Auszählung unterbreche
ich die Sitzung für etwa 15 bis 20 Minuten.
({1})
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist
wieder eröffnet.
Ich darf das Ergebnis der Wahl bekannt geben: Es wurden 596 Stimmen abgegeben. Damit ist zugleich die
Beschlussfähigkeit des 15. Deutschen Bundestages festgestellt. Von den abgegebenen Stimmen waren keine
Stimmen ungültig. Mit Ja haben 357 Abgeordnete gestimmt.
({0})
219 Abgeordnete stimmten mit Nein. 20 Abgeordnete
haben sich der Stimme enthalten.
Ich stelle fest, dass der Abgeordnete Wolfgang Thierse
die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Hauses erhalten hat. Er ist damit zum Präsidenten des Deutschen
Bundestages gewählt.
Ich frage Sie, Herr Kollege Thierse: Nehmen Sie die
Wahl an?
Herr Alterspräsident, ich nehme die Wahl an.
({0})
Herr Präsident Thierse, ich beglückwünsche Sie im Namen des ganzen Hauses. Herr Kollege Thierse, auch ich
persönlich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg für Ihr
verantwortungsvolles Amt.
Tagesordnungspunkt 3:
Amtsübernahme durch den Präsidenten
Ich darf Sie, Herr Präsident, bitten, das Amt zu
übernehmen.
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesmal erlaube ich mir, eine
kürzere Rede als vor vier Jahren zu halten.
({0})
Wir kennen uns ja. Der Alterspräsident Otto Schily hat
Wichtiges gesagt, das ich nicht wiederholen und schon
gar nicht übertreffen will und kann.
Ich möchte mich herzlich für das mit dieser Wahl ausgesprochene Vertrauen bedanken. Sie können sicher sein
- das sage ich mit Blick auf das ganze Haus -, dass ich
mich mit aller Kraft darum bemühen werde, die Interessen
jedes Abgeordneten zu schützen, zu wahren und zugleich
das Parlament als Ganzes nach außen hin würdig zu vertreten.
({1})
Ich hoffe, dass mir das gelingen wird, auch wenn wir,
wie ich in den vergangenen Tagen lesen konnte, an Bedeutung verloren haben. Da hieß es - ich zitiere -:
Der 15. Deutsche Bundestag ist nicht mehr das weltweit größte demokratisch gewählte Parlament. Diese
Rolle haben die 603 Abgeordneten an das britische
Unterhaus abgegeben. Das Mutterhaus der Parlamente zählt 659 Abgeordnete. Auch die italienische
Abgeordnetenkammer liegt mit 630 Mitgliedern
über dem deutschen Niveau.
({2})
Das war das Zitat, jetzt kommt der Kommentar dazu: Ich
bin mir sicher, dass wir diesen Rückfall auf Platz drei gut
verschmerzen werden. Natürlich gilt auch hier, dass Qualität vor Quantität rangiert,
({3})
und da ist mir für unsere künftige Arbeit nicht bange.
Vor allem aber, liebe Kolleginnen und Kollegen,
markiert dieser zahlenmäßige Rückgang in unserem Parlament etwas anderes: 13 Jahre nach dem Fall der Mauer
und zwölf Jahre nach der wieder errungenen staatlichen
Einheit sind wir Deutschen auf dem Weg zur inneren
Einheit ein ganzes Stück vorangekommen. Die Sondersituation des Zusammenfügens zweier Parlamente - des
Deutschen Bundestages und der ersten demokratisch gewählten Volkskammer - hat ihren eigentlichen Abschluss
gefunden.
Die innere Struktur des vereinten Deutschlands drückt
sich nun auch in der endgültigen Wahlkreiseinteilung
aus. Ich sage das gerade auch als Berliner Abgeordneter,
der ich aus einer Stadt komme, in der dies nicht ganz
einfach war. Im Ergebnis aber glaube ich, dass das Zusammenfügen von Teilen ehemaliger Ost- und Westwahlkreise zum Gelingen des weiteren Zusammenwachsens
beitragen wird.
Ein Stück Integration wird auch im Wahlergebnis
und in der Reduzierung der Zahl der Fraktionen im
15. Deutschen Bundestag sichtbar. Manche Unkenrufe
über einen angeblichen Zerfall der großen Volksparteien
haben sich ebenso als voreilig und falsch erwiesen wie die
Vorstellung - von manchen befürchtet, von manchen gar
erhofft -, es werde sich eine dauerhafte Teilung der Parteienlandschaft zwischen West und Ost etablieren. Das
Wahlergebnis deutet darauf hin, dass auch die Bandbreite
des politischen Spektrums auf die wichtigsten gesellschaftspolitischen Strömungen unseres Landes mit ihren
historischen Wurzeln bezogen und gegründet bleibt. Übrigens ist die Wahlbeteiligung mit fast 80 Prozent in der
Größenordnung geblieben, wie wir sie von Bundestagswahlen kennen, ganz entgegen den Erwartungen gewisser
Liebhaber von Krisen und Katastrophen.
Vor allem aber - das freut mich besonders - hat das
Wahlergebnis vom 22. September deutlich gemacht, dass
Politiker und Parteien, die mit rechtsextremistischen, ausländerfeindlichen und antisemitischen Parolen auf Stimmenjagd gehen, in Deutschland auch weiterhin keine
Chance haben.
({4})
Wir alle haben kurz vor der Wahl miterleben müssen,
welch unseliger Geist hier einziehen würde, hätten Politiker wie Herr Schill eine Chance bekommen. Die Wählerinnen und Wähler und wir alle gemeinsam haben das
zum Glück verhindert.
