Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Tag! Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte Sie um
Verständnis, dass ich etwas atemlos bin.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Fragestunde
- Drucksache 15/1555 Die Fragen 1 und 2 zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes werden
schriftlich beantwortet.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Staatssekretär Alfred
Hartenbach steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 der Abgeordneten Dr. Gesine
Lötzsch auf:
Wie viele Ermittlungsverfahren wurden wegen rechtsterroristischer Taten vom Generalbundesanwalt im Zeitraum von
2001 bis 2003 eingeleitet und zu wie vielen Verurteilungen ist
es im genannten Zeitraum gekommen?
Frau Präsidentin, ich bitte Sie um Erlaubnis, dass ich
das Mikrofon des Innenministers benutzen darf, damit
ich Frau Lötzsch sehen kann.
Bitte schön.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Verehrte Frau Lötzsch, auf Ihre Frage antwortet das Bundesministerium der Justiz wie folgt:
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof
hat im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum
22. September 2003 im Bereich rechtsterroristischer
Straftaten sechs Ermittlungsverfahren wegen Verdachts
der Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129 a
StGB eingeleitet. Darüber hinaus hat er zwei Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Bildung bzw. Unterstützung einer rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB eingeleitet. Die Ermittlungen
in diesen Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.
In einem im Jahr 2000 eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen
Vereinigung gemäß § 129 StGB hat der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof im Jahr 2002 Anklage
erhoben, über die derzeit vor dem Kammergericht Berlin
verhandelt wird. Das ist das Verfahren gegen die Musikgruppe Landser. Zu Verurteilungen ist es im fraglichen
Zeitraum nicht gekommen.
Möchten Sie nachfragen?
Herr Staatssekretär, Sie haben einen der Nachteile unserer hinteren Plätze gut erkannt, nämlich dass wir sichtbehindert sind.
Ich bin nur höflich, Frau Lötzsch, sonst gar nichts.
Das ging gar nicht gegen Sie, sondern das war eine
Situationsbeschreibung.
({0})
Jetzt aber zu meiner Nachfrage. Sie haben die Anzahl
der Verfahren genannt. Ich würde gerne wissen, gegen
wie viele beschuldigte Personen in dem beschriebenen
Zeitraum von 2001 bis 2003 Ermittlungen wegen rechtsextremistischer Taten eingeleitet worden sind.
Redetext
Ich kann Ihnen diese Frage im Moment nicht beantworten und werde mich bemühen, sie Ihnen schriftlich
zu beantworten.
Zweite Nachfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, welche
Personen-, Sach- und beruflichen Schäden durch die
rechtsterroristischen Straftaten in dem beschriebenen
Zeitraum entstanden sind?
Hierbei handelt es sich um Ermittlungen, deren Inhalt
wir den Akten entnehmen müssen. Frau Lötzsch, da ich
Ihnen keine falschen Antworten geben will und wir nur
sehr generell informiert sind, bitte ich um Verständnis,
dass ich Ihnen auch diese Frage schriftlich beantworten
werde.
({0})
Nachfrage der Abgeordneten Pau.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob im Zuge der
genannten Ermittlungsverfahren auch Ermittlungen gegen schon in Justizvollzugsanstalten einsitzende Rechtsextremisten, zum Beispiel gegen den Rechtsterroristen
Kay Diesner, aufgenommen wurden? Zur Erklärung: Im
Rahmen einer Fragestunde im Juni kam dieses Thema
schon einmal zur Sprache, da in einem Magazin enthüllt
wurde, dass Kay Diesner aus der Justizvollzugsanstalt
heraus zu rechtsterroristischen Straftaten anstiftete.
Hierüber liegen uns keine Erkenntnisse vor, Frau Pau.
Gibt es weitere Nachfragen zu diesem Punkt? - Das
ist nicht der Fall. Damit verlassen wir den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Justiz. Ich danke Ihnen, Herr Hartenbach.
Zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Finanzen liegen zwei Fragen vor, die Fragen 4 und 5, zu
denen jeweils um eine schriftliche Antwort gebeten
wurde.
Wir kommen daher gleich zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Verteidigung. Der Parlamentarische Staatssekretär Hans Georg Wagner wird die Fragen beantworten.
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Reinhard
Grindel auf:
Wird die Bundesregierung im Falle eines Abzugs der niederländischen Armee aus der Kaserne Seedorf im Gegenzug
den Bundeswehrstandort in Budel, Niederlande, aufgeben?
Herr Kollege Grindel, auf Ihre Frage antworte ich wie
folgt: Das Bundesministerium der Verteidigung beabsichtigt derzeit nicht, den Bundeswehrstandort Budel in
den Niederlanden aufzugeben. Das in Budel stationierte
Luftwaffenausbildungsbataillon deckt den gesamten
nordwestdeutschen Bereich mit dem bevölkerungsreichen Land Nordrhein-Westfalen ab. Damit kann eine
möglichst heimatnahe Einberufung der Rekruten sichergestellt werden.
Nachfrage? Bitte.
Herr Staatssekretär, trifft es demnach auch nicht zu,
dass der Bundesminister der Verteidigung seinen niederländischen Kollegen, Herrn Kamp, in einem Gespräch
am 30. Juni, bei dem es um den möglichen Abzug der
Niederländer aus Seedorf ging, darauf hingewiesen hat,
dass eine Schließung des Standortes Budel die unmittelbare Folge wäre, wenn Seedorf von den Niederländern
geschlossen würde?
Sie können davon ausgehen, dass der Bundesminister
alle Fragen angesprochen hat, von denen Sie vermuten,
dass er sie gestellt hat.
Diese Antwort lässt mich etwas ratlos.
Ich will es noch einmal auf einem anderen Weg probieren. Wir sind uns ja wohl einig, dass es gilt, den
Standort Seedorf nach Möglichkeit zu erhalten und die
Niederländer zu bewegen, bei uns zu bleiben. Ist es nicht
neben dem Hinweis auf die 40-jährige deutsch-niederländische Tradition, die sich dort entwickelt hat, sinnvoll, auch darauf hinzuweisen, dass der Standort in
Budel im Gegenzug aufgegeben werden könnte?
Schließlich gab es einmal ein Budel-Seedorf-Abkommen und es besteht ein gewisser Zusammenhang.
Ich habe eben den Hinweis gegeben, dass NordrheinWestfalen in der Nähe liegt und dieser Standort somit für
die Bundeswehr und die einzuberufenden Rekruten auch
zukünftig sehr günstig bleibt. Es gibt derzeit keine Überlegungen, den Standort Budel aufzugeben. Es wurde
auch nichts in der Form angekündigt: Wenn ihr bei uns
eine Kaserne zumacht, dann machen wir bei euch eine
Kaserne zu.
Sie wissen, dass die Schließung einer Kaserne in Holland unter Parlamentsvorbehalt steht. Dieser Vorbehalt
soll im Oktober oder November dieses Jahres aufgehoben werden. Dies würde eine Schließung der Kaserne
Seedorf am 1. Januar 2005 bedeuten, sodass noch weiter
gehende Überlegungen angestellt werden können. Derzeit aber gibt es keine Überlegungen, den Standort Budel
aufzugeben.
Gibt es weitere Nachfragen zu dieser Frage? - Nein.
Dann rufe ich die Frage 7 des Abgeordneten Grindel
auf:
Welche militärische Nachnutzung plant die Bundesregierung in der Kaserne Seedorf für den Fall des Abzugs der niederländischen Armee?
Herr Kollege Grindel, Ihre zweite Frage, die mit Ihrer
ersten Frage unmittelbar zusammenhängt, beantworte
ich wie folgt: Die Frage einer etwaigen Anschlussnutzung der Liegenschaft ist noch offen. Aufgrund der heutigen Stationierungssituation der Bundeswehr ist ein
deutlicher Liegenschaftsüberhang identifiziert worden,
an dessen Abbau zur Senkung der Betriebskosten im
Rahmen aller planerischen und organisatorischen Möglichkeiten festgehalten werden muss. Die Aufnahmekapazität der Liegenschaft in Seedorf liegt bei etwa drei bis
fünf Bataillonsäquivalenten. Eine betriebswirtschaftlich
sinnvolle Nachnutzung durch die Bundeswehr könnte
daher nur erreicht werden, wenn rund drei bis fünf Bataillonsstandorte an anderer Stelle dafür aufgegeben und
die Verbände nach Seedorf verlegt würden.
Eine Nachfrage? - Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, ich möchte zurückkommen auf
das, was Sie bei der Beantwortung der vorherigen Frage
gesagt haben. Es ist keinesfalls so, dass die Mehrzahl der
Wehrdienstleistenden, die im Augenblick in Budel sind,
aus Nordrhein-Westfalen stammt. In meinem Wahlkreis
zum Beispiel liegt der Standort Visselhövede. Fast alle
der dortigen Wehrdienstleistenden haben vorher ihre
Ausbildung in Budel gemacht und sie kommen im Wesentlichen aus dem Bereich Niedersachsen.
Meine Frage: Halten Sie es nicht für sinnvoll und vorstellbar, die Luftwaffenausbildung von Budel auf den
Standort Seedorf zu verlegen, um dort eine militärische
Nachnutzung zu ermöglichen?
Sie wissen, dass in der Nähe von Budel nicht nur Nordrhein-Westfalen, sondern in der Tat der nordwestdeutsche Raum liegt. Deshalb ist hier eine gute Verfügbarkeit
der Rekruten insbesondere aus Nordrhein-Westfalen gegeben, sodass die Ausbildung dort stattfinden kann.
Es gibt bisher keine Überlegungen in die Richtung,
die Sie angedeutet haben.
Die Maßgabe von drei bis fünf Bataillonsstandorten
ist natürlich eine hohe Latte, um es einmal so auszudrücken. Können Sie sich denn vorstellen, diese sehr moderne Kaserne - es gibt kaum eine vergleichbar moderne
Kaserne der Bundeswehr in Deutschland - der Niederländer leer stehen zu lassen? Müsste nicht schon aus
wirtschaftlichen Gesichtspunkten - es ist dort auch viel
bundesdeutsches Geld investiert worden - eine militärische Nachnutzung vorgesehen werden?
Das muss man natürlich wie alles andere prüfen. Es
ist bei allen Fachleuten unbestritten, dass wir in der Zukunft die Betriebskosten senken müssen, wenn die Bundeswehr finanziell beweglich sein will. Dazu gehören
auch Überlegungen in Bezug auf Seedorf. Ob dort aufgrund der guten Ausgangslage eine neue Konzentration
stattfinden wird, ist eine andere Frage. Aber bisher ist
über eine weitere Nutzung dieser Liegenschaft nicht befunden worden.
Eine Nachfrage des Kollegen Fischer.
Halten Sie es vor dem Hintergrund, dass der Standort
Seedorf geschlossen wird, nicht für sinnvoll, den Standort Budel aus Kostengründen nach Seedorf zu verlagern,
weil sonst Budel in Zukunft erhalten werden müsste,
während Seedorf leer steht, wenn eine Nachnutzung
nicht erfolgt?
Sie können davon ausgehen, dass alle Überlegungen
angestellt werden, die notwendig sind, um die Betriebskosten zu senken. Dazu gehört auch diese Frage.
Es gibt sonst keine weiteren Nachfragen. Ich danke
Ihnen, Herr Staatssekretär Wagner.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Parlamentarische Staatssekretärin Simone
Probst ist - ebenfalls atemlos - eingetroffen und steht
zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 8 der Abgeordneten Tanja Gönner
auf:
Welche Konsequenzen für das Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetz plant die Bundesregierung aus dem Sondergutachten „Wettbewerbsprobleme der Kreislauf- und Abfallwirtschaft“ der Monopolkommission zu ziehen?
Sehr geehrte Kollegin, dieses Sondergutachten der
Monopolkommission befasst sich mit Wettbewerbsfragen auf der einen Seite im Zusammenhang mit der Verpackungsverordnung und auf der anderen Seite im Hinblick
auf die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstrukturen.
Kritisiert werden nach Auffassung der Monopolkommission mangelhafter Wettbewerb in der Abfallwirtschaft
und die damit verbundenen Effizienzdefizite.
Wir haben bei uns eine Verantwortungsteilung zwischen Produzenten, Abfallentsorgern, öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und der privaten Entsorgungswirtschaft, die das Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetz vorgibt und die sich weitgehend bewährt
hat. Die Novelle ist der Verpackungsverordnung derzeit
im Verordnungsgebungsverfahren. Deshalb sind Konsequenzen für das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
aufgrund des Sondergutachtens der Monopolkommission von uns nicht geplant. Sollten in Zukunft allerdings
Änderungen des Gesetzes notwendig werden, werden
auch die Anregungen der Monopolkommission in die
Überlegungen einbezogen werden.