({5})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich auf meine
erste Amtszeit als Präsident dieses Hauses schaue, dann
fallen mir natürlich auch die Aufgaben ein, die den politischen Alltag nicht gerade versüßen. Darauf muss ich zu
sprechen kommen. Ich hätte mir wahrlich eine Amtszeit
gewünscht, in der ich weniger in meiner Funktion als
„mittelverwaltende Behörde“, wie es in schönem Amtsdeutsch heißt, hätte tätig werden müssen. Ich habe deshalb im Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden des
letzten Bundestages die Frage aufgeworfen, ob der Bundestagspräsident wirklich weiter der Hüter des Parteiengesetzes bleiben sollte. Man war der Auffassung, dass es
bei dieser Regelung bleiben solle. Sie wurde also bei der
Gesetzesnovellierung nicht verändert.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das so ist,
dann konnte und dann kann ich Ihnen und Ihren Parteien
weiterhin gewisse unbequeme Entscheidungen nicht ersparen, wenn es um nicht deklarierte Spenden oder
schwarze Kassen geht. Ich sage das ausdrücklich auch mit
Blick auf meine eigene Partei. Es war nicht nur die größte
Oppositionspartei, die über die eine oder andere meiner
Entscheidungen nicht ganz begeistert war.
Natürlich war hierbei jeweils über Vorgänge zu entscheiden, die nicht nur Parteien betrafen, sondern auch für
sie handelnde Personen, in dem einen oder anderen Fall
auch Parlamentarier. Sicher aber ist eines: In allen diesen
Fällen ist das Ansehen der Politik insgesamt und damit
unweigerlich auch das des Parlaments berührt. Ich bleibe
bei dem, was ich in den vergangenen Wochen und Monaten aus anderen Anlässen wiederholt gesagt habe: Wir
Politiker sind normale Menschen und sollten nicht mit
ganz anderen, ganz besonderen Maßstäben gemessen
werden. Aber eines gilt schon: Wir haben uns wie jeder
und jede an die Gesetze und Regeln zu halten, insbesondere solche, die wir für uns selbst vereinbart haben.
({6})
Nur darin, aber darin unbedingt, müssen wir Vorbild
sein: bei der Einhaltung jener Regeln und Gesetze, auf
denen unsere rechtsstaatliche Demokratie ruht, sonst beschädigen wir das Vertrauen in sie.
({7})
Ich will hoffen - ich denke, wir hoffen gemeinsam -,
dass die Tätigkeit des Bundestagspräsidenten in dieser Periode mehr dem Parlament und weniger dem Parteiengesetz gelten wird. Es gehört keine prophetische Gabe
dazu, zu prognostizieren, dass auch dem 15. Deutschen
Bundestag der Anlass zum Streit nicht ausgehen wird.
Nicht nur das Parlament ist kleiner geworden. Dasselbe
gilt für die parlamentarische Mehrheit. Ich muss Sie nicht
an beispielhafte Debatten der abgelaufenen Periode erinnern, um die Vorstellungskraft dafür zu schärfen, dass es
auch künftig im Parlament heftig, ja manchmal auch turbulent zugehen kann und wird.
Ich sehe meine Aufgabe auch weiterhin darin, dabei
mitzuhelfen, dass der leidenschaftliche, aber faire Streit
über die politische Zukunft unseres Landes hier in diesem
Saal, im Reichstagsgebäude, im Parlament ausgetragen
wird. Machen wir uns doch nichts vor. In den Feuilletons
wird seit Jahren - im Übrigen unter gelegentlicher Beteiligung von Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses - darüber geklagt, dass die eigentlichen Fragen nicht mehr im
Parlament debattiert, geschweige denn entschieden würden. Die Debatten, so heißt es da, seien doch längst in die
Talkshows abgewandert und die Entscheidungen würden
in der Exekutive oder in parlamentsfernen Expertenkommissionen getroffen. Ich habe mich dieser Betrachtungsweise immer vehement widersetzt, ohne dabei gefährliche
Tendenzen in diese Richtungen leugnen zu wollen.
({8})
Der Bundestag bleibt der eigentliche Ort der demokratischen Auseinandersetzung. Hier findet der Ernstfall der
Entscheidung statt. Das hat gerade die vergangene Wahlperiode gezeigt. Es sind eben keine unterhaltsamen Mediendiskussionen und Talkshows, die die Verantwortung
für Kampfeinsätze unserer Soldaten übernehmen oder die
in tief gehenden ethischen Fragen wie dem Umgang mit
Gentechnik, Stammzellenimport oder Organtransplantationen die Entscheidungen treffen.
In diesen Tagen und Wochen wird zudem deutlich, wo
das Grundgesetz den Bundestag aufgestellt hat: in der
zentralen Position zwischen der in der Bundestagswahl
entscheidenden Bevölkerung und der handelnden, vom
Parlament kontrollierten Regierung. Die Wahl des Bundeskanzlers und die Vereidigung der Regierung, die vor
uns liegen, werden diesen Zusammenhang wieder allen
vor Augen führen.
Der Bundestag ist eben nicht nur eine debattierende
Versammlung, auf deren Meinungen es mal mehr, mal
Präsident Wolfgang Thierse
Präsident Wolfgang Thierse
weniger ankommt. Er regiert zwar nicht selbst, aber er
lässt regieren, und zwar entlang der von Ihnen beschlossenen Gesetze und Haushaltspläne, und er trägt die Verantwortung dafür, wie dieses Land regiert und verwaltet wird.
({9})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich heute einen
Wunsch äußern darf, dann ist das der, dass wir die knappe
Mehrheit in diesem Parlament als eine Chance zum produktiven Streit begreifen,
({10})
in dem es um etwas geht und in dem leidenschaftlich und
fair zugleich um die beste Lösung gerungen wird. Vielleicht sollten wir uns dabei eines von Jürgen Habermas
entwickelten Gedankens erinnern, nämlich des der „Einbeziehung des Anderen“. Wäre das nicht eine treffliche
Maxime für die parlamentarische Auseinandersetzung?
({11})
Die Einbeziehung der anderen Person, der anderen
Meinung und der anderen Idee sollte ein selbstverständliches Element unserer politischen Debatte sein. Dazu
gehört allerdings auch, liebe Kolleginnen und Kollegen,
dass die Rednerinnen und Redner hin und wieder das vorgefertigte Manuskript beiseite legen und auf die Auffassungen des Vorredners reagieren. Das wäre doch schön.
({12})
Ich möchte noch eine Empfehlung geben. Sie stammt
von Eugen Gerstenmaier, dem legendären Bundestagspräsidenten, der in seiner Eröffnungsrede 1957 die Aufforderung aussprach: „Wir sollten nicht möglichst viele, sondern möglichst gute Gesetze machen.“ Das bleibt gültig.
({13})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss meiner
Bemerkungen soll und muss der Dank stehen, zunächst an
unseren Alterspräsidenten, Herrn Abgeordneten Schily,
für seine Amtsführung und die an uns gerichteten Worte.
({14})
Mein besonderer Dank gilt verständlicherweise den
ausscheidenden Mitgliedern des Präsidiums der vergangenen Legislaturperiode, den Vizepräsidenten Petra
Bläss, Anke Fuchs und Rudolf Seiters, von denen uns
gerade die beiden Letztgenannten sehr lange in diesem
Hause begleitet haben. Ich werde ihre kollegiale Zusammenarbeit im Präsidium und sicherlich wir alle werden
ihre immer souveräne, humorvolle und gelegentlich strenge Sitzungsleitung vermissen.
({15})
Ich danke allen ausscheidenden Mitgliedern des Deutschen Bundestags für ihre engagierte, zum Teil jahrzehntelange Arbeit in unserem Parlament und für unsere Demokratie und ich wünsche ihnen allen auf ihren weiteren
Lebenswegen alles Gute.
({16})
Ich heiße zugleich die neuen Mitglieder des Bundestages sehr herzlich willkommen. Fürchten Sie sich nicht
vor den großen Fußstapfen, in die manche oder mancher
von Ihnen treten mag! Bereichern Sie dieses Haus mit
frischem Wind und der Unbekümmertheit, die Sie hoffentlich mitbringen!
Ich wünsche uns allen eine arbeitsreiche und zugleich
politisch spannende wie erfolgreiche 15. Wahlperiode.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({17})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir unsere Arbeit beginnen, darf ich Sie bitten, sich von Ihren Plätzen
zu erheben.
({18})
Wir gedenken heute des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Mischnick, der am 7. Oktober 2002
im Alter von 81 Jahren verstorben ist. Wolfgang Mischnick
wurde am 29. September 1921 in Dresden geboren. Bereits im Jahre 1945 trat er der gerade gegründeten Liberal-Demokratischen Partei in der sowjetischen Besatzungszone bei und übernahm noch im selben Jahr das Amt
des Jugendreferenten der LDP in Sachsen. Im Oktober
1947 wurde seine Wahl zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der LDP von der sowjetischen Besatzungsmacht nicht bestätigt. Schließlich wurde er als hauptamtlicher Mitarbeiter der LDP entlassen. Der aufrechte
Demokrat zog die Konsequenzen und floh im April 1948
zusammen mit seiner späteren Ehefrau nach Westberlin
und von dort nach Frankfurt am Main.
Auch in Hessen trat Mischnick der LDP, der späteren
FDP, bei, deren Politik er schon bald als Stadtverordneter
in Frankfurt, Mitglied des Hessischen Landtages und hessischer Landesvorsitzender gestaltete. Schon 1957 zog er
erstmals über die hessische Landesliste in den Deutschen
Bundestag ein, dem er dann bis 1994 angehörte und dessen Arbeit er während dieser Zeit maßgeblich mitgestaltete und beeinflusste. Während der gesamten Zeit seines
politischen Wirkens verstand er sich zugleich als Mittler
für die Menschen in seiner Heimatstadt Dresden und in
der DDR. Auch in den Zeiten des Kalten Krieges gehörte
Wolfgang Mischnick zu denen, die den Kontakt nicht abreißen lassen wollten und die das Ziel der Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit nie aus den Augen verloren.
Von 1961 bis 1963 Bundesminister für Vertriebene,
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte im letzten Kabinett
Adenauer, war Wolfgang Mischnick mehr als 20 Jahre,
von 1968 bis 1990, Vorsitzender der Fraktion der FDP, deren Geschicke er mit seiner ruhigen, zuverlässigen Art leitete. Niemand hat länger als er an der Spitze einer Bundestagsfraktion gestanden und damit in wechselvoller
Zeit eine wichtige Führungsaufgabe erfüllt. Seine politische und persönliche Aufrichtigkeit war es, die stets bei
allen im Hause über das politische Tagesgeschäft hinaus
auf großen Respekt stieß. Die Wiedervereinigung erlaubte
Wolfgang Mischnick, sich seinen persönlichen und politischen Traum zu erfüllen: 1990 zog er erneut in unser
Parlament ein, diesmal als Vertreter seiner Heimatstadt
Dresden im ersten gesamtdeutschen Bundestag.
1994 schied er nach 37 Jahren der Mitgliedschaft aus
dem Bundestag aus. Er war ein großer Parlamentarier, der
sich um unser Land verdient gemacht hat. Wir werden
Wolfgang Mischnick ein ehrendes Andenken bewahren.