Möchten Sie nachfragen? - Bitte.
Meine Nachfrage bezieht sich auf die Kommunen. Im
Gutachten der Monopolkommission gab es einige Hinweise darauf, welche Veränderungen bei der Zuständigkeit der Kommunen vorgenommen werden sollen. Insofern würde aus meiner Sicht die Notwendigkeit
bestehen, das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu
ändern. Kann ich Ihrer Antwort entnehmen, dass Sie
nicht beabsichtigen, in diesem Zusammenhang in irgendeiner Weise tätig zu werden, insbesondere hinsichtlich einer Liberalisierung und möglicherweise einer
Trennung zwischen Gewerbeabfall und Hausmüll?
Wir beabsichtigen dort keine Änderung. Wir haben in
der Vergangenheit sehr ausführlich darüber diskutiert,
dass es Sinn macht, Hausmüll und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen bei den Kommunen zu belassen und für die Gewerbeabfälle zur Verwertung - ich erinnere an die Gewerbeabfallverordnung eine andere Regelung zu haben. Neben dem Sondergutachten der Monopolkommission ist Ihnen auch das
SRU-Gutachten bekannt, das viele Fragen in diesem Zusammenhang stellt, beispielsweise ob man mit einer pauschalen Privatisierung oder einer Liberalisierung dieses
Sektors die öffentlichen Monopole, die wir zurzeit haben, in private Monopole überführt.
Der Vorschlag, den die Monopolkommission gemacht
hat, ist nicht geeignet, eins zu eins übernommen zu werden. Wir halten es für politisch richtig, Hausmüll und
Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen
bei den Kommunen zu belassen. Das hat mehrere Facetten, die wir sehr ausführlich im Ausschuss diskutiert haben. Ich erinnere an homogene Gebühren in Versorgungsgebieten, wenn es Bereiche gibt, gerade auch
private Haushalte, die sich herauskaufen können. Es ist
wichtig, auf der einen Seite eine flächendeckende Entsorgungssicherheit und auf der anderen Seite eine homogene Gebührenstruktur zu haben. Das ist ein gutes Argument dafür, es so zu belassen, wie es jetzt ist.
Meine weitere Nachfrage bezieht sich auf den Wettbewerb der dualen Systeme. Schon im Entwurf zur Verpackungsverordnung ist dazu nichts enthalten. Unabhängig davon, wie man sich zum Wettbewerb der dualen
Systeme stellt, frage ich, wie Sie mit der Problematik der
Selbstentsorger umgehen wollen, die bisher nicht unbedingt unter dem Aspekt des Wettbewerbs zu sehen sind,
sondern eher die Schwierigkeit des vorhandenen Systems darstellen.
Wettbewerb ist sicherlich gut. Wir sehen aber keinen
Änderungsbedarf im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, der sich aus dem Gutachten ergeben könnte. Die
Verpackungsverordnung befindet sich, wie ich schon
sagte, auf dem Verordnungsgebungsverfahren. Auch
dort sind keine Änderungen vorgesehen.
Danke schön, Frau Staatssekretärin. Es gibt keine
weiteren Nachfragen.
Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Fragen
wird der Parlamentarische Staatssekretär Christoph
Matschie beantworten.
Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Michael
Kretschmer auf:
Aus welchen Einzeltiteln setzen sich die vom Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung
und Forschung, Christoph Matschie, in der Pressemitteilung
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom
11. September 2003 genannten Mittel im Etat 2004 für Bildung und Forschung für die neuen Bundesländer in Höhe von
1,71 Milliarden Euro zusammen und wie haben sich diese
Einzeltitel seit 1998 entwickelt?
Herr Kollege Kretschmer, Ihre Frage nach den Mitteln für Bildung und Forschung für die neuen Bundesländer ist auf den Etat in Einzeltiteln sowie deren Entwicklung im Zeitraum von 1998 bis 2004 abgestellt.
Hierbei handelt es sich um circa 80 Titel. Diese im
Einzelnen mündlich vorzutragen würde den für die Beantwortung einer mündlichen Frage zur Verfügung steParl. Staatssekretär Christoph Matschie
henden Zeitrahmen sprengen. Ich erlaube mir daher, Ihnen die mit dieser Frage verbundenen Details schriftlich
zukommen zu lassen.
Bitte.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für diese ausführliche Ausarbeitung. Ich freue mich auf die Lektüre.
Ich möchte trotzdem noch zwei Rückfragen stellen,
die sich auf Ihre Pressemitteilung „BMBF baut Ost-Förderung weiter aus“ beziehen. Nach unserer Analyse
fließt tatsächlich ein großer Teil der in Ihrem Haushalt
eingesetzten Mittel in die neuen Länder. In Ihrer Pressemitteilung stellen Sie aber auch fest: „Die Investitionen
in die Forschung schaffen schon heute Arbeitsplätze.“
Ich frage Sie: Stimmen Sie mit uns darin überein, dass
damit keine Arbeitsplätze in den Instituten selbst gemeint sind, sondern dass es sich dabei um Arbeitsplätze
in der Wirtschaft handelt, die durch Ausgründungen und
Kooperationen entstehen? Wie stellen Sie den vergleichsweise geringen Anteil der Industrieforschung
dar? Sind Sie nicht auch der Meinung, dass gerade die
Industrieforschung in den neuen Bundesländern gesteigert werden sollte und dass die Anstrengungen, die das
Ministerium derzeit in diesem Zusammenhang tätigt, zu
gering sind?
Herr Kollege Kretschmer, Sie haben Recht, dass wir
alle Anstrengungen unternehmen müssen, um die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie weiter
auszubauen. Wie Sie wissen, haben wir deshalb das
Inno-Regio-Programm, eine Programmfamilie mit unterschiedlichen Fördermöglichkeiten, gestartet. Die Mittel für dieses Programm sind in den vergangenen zwei
Jahren fast verdoppelt worden. Im Haushaltsentwurf für
das Jahr 2004 ist eine weitere Steigerung vorgesehen.
Das macht deutlich, dass wir alles unternehmen, um gerade die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung deutlich zu stärken.
Insgesamt ist 1998 eine Summe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro in die bereits erwähnten 80 Einzeltitel geflossen. Im Jahr 2004 wird diese Summe deutlich über
1,7 Milliarden Euro liegen. Ich meine, dass sich dieser
Kraftakt, den wir zugunsten der neuen Bundesländer unternehmen, sehen lassen kann.