Sie haben sich zu Ehren des Toten erhoben. Ich danke
Ihnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir zur Wahl
der Vizepräsidenten kommen, haben wir noch über die
Weitergeltung von Geschäftsordnungen und Richtlinien
abzustimmen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:
Beschlussfassung über die
- Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
- Gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuss nach Art. 77 des Grundgesetzes ({19})
- Geschäftsordnung für den Gemeinsamen
Ausschuss nach Art. 53 a des Grundgesetzes
- Geschäftsordnung für das Verfahren nach
Art. 115 d des Grundgesetzes
- Richtlinie zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für
das Ministerium für Staatssicherheit/Amt
für Nationale Sicherheit der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik vom
13. Dezember 1991
Es liegt ein Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/
CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP zur
Weitergeltung von Geschäftsordnungsrecht vor. Die Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau haben einen
Änderungsantrag eingebracht.
Wie mir mitgeteilt wurde, wird zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort gewünscht. - Ich erteile der Abgeordneten Gesine Lötzsch das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Präsident, ich möchte Ihnen zunächst einmal zu Ihrer Wahl
zum Präsidenten des Deutschen Bundestages herzlich
gratulieren. Sie werden aber Verständnis dafür haben,
dass ich Ihre Genugtuung über die Verringerung der Anzahl der Fraktionen nicht teile. Ich gehe auch davon aus,
dass sich die Anzahl in der nächsten Legislaturperiode
wieder ändern wird.
Ich habe in Berlin-Lichtenberg ein Direktmandat gewonnen. 56 978 Menschen haben mir ihre Erststimme
gegeben. Sie, Frau Merkel, haben auch ein Direktmandat
gewonnen. Sie wurden von 56 069 Menschen gewählt.
Das heißt: Sie haben nur unbedeutend weniger Stimmen
als ich bekommen, genau 909 Stimmen weniger als ich.
Da könnte man doch annehmen, dass wir im Bundestag
die gleichen Rechte bekommen würden. Dem ist aber leider nicht so.
Im Augenblick haben Petra Pau und ich weniger
Rechte als jeder andere Abgeordnete im Bundestag. Was
an Materialien und an Räumen aufzuteilen war, haben
die Fraktionen bereits untereinander aufgeteilt. Wir als
PDS-Abgeordnete sollen sehen, was übrig bleibt. Gestern
wurde mir schriftlich mitgeteilt, dass wir die Räume bekommen, die am weitesten vom Reichstag entfernt sind,
sozusagen die Besenkammer des Parlaments.
({0})
Viele Menschen wissen nicht, dass der Bundestag verkleinert wurde. 100 Räume sind frei geworden. SPD,
CDU/CSU und die anderen Fraktionen haben diese Räume untereinander aufgeteilt. „Wenige bekommen mehr“,
ist das jetzt das Motto des Hauses? Wir wollen einfach nur
nicht schlechter behandelt werden als jeder andere Abgeordnete. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag zu
dem Antrag betreffend Weitergeltung von Geschäftsordnungsrecht gestellt.
Damit beantragen wir die Anerkennung als Gruppe,
um unseren Wählerauftrag erfüllen und unsere Arbeit
leisten zu können. Es wäre doch wirklich schlecht, sehr
verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn der Eindruck
entstünde, dass uns PDS-Abgeordneten mit der Geschäftsordnung das Leben schwer gemacht werden soll. Wenn
das so wäre, dann hätten wir gleich am ersten Tag gelernt,
dass hier Probleme ausgeblendet und nicht gelöst werden
sollen. Es ist aber doch offensichtlich immer schlecht,
Probleme auszublenden, statt sie zu lösen. Das Problem
der Arbeitslosigkeit kann man ja auch nicht einfach durch
Veränderung der Arbeitslosenstatistik ausblenden.
Ich will nicht abschweifen, sondern zu dem Änderungsantrag zurückkommen. Rund 2 Millionen Menschen
in diesem Land haben die PDS gewählt. Sie haben ein
Recht darauf, dass ihre Stimme im Deutschen Bundestag
entsprechend vertreten wird. Sie haben ein Recht darauf,
dass es hier keine Ausgrenzung gibt. Wir haben in den ersten Stunden im Parlament schon etliche Gespräche mit
Kolleginnen und Kollegen geführt. Ich habe den Eindruck, dass es viele Abgeordnete gibt, insbesondere unter
den männlichen, die unsere Arbeit erleichtern wollen.
({1})
Ich hoffe, Sie helfen uns dabei.
Herzlichen Dank.
({2})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Information der Anwesenden erlaube ich mir nur eine sachliche Korrektur.
Die Räume der beiden PDS-Abgeordneten sind in einem
Haus, in dem auch eine ganze Reihe weiterer Bundestagsabgeordneter Büros hat. Hier liegt also keine absichtsvolle
Präsident Wolfgang Thierse
Präsident Wolfgang Thierse
Benachteiligung vor. Die beiden Abgeordneten werden so
behandelt wie jeder andere Abgeordnete auch.
Es ist vereinbart, den Änderungsantrag der Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/2
an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP auf Drucksache 15/1 zur
Weitergeltung von Geschäftsordnungsrecht. Wer stimmt
für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich der Stimme? - Der Antrag ist mit den Stimmen des
Hauses bei Enthaltung der beiden PDS-Abgeordneten angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:
Festlegung der Zahl der Stellvertreter des Präsidenten
Hierzu liegen ein Antrag der Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen sowie ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Die Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen beantragen, vier Stellvertreter
des Präsidenten zu wählen; die Fraktion der CDU/CSU
beantragt hingegen, fünf Stellvertreter zu wählen, von denen zwei von der zweitstärksten Fraktion gestellt werden.
Mir ist mitgeteilt worden, dass zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort gewünscht wird. Herr Kauder, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und
Kollegen! Herr Präsident, zunächst möchte ich Ihnen
auch im Namen unserer Fraktion zu Ihrer Wahl recht herzlich gratulieren.
({0})
Für die Leitung dieses Hohen Hauses wünschen wir Ihnen
eine glückliche Hand für eine faire, offene und parteipolitisch neutrale Amtsführung.
({1})
Wir legen heute einen Antrag vor mit dem Ziel, die
Stärke der Fraktionen auch im Präsidium des Deutschen
Bundestages widerzuspiegeln. Der Abstand zwischen
CDU/CSU und SPD beträgt lediglich drei Mandate. Dieser Abstand besteht überhaupt nur aufgrund von Überhangmandaten. Nach dem Zweitstimmenergebnis säßen
hier gleich viel Abgeordnete von SPD und CDU/CSU,
nämlich jeweils 247. Der Abstand ist so gering, dass er
sich mit keinem rechnerischen Verfahren in Sitzen und
Positionen ausdrücken lässt. Er kann sich nach unserer
Überzeugung überhaupt nur darin niederschlagen, dass
die SPD aufgrund der wenigen Tausend Stimmen, die sie
Vorsprung hat, den Bundestagspräsidenten stellt.
Die Geschäftsordnung fordert mindestens einen Vizepräsidenten pro Fraktion. Diese Vorschrift ist vor acht Jahren mit unserer Zustimmung aufgenommen worden.
({2})
Wir wollen auch heute an ihr festhalten. Sie enthält aber
keinerlei Verpflichtung, die Zahl der Vizepräsidenten auf die
Zahl der jeweils vorhandenen Fraktionen zu begrenzen;
vielmehr macht der Begriff „mindestens“ deutlich, dass dem
Stärkeverhältnis der Fraktionen Rechnung getragen werden
muss. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition,
darf nicht wie eine 8-Prozent-Partei behandelt werden.
({3})
Dies gilt umso mehr, als dass die Geschäftsordnung ausdrücklich vorschreibt, die Zusammensetzung nach dem
Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen vorzunehmen. Diese Vorschrift lässt sich für das Präsidium des
Deutschen Bundestages nur mit sechs Mitgliedern - zwei
von der SPD, zwei von der CDU/CSU, je ein Mitglied von
dem Bündnis 90/Die Grünen und von der FDP - erfüllen.
Die vergangenen Wahlperioden haben übrigens gezeigt, dass sich eine rot-grüne Mehrheit, wie es heute
gesagt wird, keineswegs zwingend zahlenmäßig im Präsidium niederschlagen muss. Dort hatten die Koalitionsfraktionen ebenso drei Mitglieder - den Präsidenten und
zwei Vizepräsidenten - wie die Oppositionsfraktionen,
die drei Vizepräsidenten stellten. Wir fordern also nichts
anderes als die Fortsetzung dessen, was auch in der vergangenen Legislaturperiode richtig war.
Jetzt einen letzten Hinweis: Vor vier Jahren haben Sie
von der SPD die PDS-Vizepräsidentin durchgesetzt. Sie
müssen sich heute darüber im Klaren sein: Wenn Sie unserem Antrag keine Mehrheit geben, dann setzen Sie sich dem
Verdacht aus, vor vier Jahren für die PDS das durchgesetzt
zu haben, was Sie der Union heute vorenthalten wollen.
({4})
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD,
wollen Sie dies wirklich allen Ernstes?
Ich möchte Sie daher bitten, unserem Antrag zuzustimmen und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen
zweiten Vizepräsidentenplatz einzuräumen. Ich möchte
damit zugleich das wiederholen, was der Bundestagspräsident in seinem Fairnessaufruf vorhin gesagt hat - Sie
haben daraufhin heftig geklatscht; jetzt können Sie es in
die Tat umsetzen; die Worte und die Taten sollen nicht zu
weit auseinander liegen -:
({5})
Beziehen Sie die anderen fair ein! Wenn Sie dies tun, dann
müssen Sie unserem Antrag zustimmen.
({6})
Ich erteile das Wort dem Kollegen Wilhelm Schmidt,
SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Auch ich möchte es
zunächst nicht versäumen, Ihnen zu Ihrer Wahl zum Präsidenten zu gratulieren. Wir danken Ihnen für Ihre faire,
neutrale, engagierte Amtsführung in den vergangenen
vier Jahren
({0})
und sind sehr froh darüber, dass Sie für weitere vier Jahre
der Präsident des Deutschen Bundestages sind.
({1})
Dass die CDU/CSU heute mit diesem Antrag kommen
würde, hat sich schon im Vorfeld der Konstituierung des
Bundestages herumgesprochen. Die Argumente sind
nicht neu. Wir haben sie 1994 ausgetauscht - übrigens zulasten der SPD-Fraktion und zugunsten der Grünen; auch
daran will ich erinnern - und wir haben sie 1998 ausgetauscht. Herr Repnik hat seinerzeit ähnliche Pirouetten
gedreht wie Herr Kauder gerade eben.
({2})
Meine Damen und Herren, uns geht es darum, das
Prinzip, das sich in diesem Bundestag in den vergangenen
acht Jahren eingeübt hat, fortzusetzen,
({3})
und zwar aus Überzeugung.
({4})
Erstens ist damit eine faire Vereinbarung gegenüber jeder Fraktion hier im Hause getroffen worden: Jede Fraktion ist vertreten.