Sie haben das Jahr 2004 angesprochen. Ich habe dazu
noch eine Frage. 2004 sollen - wenn die Pläne der Regierung so umgesetzt werden wie vorgesehen - die Mittel für die Hochschulbauförderung reduziert werden.
Welche Folgen wird das für die neuen Länder haben?
Treffen die Äußerungen der Landesminister zu, dass
kein neues Vorhaben begonnen werden kann und dass
bestehende Vorhaben gestreckt bzw. eingestellt werden
müssen? Was wären vor dem Hintergrund der derzeit geführten Föderalismusdebatte die Folgen, wenn die Planung der Bundesregierung umgesetzt würde und wenn
die Leibniz-Institute, die zur Hälfte in den neuen Bundesländern angesiedelt sind, dann vollständig von den
Bundesländern finanziert würden? Teilen Sie die Befürchtungen für die Forschungslandschaft am Standort
Ost, dass Institute geschlossen werden und dass die Kapazitäten im Bereich Forschung und Entwicklung reduziert werden müssten?
Herr Kollege Kretschmer, zunächst zum Hochschulbau: Wir haben in den vergangenen Jahren deutliche Anstrengungen unternommen, um die Mittel für diesen Bereich zu steigern. Dadurch konnten wir beim Abbau der
Altlasten, die während Ihrer Regierungszeit entstanden
sind, vorankommen.
Wir haben für den Haushalt 2004 angesichts der angespannten Lage des Gesamthaushalts in diesem Programm Einschnitte vorgesehen. Trotzdem geben wir
nach unseren Planungen auch 2004 immer noch mehr
aus, als die Bundesregierung dafür 1998 ausgegeben hat.
Wir gehen davon aus, dass die begonnenen Vorhaben mit
den verfügbaren Mitteln weitergeführt werden können.
Sie wissen vielleicht, dass inzwischen mit den Ländern
Gespräche über den nächsten Rahmenplan aufgenommen worden sind. In diesen Gesprächen wird man sich
darüber verständigen, welche Vorhaben zukünftig in Angriff genommen werden sollen.
Zu den Leibniz-Instituten kann ich nur das wiederholen, was ich heute schon im Ausschuss ausgeführt habe.
Wie Sie wissen, ist verabredet worden, eine Föderalismuskommission bestehend aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates einzusetzen, die Vorschläge
zur Entflechtung zwischen Bund und Ländern - auch im
Bereich der Forschungsförderung - vorlegen wird. Diese
Ergebnisse müssen wir abwarten.
Danke schön, Herr Staatssekretär.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Herr Staatsminister Bury wird die Fragen
beantworten.
Ich rufe zunächst die Frage 10 des Abgeordneten Dirk
Niebel auf:
Hat die Bundesregierung Verhandlungen mit Libyen zur
Entschädigung der Opfer des La-Belle-Anschlags aufgenommen vor dem Hintergrund, dass sich zur Aufhebung der Sanktionen gegen Libyen durch den UN-Sicherheitsrat Frankreich
und Libyen über höhere Entschädigungszahlungen für die Anschlagsopfer einer französischen Passagiermaschine geeinigt
haben und schon früher die USA und Libyen über Zahlungen
für die Opfer von Lockerbie?
Herr Kollege Niebel, die Bundesregierung befindet
sich in Gesprächen mit der libyschen Seite. Vor dem
Hintergrund der erzielten Einigungen zur Entschädigung
von Opfern und Hinterbliebenen der Anschläge auf die
Passagiermaschinen der Pan-Am und der UTA hat die
Bundesregierung die Bemühungen der Anwälte der LaBelle-Opfer um eine angemessene Entschädigung nachdrücklich unterstützt. Sie hat gegenüber der libyschen
Regierung deutlich gemacht, dass nach verschiedenen
Ankündigungen auf libyscher Seite die Zeit für konkrete
Schritte gekommen ist. Ohne eine baldige Lösung dieser
Frage ist die von beiden Seiten angestrebte Normalisierung der Beziehungen nicht zu erreichen.
Bitte schön.
Wäre es denn nicht sinnvoll gewesen, wenn die Bundesregierung ähnlich wie Frankreich und die Vereinigten
Staaten von Amerika darauf gedrungen hätte, ein Ergebnis bezüglich der Entschädigung der La-Belle-Opfer sicherzustellen, bevor über die Aufhebung der Sanktionen
im UN-Sicherheitsrat entschieden wird?
Herr Kollege Niebel, die vom Sicherheitsrat aufgehobenen Sanktionen bezogen sich nicht auf den La-BelleAnschlag, sondern ausdrücklich auf die Terroranschläge
gegen die Zivilflugzeuge der Pan-Am und der UTA. Die
Bundesregierung begrüßt die mit den erzielten Einigungen zur Entschädigung der Lockerbie-Opfer sowie der
Opfer des Attentats auf die UTA-Maschine verbundenen
Schritte Libyens zur Rückkehr in die internationale Gemeinschaft. Hiervon erhofft sich die Bundesregierung
auch verbesserte Aussichten für die Entschädigung der
La-Belle-Opfer. Im Übrigen hat die Bundesregierung
auch im Rahmen der Vereinten Nationen immer wieder
deutlich gemacht, dass diese Frage noch ungelöst ist. Zuletzt hat der deutsche VN-Botschafter im Sicherheitsrat
anlässlich der Verabschiedung der Resolution zur Sanktionsaufhebung am 12. September 2003 dies erklärt.
Zweite Nachfrage, bitte.
Ist meine Befürchtung unberechtigt, dass die Verhandlungsposition der Bundesrepublik Deutschland
jetzt, da die Sanktionen bereits aufgehoben sind,
schlechter geworden ist? Auf Deutsch: Hätten wir eine
bessere Verhandlungsposition gehabt, solange es die
Sanktionen noch gab?
Aus den eben genannten Gründen, Herr Kollege
Niebel, gehen wir davon aus, dass sich die Voraussetzungen für eine Lösung dieses Problems verbessert haben.
({0})
Es gibt keine weiteren Nachfragen zu dieser Frage.
Ich rufe die Frage 11 der Abgeordneten Julia
Klöckner auf:
Wie hoch belaufen sich die Kosten für die gesamte Rückführung - einschließlich der Verwaltungskosten, Personal,
Sonderkommission „Wüste“ im Bundeskriminalamt etc. - der
neun Geiseln, die im Februar 2003 in der algerischen Wüste
entführt und am 18. August 2003 in der Republik Mali freigelassen worden sind, über die mir in der Antwort des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt Jürgen Chrobog vom 15. September 2003 auf meine schriftliche Frage mit der Arbeitsnummer
8/138 erteilte Nennung der reinen vom 13. August 2003 bis
zum 22. August 2003 anfallenden Flugkosten hinaus und gedenkt die Bundesregierung, die betroffenen Touristen an den
Kosten zu beteiligen?
Ich bitte, die Fragen 11 und 12 der Kollegin Klöckner
im Zusammenhang beantworten zu dürfen.
Frau Kollegin Klöckner, sind Sie damit einverstanden? - Das scheint der Fall zu sein. Dann rufe ich auch
die Frage 12 der Kollegin Julia Klöckner auf:
Wenn ja, bis zu welcher Höhe, und, wenn nein, warum
nicht?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Frau Kollegin Klöckner, die Lösung der Geiselnahme
umfasste ja ein komplexes Bündel an Maßnahmen verschiedener Ressorts und Behörden. Unter Federführung
des Auswärtigen Amtes wurden unter den Aspekten
„Gefahrenabwehr“ und „Strafverfolgung“ Aktivitäten
des BKA, einiger LKAs, des BGS, der Bundeswehr sowie der Nachrichtendienste koordiniert. Für die Befreiung der Geiseln sind zahlreiche Mitarbeiter des Krisenstabes und der beteiligten Behörden tätig gewesen. Eine
Aufstellung der Kosten und der im Einzelnen getroffenen Maßnahmen ließe Rückschlüsse auf das Handeln der
Bundesregierung bei der Lösung dieser Geiselkrise und
damit auch möglicher zukünftiger Geiselkrisen zu. Die
Bundesregierung kann unter Berücksichtigung dieser Sicherheitsgesichtspunkte nur vertraulich über Einzelheiten der Bewältigung von Geiselnahmen unterrichten und
hat dies im infrage stehenden Fall auch kontinuierlich
gegenüber den Obleuten der Fraktionen getan.
Eine mögliche Beteiligung der ehemaligen Geiseln an
den Kosten der Rückführung richtet sich - für jeden Beteiligten individuell - nach den Vorschriften des Konsulargesetzes und des Auslandskostengesetzes. Bei dieser
Prüfung ist auch die Leistungsfähigkeit der Betroffenen
zu berücksichtigen. Die Prüfung dauert an. Rückzahlungsbescheide sind bisher noch nicht ergangen.
Nachfragen, bitte.
Herr Staatsminister, besten Dank für Ihre Antwort,
die leider wenig aufschlussreich ausgefallen ist. Da ich
bereits vor drei Wochen diesbezüglich schriftlich angefragt habe, hätten Sie mir die Antwort auch schriftlich
geben können, anstatt der schriftlichen Beantwortung
auszuweichen. Dann müssten wir jetzt nicht hier sein.
Ich frage dennoch: Sie haben behauptet, die Auskunft
über die Kostenaufstellung müsse vertraulich behandelt
werden, weil man sonst Rückschlüsse ziehen könne. Sie
können uns doch zumindest eine ungefähre Größenordnung nennen, damit man weiß, welche Kosten für die
Bundesrepublik Deutschland angefallen sind.
Die Bundesregierung hat die Obleute der Fraktionen
kontinuierlich in vertraulicher Runde unterrichtet. Wenn
das gewünscht wird, können wir diese Unterrichtung
gerne fortsetzen.
Zweite Nachfrage.
Sie haben gesagt, dass die Beteiligung der Geiseln an
den Kosten auf der Grundlage des bestehenden Rechts
zu prüfen sei. Wissen Sie, ob man plant, die Geiseln an
den Kosten zu beteiligen? Ich kann zwar zwischen den
Zeilen Ihrer Antwort lesen; ich hätte aber gern eine konkrete Auskunft.
Die Bundesregierung beabsichtigt, die ehemaligen
Geiseln an den Kosten für die Freilassung zu beteiligen.
Die Höhe dieser Beteiligung richtet sich nach den genannten Rechtsgrundlagen. Wir befinden uns zurzeit
- das habe ich eingangs erläutert - im Stadium der Prüfung.
Dritte Nachfrage.
An welchen Kosten sollen sie beteiligt werden? Sollen sie nur an den Rückflugkosten beteiligt werden oder
prozentual auch an den Kosten, die zwar entstanden
sind, für mich aber nach Ihrer Auskunft imaginär bleiben
müssen?
Da wir uns zurzeit im Stadium der Prüfung befinden,
kann ich Ihnen darüber noch keine abschließende Auskunft geben.
Vierte Nachfrage.
Würden Sie mir die Antwort schriftlich zukommen
lassen, sobald Sie soweit sind?
Wir können - wie gesagt - die Unterrichtung der Fraktionen gerne im vertraulichen Kreis fortsetzen, sofern das
von den Fraktionen gewünscht wird.
Ich rufe jetzt die Frage 13 der Abgeordneten Conny
Mayer ({0}) auf:
Wie bewertet die Bundesregierung Vorschläge, auch im
Bereich Freiburg/Colmar-Mulhouse einen Eurodistrikt nach
dem Vorbild Straßburg/Kehl-Ortenau zu schaffen?
In der Gemeinsamen Erklärung zum 40. Jahrestag des
Élysée-Vertrags vom 22. Januar 2003 haben die deutsche
und die französische Regierung beschlossen, die Schaffung eines Eurodistrikts Straßburg/Kehl-Ortenau zu unterstützen, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit noch bürgernäher zu gestalten und um dort eine
Zukunftswerkstatt mit Modellcharakter für andere
Grenzregionen einzurichten.
In der Gemeinsamen Erklärung wird ausdrücklich zur
Schaffung weiterer Eurodistrikte aufgerufen. Die Idee,
einen Eurodistrikt auch im Raum Freiburg/ColmarMulhouse zu gründen, wird von der Bundesregierung
daher sehr begrüßt. Ich habe diese positive Einschätzung
dem Freiburger Oberbürgermeister bereits persönlich
mitgeteilt. Die Initiative der Kommunen in der Region
Freiburg/Colmar kann auf ein dichtes Netz von bereits
existierenden grenzüberschreitenden Kommunalbeziehungen am Oberrhein aufbauen.