Zweitens spiegeln sich die Mehrheitsverhältnisse
auch im Präsidium des Deutschen Bundestages wider ein für uns ganz interessanter, aber auch wichtiger Umstand. Das werden Sie im Laufe der nächsten Wochen und
Monate bei den übrigen Konstituierungsschritten merken.
Drittens hat der Deutsche Bundestag in der vorigen
Wahlperiode eine Wahlkreisreform vorgenommen. Diese Parlamentsreform hat zu einer Verkleinerung dieses
Hauses um ungefähr 10 Prozent der Sitze geführt. Warum
sollten wir dann nicht auch konsequent das Präsidium verkleinern, wenn sich die Chance dazu bietet?
({5})
Also machen wir das! Es gibt viele gute Argumente, so
zu verfahren. Ich stelle unseren Antrag, für jede Fraktion
einen Vizepräsidenten zu wählen, hier zur Abstimmung
und bitte um Ihre Zustimmung.
({6})
Ich erteile das Wort Kollegen van Essen, FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Ich gratuliere Ihnen auch im Namen meiner Fraktion sehr herzlich zu Ihrer Wiederwahl. Wir haben
mit sehr großer Freude gehört, dass Sie die Wahrung der Interessen des ganzen Bundestages und aller Abgeordneten in
den Mittelpunkt Ihrer zweiten Wahlzeit stellen wollen.
({0})
Sie haben dabei unsere volle Unterstützung.
({1})
Die FDP-Bundestagsfraktion unterstützt den Antrag
der CDU/CSU-Fraktion. Wer sich das Wahlergebnis anschaut, stellt fest, dass es wenige Tausend Stimmen Unterschied zwischen beiden großen Parteien gibt. Die SPD
stellt den Präsidenten, die SPD stellt eine Vizepräsidentin - also zwei Personen im Präsidium. Dann ist es doch
nur eine Frage der Fairness, dass auch die zweite große
Fraktion mit zwei Personen im Präsidium des Deutschen
Bundestages vertreten ist.
({2})
Diese schlichte Fairness, diese Gerechtigkeit
({3})
sollte unsere Zusammenarbeit bestimmen. Das Argument,
das der Kollege Schmidt gebracht hat, dass sich die Mehrheit auch im Präsidium widerspiegeln müsse, trifft gar nicht
zu. Die letzte Legislaturperiode - da hatten wir auf beiden
Seiten jeweils drei Vertreter - hat gezeigt, dass eine Zusammenarbeit möglich ist. Dies hat zu keinerlei Nachteilen geführt. Ich bin sicher, dass es auch hier wieder so wäre.
Von daher wird von der FDP-Bundestagsfraktion mit
Nachdruck unterstützt, dass es einen zweiten Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin für die zweitgrößte
Fraktion im Deutschen Bundestag gibt.
({4})
Ich erteile das Wort dem Kollegen Volker Beck, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
Herr Präsident! Zunächst auch im Namen meiner Fraktion
die herzlichsten Glückwünsche zu Ihrer Wiederwahl.
Mit Ihnen haben das Parlament und die Demokratie einen
guten Anwalt. Ich hoffe, Sie setzen Ihre gute Arbeit der
letzten Wahlperiode genauso fair und unparteiisch fort.
({0})
Die jetzige Geschäftsordnungsregelung für das Präsidium, gemäß der jede Fraktion einen Vizepräsidenten
stellt,
({1})
Wilhelm Schmidt ({2})
Volker Beck ({3})
stammt aus dem Jahr 1994.
({4})
Damals haben einige der Argumente, die Sie heute anführen, auch die Kollegen von der SPD vorgetragen. Sie
haben dem nicht stattgegeben. Von dem damaligen Verfahren haben wir profitiert. Ich glaube, es war ein faires
Verfahren. Deshalb wollen wir an diesem Verfahren auch
festhalten.
(Vera Lengsfeld ({5})
Die Stärkeverhältnisse zwischen kleinen und großen
Parteien waren damals ähnlich divergent wie heute. Damals hat Sie das nicht interessiert, weil Sie den Präsidenten gestellt haben. Erst seitdem Sie in der Opposition sind
und ihn nicht mehr stellen, sehen Sie das etwas anders.
Regeln leben davon, dass sie in verschiedenen Situationen
gelten und man sich nicht von Situation zu Situation die
passende Regel gibt.
({6})
Meine Damen und Herren, 1994 hat Herr Rüttgers
ganz richtig vorgetragen:
Wir lehnen die von der SPD-Fraktion beantragte
Erhöhung der Zahl der Vizepräsidenten ab, weil sie
mit der nach unserer Auffassung zu Recht geforderten Straffung der Parlamentsarbeit und der Bundestagsgremien nicht zu vereinbaren ist.
({7})
Wir reden allenthalben von notwendigen Sparmaßnahmen. Daher ist es nach unserer Auffassung nicht
gerechtfertigt, gleich bei erster Gelegenheit eine Vergrößerung des Präsidiums vorzunehmen.
Recht hat der Herr Rüttgers.
({8})
Der Kollege van Essen war auch 1998 noch dieser
Auffassung. Damals hat er in der gleichen Debatte zum
gleichen Thema geäußert:
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Zahl der
Stellvertreter machen. Es ist gut, wenn wir die Zahl der
Stellvertreter begrenzen, wie es die Fraktion der SPD
- und Bündnis 90/Die Grünen beantragt hat. Wir haben bereits vor vier Jahren einem ähnlichen Antrag, eine Begrenzung vorzunehmen, zugestimmt. Auch hier werden wir bei unserer
Auffassung bleiben.
Es zeigt sich immer wieder: Es macht Sinn, vernünftig zu entscheiden.