Darüber hinaus gibt es auch im Raum Saarbrücken/
Moselle-Est Bestrebungen zur Schaffung eines Eurodistrikts. Auch die saarländisch-lothringische grenzüberschreitende Zusammenarbeit kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Bundesregierung begrüßt diesen
Wettbewerb zwischen verschiedenen Regionen aus dem
deutsch-französischen Grenzgebiet ausdrücklich.
Erste Nachfrage.
Herr Staatsminister, vielen Dank für die Beantwortung der Frage. Unterstützt die Bundesregierung den
Umstand, dass sowohl in der Region Straßburg/KehlOrtenau als auch weiter südlich nicht nur reine, zusätzliche Verwaltungsgemeinschaften entstehen, sondern
dass es sich um eine wirkliche Innovation im Bereich
deutsch-französischer Nachbarschaftsarbeit handelt?
Das Projekt „Eurodistrikt“ hat eine ungeheure Attraktivität und Strahlkraft entwickelt. Es hat dazu beigetragen,
dass sich in den Regionen die kommunal Verantwortlichen zusammensetzen und Ideen entwickeln sowie Projektlisten erarbeiten. Wir wollen - das tun wir ganz bewusst - von unten nach oben vorgehen. Das heißt, dass
wir bei der Verantwortung der lokalen Gebietskörperschaften und Akteure anfangen und auf der Basis des
Karlsruher Übereinkommens zur Gründung von Zweckverbänden gelangen. Wir definieren, welche Problembereiche in diesem Rahmen besser gelöst werden können,
als das in der Vergangenheit der Fall war. Die Bundesregierung und die französische Regierung werden darüber hinaus gerne flankierend Unterstützung leisten, soweit es sich um Fragen handelt, die in diesem Rahmen
allein nicht gelöst werden können.
Mein Eindruck ist, dass es längst keine Frage von
Verwaltungseinheiten allein ist, sondern dass in den Regionen längst eine Debatte in Gang gekommen ist, in der
das Projekt „Eurodistrikt“ als Chance begriffen wird,
Grenzen nicht mehr als etwas Trennendes zu empfinden,
sondern als Ansporn, quasi eine transnationale, eine europäische Identität zu entwickeln und zu leben.
Zweite Nachfrage.
Sehen Sie auch, dass die von Ihnen soeben beschriebenen Diskussionen nicht erst seit der Erfindung des
Eurodistrikts und nicht erst seit den Feierlichkeiten zum
40. Jahrestag des Élysée-Vertrages vorangetrieben werden, sondern schon viele Jahre länger? Diese Diskussionen sind nämlich in den vergangenen Jahrzehnten vor
Ort sehr intensiv geführt worden.
Selbstverständlich. Deshalb habe ich in meiner Antwort betont, dass diese Zusammenarbeit auf eine lange
Tradition zurückblickt. Der Impuls, der durch die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrages entstanden ist, gibt uns die Möglichkeit, auf einer solchen
Basis aufzubauen.
Ich rufe Frage 14 der Abgeordneten Mayer ({0}) auf:
Wird die Bundesregierung die Einrichtung des Eurodistrikts
auch finanziell, eventuell im Wege einer Anschubfinanzierung, unterstützen und, wenn ja, ist diese Unterstützung auch
bei der möglichen Schaffung weiterer Eurodistrikte geplant?
Meine französische Kollegin Noëlle Lenoir und ich
haben gemeinsam mit den beteiligten Kommunalvertretern am 30. Juni in Straßburg Eckpunkte für das weitere Verfahren des Projekts Eurodistrikt Straßburg/KehlOrtenau beschlossen. Darin ist vereinbart worden, dass
zunächst die Kommunen für die Konkretisierung des
Projekts Eurodistrikt verantwortlich sind. Hierzu wurde
die Gründung einer bilateralen Arbeitsgruppe auf kommunaler Ebene vereinbart, die ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat.
Die Bundesregierung und die französische Regierung
haben zugesagt, diesen Prozess gegebenenfalls flankierend zu unterstützen. Angesichts der hohen Bedeutung
der Verkehrsanbindung in den deutsch-französischen
Grenzregionen gehört dazu der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur durch die Vernetzung der Schnellbahnverbindungen, das heißt zwischen dem TGV-Est und dem
ICE. Dies wird die Bundesregierung in erheblichem
Maße unterstützen.
Erste Nachfrage.
Sie haben soeben vom Eurodistrikt Straßburg/KehlOrtenau gesprochen. Ist eine finanzielle Unterstützung
für weitere Eurodistrikte denkbar?
Das gilt selbstverständlich auch für andere Regionen,
die ein Interesse daran haben, einen solchen Eurodistrikt
zu gründen. Dafür müssen zunächst die entsprechenden
Vorarbeiten auf der kommunalen Ebene vorangetrieben
werden. Danach können wir gemeinsam schauen, was
dort realisiert werden kann und welcher flankierenden
Unterstützung der nationalen Regierungen es bedarf.
Zweite Zusatzfrage.
Macht die Bundesregierung die finanzielle Unterstützung von den Inhalten, die vor Ort erarbeitet werden, abhängig?
Wir müssen in der Tat sehr genau schauen, welcher
Unterstützung es vor Ort bedarf. Ich habe an dem Beispiel des Eurodistrikts Straßburg/Kehl-Ortenau, der eine
gewisse Pilotfunktion eingenommen hat, deutlich gemacht, dass es bei den Verkehrsverbindungen in der Tat
einen Part gibt, bei dem die Unterstützung der nationalen
Regierung erforderlich ist. Diesen Part füllen wir aus.
Wenn es in anderen Regionen Notwendigkeiten gibt,
über das hinaus, was auf der Basis des Karlsruher Übereinkommens im Zweckverband geregelt werden kann,
Unterstützung zu leisten, dann werden wir selbstverständlich in sehr offene Gespräche darüber mit den
Kommunen eintreten.
Der Abgeordnete Michael Kretschmer hat das Wort
zu einer Zusatzfrage.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, kommt dem
Karlsruher Abkommen für diese Zusammenarbeit, für
die Entwicklung des Eurodistrikts, eine hohe Bedeutung
zu. Empfinden Sie es als einen Fehler, dass wir noch
nicht dabei vorangekommen sind, mit der Republik Polen und mit der Republik Tschechien solche Verträge abzuschließen?
Ich sähe in der Tat eine Chance, wenn es auch mit den
beiden genannten Partnern gelänge, eine solche Grundlage für die Intensivierung der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit zu schaffen. Die Bundesregierung unterstützt dieses Anliegen ausdrücklich und aktiv.
Eine Nachfrage des Abgeordneten Weiß ({0}).
Herr Staatsminister Bury, die Frau Kollegin Mayer
hat Sie nach einer möglichen Anschubfinanzierung, zu
der sich der Bund bereit erklärt hat, gefragt. Kann ich
Ihre Antwort so verstehen, dass Sie den finanziellen Beitrag, den der Bund leistet, ausschließlich auf Projekte
wie Verkehrsverbindungen internationaler Art beziehen,
für die der Bund ohnehin eine Finanzierungspflicht hat?
Könnten Sie sich vorstellen, dass der Bund bei der
Schaffung gemeinsamer Gremien, bei der Installation
gemeinsamer Verwaltungen zunächst in eine Art Anschubfinanzierung einsteigt, um einen Anreiz zu schaffen?
Sehr geehrter Herr Kollege, ich habe gar nicht den
Eindruck, dass es notwendig ist, einen Anreiz zu schaffen. Es gibt ein breites Interesse und es ist schon ein
Wettbewerb zwischen den Regionen entstanden. Da Sie,
wie ich, Verantwortung für die Bundesebene tragen: Wir
sollten ohnehin laufende Prozesse nicht ohne Not zusätzlich finanziell unterstützen, die auch ohne unsere Unterstützung vorankommen; wir sollten uns vielmehr darauf
konzentrieren, Unterstützung zu leisten, wo sie auf der
kommunalen und auf der regionalen Ebene alleine nicht
geleistet werden kann.
Nachfrage des Kollegen Rupprecht.
Herr Staatsminister, anknüpfend an die Frage vom
Kollegen Kretschmer, möchte ich wissen: Wann rechnen
Sie mit dem Abschluss der Vertragsverhandlungen mit
Polen und Tschechien zu diesem Thema?
Ich wünsche mir, dass wir insoweit rasch Fortschritte
erzielen, aber ich kann hier keine Prognose abgeben. An
der Bundesregierung soll und wird ein rascher Fortschritt in dieser Frage nicht scheitern.
Ich rufe jetzt die Frage 15 des Abgeordneten Peter
Weiß ({0}) auf:
Welche Ergebnisse brachten die 81. deutsch-französischen
Konsultationen am 18. September 2003 in Berlin in Bezug
auf die weitere Entwicklung des Eurodistrikts Straßburg/
Kehl-Ortenau?
Herr Kollege Weiß, bei den 81. deutsch-französischen
Konsultationen haben meine Kollegin Noëlle Lenoir und
ich in dem eben vorgetragenen Sinne den entstehenden
Wettbewerb der Regionen um die Gründung von Eurodistrikten begrüßt und bekräftigt, dass wir gewillt sind,
diesen Prozess zu unterstützen. In der Ministerratssitzung selbst haben wir eine Zwischenbilanz zu dem Projekt Eurodistrikt vorgetragen und deutlich gemacht, dass
wir zuversichtlich sind, dass die Arbeitsgruppe, die im
Fall Straßburg/Kehl-Ortenau ihre Tätigkeit aufgenommen hat, zügig Ergebnisse vorlegen wird, auf deren
Grundlage die Gründung konkret in Angriff genommen
werden kann.
Nachfrage, bitte.
Herr Staatsminister, nachdem sowohl von der kommunalen französischen Seite als auch von der kommunalen deutschen Seite erste Vorschläge zur inhaltlichen
Ausgestaltung des Eurodistrikts vorliegen, frage ich: Ist
bei der Zwischenbilanz, die Sie vorgetragen haben, auch
bereits erörtert worden, ob es seitens der Bundesregierung und der französischen Regierung die Bereitschaft
gibt, in den Fragen, in denen aufgrund der unterschiedlichen Kompetenzzuständigkeiten - kommunale, Länderund Bundeszuständigkeiten - die Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben nicht so einfach möglich ist, dem
Eurodistrikt Kompetenzen zu übertragen, die auch in nationale Zuständigkeiten eingreifen?
Kollege Weiß, wie eben schon dargestellt, wollen wir
schrittweise vorgehen. Das bedeutet, dass zunächst die
Vorstellungen, die auf deutscher und französischer Seite
entwickelt worden sind, in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe konkretisiert werden, dass in dieser gemeinsamen Arbeitsgruppe die Vorbereitungen für die Gründung
des Zweckverbandes vorangetrieben werden und dass
auf der Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu entscheiden sein wird, ob darüber hinausgehende Maßnahmen erforderlich sind.
Dann rufe ich die Frage 16 des Abgeordneten Peter
Weiß ({0}) auf:
Wird die geplante Satzung zur Errichtung des Eurodistrikts
diesen als Zweckverband gemäß dem Karlsruher Übereinkommen vom 23. Januar 1996 errichten oder wird die Errichtung als eine Einrichtung eigener Art - „sui generis“ - durch
einen eigenen Staatsvertrag zwischen Deutschland und Frankreich erfolgen?
Die Frage, ob ein Zweckverband nach dem Karlsruher Übereinkommen errichtet werden soll, habe ich
implizit schon beantwortet. Das ist nach den Gesprächen, die wir in Kehl und Straßburg gemeinsam geführt
haben, die Absicht der beteiligten Kommunen.
Bitte.
Herr Staatsminister, ein Zweckverband nach dem
Karlsruher Übereinkommen kann von den beteiligten
Gebietskörperschaften ja ohnehin jederzeit errichtet werden, ohne dass die nationalen Regierungen dazu einen
maßgeblichen Beitrag leisten müssen. Nun wird das
Thema Eurodistrikt mit der Absicht angegangen, über
den Rahmen eines solchen Zweckverbandes hinauszugehen. In Ihrer gemeinsamen Erklärung mit Frau Lenoir
haben Sie das Projekt Eurodistrikt als eine Sache bezeichnet, die Sie progressiv weiterentwickeln wollen.
Deswegen ist meine Frage: Besteht denn bei der französischen Regierung und der Bundesregierung die Bereitschaft, einem solchen Eurodistrikt Kompetenzen zu geben, die über die hinausgehen, die bereits heute von
einem gemeinsamen Zweckverband grenzüberschreitender Art nach dem Karlsruher Übereinkommen wahrgenommen werden können, und welche Rechtsform wird
seitens der französischen und der deutschen Regierung
angestrebt?