({9})
Sehr wohl, Herr van Essen, stimme ich Ihnen da voll und
ganz zu. Wir werden hier auch für die notwendige Kontinuität sorgen.
Meine Damen und Herren, wir haben uns im Wahlkampf ein wenig daran gewöhnt, dass immer Vertreter
von CDU und CSU in den großen Parteirunden anwesend
waren, weil sie als zwei unterschiedliche Parteien angetreten sind. Das war deshalb auch ihr gutes Recht. Sie haben sich nun dazu entschieden, im Bundestag in einer
Fraktion gemeinsam politisch zu arbeiten. Das hat Vorteile. Das hat auch Nachteile; man kann nämlich nur die
Rechte einer Fraktion und nicht die von zwei Fraktionen
beanspruchen.
Der Volksmund in Frankreich sagt: On ne peut pas
manger le beurre et l’argent du beurre - Man kann nicht
die Butter und das Geld für die Butter verfrühstücken.
Man muss sich manchmal im Leben entscheiden. Wir respektieren Ihre Entscheidung und bleiben bei unseren Regeln.
Vielen Dank.
({10})
Wir kommen zu den Abstimmungen.
Da der Antrag der Fraktion der CDU/CSU weitergehend ist, lasse ich über ihn zuerst abstimmen. Wer stimmt
für den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/4? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Antrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen und der beiden PDS-Abgeordneten gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt.
Wer stimmt für den Antrag der Fraktionen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 15/3? - Wer
stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit der
nämlichen Mehrheit von eben angenommen. Damit ist die
Zahl der Stellvertreter des Präsidenten auf vier festgelegt.
Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 6 auf:
Wahl der Stellvertreter des Präsidenten
Interfraktionell ist vereinbart worden, die Wahl der
Stellvertreter getrennt und mit verdeckten Stimmkarten
- das heißt geheim - durchzuführen.
Wie wir soeben beschlossen haben, sind vier Stellvertreter zu wählen. Die Wahlen sollen entsprechend der Reihenfolge der Fraktionen nach ihrem Stärkeverhältnis
durchgeführt werden. Sind Sie mit diesem Verfahren
einverstanden? - Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann
verfahren wir so.
Ich gebe jetzt noch einige Hinweise zum Ablauf der
Wahl. Für die einzelnen Wahlgänge benötigen Sie die verschiedenfarbigen Wahlausweise, die Sie, soweit noch
nicht geschehen, den Stimmkartenfächern in der Lobby
entnehmen können. Die jeweiligen Stimmkarten zu den
einzelnen Wahlgängen werden von den Schriftführern an
den Ausgabetischen neben den Wahlkabinen ausgegeben.
Sie haben jeweils die gleiche Farbe wie die Wahlausweise. Sie dürfen Ihre Stimmkarte nur in der Wahlkabine
ankreuzen und müssen die Stimmkarte ebenfalls noch in
der Wahlkabine in den Umschlag legen. Stimmkarten, die
mehr als ein Kreuz, andere Namen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Bevor Sie die Stimmkarte in die Wahlurne werfen, müssen Sie dem Schriftführer an der Wahlurne Ihren Wahlausweis übergeben.
Um wieder einen reibungslosen Ablauf der Wahl zu gewährleisten, bitte ich Sie, sich von Ihren Plätzen aus nach
hinten über die seitlichen Zugänge zu den Ausgabetischen
zu begeben. Nachdem Sie die Stimmkarte in einer der
Wahlkabinen gekennzeichnet und in den Wahlumschlag
gelegt haben, gehen Sie bitte zu den Wahlurnen, die neben
den Sitzreihen der Bundesregierung und des Bundesrates
sowie neben dem Stenografentisch aufgestellt sind.
Wir kommen jetzt zur ersten Wahl eines Stellvertreters
des Präsidenten. Die Fraktion der SPD schlägt die Abgeordnete Susanne Kastner vor. Werden weitere Vorschläge
gemacht? - Das ist offenbar nicht der Fall. Vor den
Wahlkabinen erhalten Sie für diese Wahl eine blaue
Stimmkarte und den amtlichen Wahlumschlag. Außerdem
benötigen Sie Ihren blauen Wahlausweis.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. Ich eröffne die Wahl.
Haben alle Mitglieder des Hauses, auch die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Stimmkarten abgegeben? - Das ist offensichtlich der Fall.
Ich schließe die Wahl und bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich
bitte alle Schriftführerinnen und Schriftführer, beim Auszählen zu helfen, damit es etwas schneller geht.
Ich unterbreche die Sitzung für etwa 10 bis 15 Minuten. Der Wiederbeginn wird rechtzeitig durch Klingelzeichen angekündigt.
({0})
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das Ergebnis der Wahl eines Stellvertreters
des Präsidenten bekannt. Abgegebene Stimmen 594, gültige Stimmen 594. Mit Ja, also für Susanne Kastner, haben gestimmt 421, mit Nein haben gestimmt 146, Enthaltungen 27.
({0})
Frau Susanne Kastner hat die erforderliche Mehrheit
erhalten und ist zur Stellvertreterin des Präsidenten gewählt. Ich frage Sie, Frau Kollegin Kastner: Nehmen Sie
die Wahl an?
Herr Präsident, ich nehme die Wahl an und bedanke mich.
Herzlichen Dank. Ich übermittle Ihnen die Glückwünsche
des Hauses.
({0})
Wir fahren mit der Wahl eines weiteren Stellvertreters
des Präsidenten fort. Die Fraktion der CDU/CSU schlägt
den Abgeordneten Dr. Norbert Lammert vor.
({1})
Werden weitere Vorschläge gemacht? - Das ist offenbar nicht der Fall.
Für diese Wahl benötigen Sie Ihren gelben Wahlausweis. Die gelbe Stimmkarte erhalten Sie wieder vor den
Wahlkabinen. Das Wahlverfahren ist das gleiche wie vorhin. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Ich eröffne die
Wahl.
Haben alle Mitglieder des Hauses, auch die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Stimmkarten abgegeben? - Das ist jetzt offensichtlich der Fall. Ich schließe
diesen Wahlgang und bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich unterbreche die Sitzung für etwa 10 bis 15 Minuten.
Der Wiederbeginn wird rechtzeitig durch Klingelzeichen
angekündigt.
({2})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das Ergebnis der Wahl eines weiteren Vizepräsidenten bekannt. Abgegebene Stimmen 591, gültige
Stimmen 591. Mit Ja haben gestimmt 498, mit Nein haben
gestimmt 66, Enthaltungen 27.
({0})
Damit hat Herr Dr. Norbert Lammert die erforderliche
Mehrheit erhalten und ist zum Stellvertreter des Präsidenten gewählt. Ich frage Sie, lieber Kollege Lammert: Nehmen Sie die Wahl an?
Herr Präsident, ich nehme die Wahl an und freue mich auf
diese Aufgabe.
Ich gratuliere Ihnen im Namen des ganzen Hauses und
wünsche Ihnen viel Glück.
({0})
Während der Gratulation können wir schon mit dem
Wahlgang zur Wahl eines weiteren Stellvertreters des Präsidenten beginnen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlägt die
Abgeordnete Dr. Antje Vollmer vor. Werden weitere Vorschläge gemacht? - Das ist offenbar nicht der Fall.
Für diese Wahl benötigen Sie Ihren Wahlausweis in
der Farbe Orange. Die orangefarbenen Stimmkarten erhalten Sie vor den Wahlkabinen. Das Wahlverfahren ist
Präsident Wolfgang Thierse
Präsident Wolfgang Thierse
das gleiche wie vorhin. Ich bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Ich eröffne die Wahl.
Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimme abgegeben? - Das ist offensichtlich der Fall.
Ich schließe die Wahl und bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich unterbreche die Sitzung für etwa 10 bis 15 Minuten. Der Wiederbeginn der Sitzung wird durch Klingelzeichen angekündigt.
({1})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das Ergebnis der weiteren Wahl eines Vizepräsidenten bekannt: Abgegebene Stimmen 590, gültige
Stimmen ebenfalls 590. Mit Ja haben gestimmt 378, mit
Nein haben gestimmt 176, Enthaltungen 36.
Frau Dr. Antje Vollmer hat die erforderliche Mehrheit
erhalten und ist zur Stellvertreterin des Präsidenten gewählt.
({0})
Ich frage Sie, Frau Kollegin Dr. Vollmer: Nehmen Sie die
Wahl an?
Herr Präsident, ich nehme die Wahl an, danke für das Vertrauen und freue mich auf die Zusammenarbeit im Präsidium mit Ihnen.
Ich übermittle Ihnen die Glückwünsche des Hauses und
wünsche Ihnen persönlich viel Glück.
({0})
Wir fahren mit der Wahl eines weiteren Stellvertreters
des Präsidenten fort. Die Fraktion der FDP schlägt den
Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms vor. Werden weitere Vorschläge gemacht? - Das ist offenbar nicht der Fall.
Dann können wir die Wahl beginnen.
Für diese Wahl benötigen Sie Ihren Wahlausweis in der
Farbe Rosa. Die rosa Stimmkarte erhalten Sie wieder vor
den Wahlkabinen. Das Wahlverfahren ist das gleiche wie
vorhin. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
die vorgesehenen Plätze einzunehmen, und eröffne die
Wahl.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich schließe den Wahlgang. Ich
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der
Auszählung zu beginnen.
Ich unterbreche die Sitzung für 10 bis 15 Minuten. Der
Wiederbeginn wird rechtzeitig durch Klingelsignal angekündigt.
({1})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung zur Wahl eines weiteren Vizepräsidenten bekannt.
Abgegebene Stimmen 581, gültige Stimmen 581. Mit Ja
haben gestimmt 490, mit Nein haben gestimmt 62, Enthaltungen 29.
({0})
Herr Dr. Hermann Otto Solms hat die erforderliche
Mehrheit erhalten und ist zum Stellvertreter des Präsidenten gewählt.
Ich darf Sie fragen: Nehmen Sie die Wahl an?
Herr Präsident, ich bedanke mich für das Vertrauen und
nehme die Wahl gerne an.
({0})
Ich übermittle Ihnen die Glückwünsche des Hauses und
meine persönlichen.
Damit haben wir die beschlossene Anzahl von vier
Stellvertreterinnen und Stellvertretern des Präsidenten
des Deutschen Bundestages gewählt. Das Wahlverfahren
ist damit abgeschlossen. Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Interfraktionell ist vereinbart, dass in den Sitzungen in
der nächsten Woche und an den Sitzungstagen, an denen
der neu gewählte Bundeskanzler die Regierungserklärung
abgibt und die Aussprache hierüber durchgeführt wird,
keine Aktuelle Stunde, keine Fragestunde und keine Regierungsbefragung stattfinden sollen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages zur Wahl des Bundeskanzlers ein auf Dienstag, den
22. Oktober 2002, 10.30 Uhr.
Bevor ich die Sitzung schließe, teile ich noch mit, dass
nach Ende der Sitzung im Rahmen eines kleinen Empfangs in der Lobby Gelegenheit zum Gespräch mit den
neugewählten, natürlich auch mit den altvertrauten Kollegen und Mitgliedern des Präsidiums besteht.
Die Sitzung ist geschlossen.