Kollege Weiß, ich könnte jetzt die Antwort auf die
vorangegangene Frage wiederholen. Ich habe deutlich
gemacht, dass wir gewillt sind, schrittweise vorzugehen,
und zwar in vollständiger Übereinstimmung mit den beteiligten Kommunen. Es hat insofern durchaus eine neue
Qualität, als erst der Impuls aus dem 40. Jahrestag des
Élysée-Vertrags und die Idee des Eurodistrikts dazu geführt haben, dass jetzt mehrere Regionen in den Startlöchern stehen, um dieses Instrumentarium zu nutzen.
Damit ist überhaupt erst die Basis für weitere Überlegungen geschaffen worden.
({0})
Selbstverständlich - das ist deutlich geworden - wollen
wir den Eurodistrikten diesen Charakter der Zukunftswerkstatt für die grenzüberschreitende europäische Zusammenarbeit geben und sind insofern bereit, Ideen der
Regionen zu unterstützen, wo dies erforderlich und sinnvoll ist.
Weitere Zusatzfrage? - Bitte schön.
Herr Staatsminister, stimmen Sie mir zu, dass der Begriff Eurodistrikt, der ja eine große Faszination ausübt,
eine leere Hülse bleibt, wenn Aufgaben grenzüberschreitender Art, die schon heute im Rahmen eines Zweckverbandes gemäß dem Karlsruher Übereinkommen wahrgenommen werden können, nur unter dieser Überschrift
zusammengefasst werden und es eigentlich wünschenswert wäre, dass im Eurodistrikt wirklich eine neue Form
grenzüberschreitender Zusammenarbeit begründet wird,
in der auch die bisherigen Organisationsformen kommunaler Art auf beiden Seiten der Grenze in einer neuen
Form zusammengeführt werden, statt dass nur eine Kooperation zwischen bestehenden Gebietskörperschaften
vorgesehen wird?
Herr Kollege Weiß, ich finde es falsch, wenn Sie das
großartige Engagement der Kommunen dadurch entwerten, dass Sie den Eindruck erwecken, als ob da nichts
Neues stattfände. Es ist ja nicht so, dass in diesen Regionen Zweckverbände grenzüberschreitender Art bestehen, sondern dieses Projekt wird erst jetzt konkret in Angriff genommen. Man redet über sehr konkrete Fragen,
die die Menschen und die Wirtschaft in diesen Grenzregionen berühren und die heute noch Hindernisse für die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit darstellen. Viele
dieser Fragen werden im Rahmen eines solchen Zweckverbandes gelöst werden können, andere möglicherweise nicht. Dann werden - das sage ich hier noch einmal - sowohl die Landesregierung Baden-Württemberg,
die in diesen Prozess einbezogen ist, als auch die Bundesregierung dabei helfen, solche Hindernisse zu überwinden.
Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Albert Rupprecht
({0}) auf:
Wie schätzt die Bundesregierung den Erfolg der Integration ethnischer Minderheiten in den EU-Beitrittsländern ein?
Herr Kollege Rupprecht, der EU-Beitrittsprozess hat
bei allen Beitrittsländern die Bereitschaft zur Integration
von Minderheiten erheblich gefördert. Alle Beitrittsländer haben das Rahmenabkommen des Europarates zum
Schutz nationaler Minderheiten gezeichnet. Die ethnischen Minderheiten in den Beitrittsländern sind überwiegend gut in die jeweiligen Gesellschaften integriert. Eine
gewichtige Ausnahme gibt es allerdings hinsichtlich der
Roma.
Die weitere Verbesserung der Lage der Minderheiten
ist Teil der Programme der jeweiligen Regierungen, die
sich bemühen, noch bestehende Probleme aktiv abzubauen. Die EU beobachtet diese Anstrengungen im Rahmen des Beitrittsprozesses genau. In einigen Beitrittsländern sind Minderheiten mit ihren Parteien im Parlament
oder in der Regierung vertreten. Alle Regierungen von
Ländern mit Roma-Minderheiten haben auch wesentliche Schritte unternommen, um die immer noch schwierige und nicht immer zufrieden stellende Situation der
Roma in Mittel- und Südosteuropa zu verbessern. Dies
erkennt auch die EU-Kommission in ihrem letzten Fortschrittsbericht von November 2002 ausdrücklich an.
Bitte schön, Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, ich stimme Ihnen in der Bewertung der Frage der Roma zu. Selbst der zuständige slowakische Minister sagt, dass es bei deren Integration
kaum Fortschritte gegeben habe. Aufgrund der Situation
der Roma in den Beitrittstaaten lautet meine Frage: Mit
welchem Zuzug von Roma und auch der Sinti rechnen
Sie im Zuge der Osterweiterung?
Herr Kollege Rupprecht, das ist auch Gegenstand Ihrer folgenden Frage. Ich will deshalb beide Fragen in
meiner Antwort verbinden.
Ich möchte ausdrücklich EU-Kommissar Verheugen
Recht geben, der nicht mit einem Run auf die Arbeitsmärkte der heutigen Mitgliedstaaten der Europäischen
Union rechnet. Ich bin überzeugt, dass die integrationspolitischen Maßnahmen der Beitrittsländer zugunsten
ethnischer Minderheiten und der durch den EU-Beitritt
wachsende Wohlstand den Migrationsdruck insgesamt
eher zurückführen werden. Dazu werden auch die in den
Beitrittsverhandlungen vereinbarten Übergangsfristen
für die Arbeitnehmerfreizügigkeit beitragen, die bekanntlich eine gestaffelte, bis zu sieben Jahren währende
Übergangszeit vorsehen, während der die nationalen Zugangsregelungen zum Arbeitsmarkt fortgelten können.
Außerdem bleiben die Personenkontrollen an den Grenzen zu den Beitrittsländern vorerst bestehen, da mit dem
EU-Beitritt keine automatische Anwendung des gesamten Schengen-Acquis verbunden ist.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, verstehe ich Sie dann richtig,
dass die Angst von Kommunalpolitikern, dass die Anzahl der Sozialhilfeempfänger, insbesondere bei der
Gruppe der Roma und Sinti, nach Einführung der Freizügigkeit, insbesondere der Arbeitnehmerfreizügigkeit,
nach den sieben Jahren der Übergangsfrist steigt, nicht
gerechtfertigt ist?
Herr Kollege, ich denke, dass die geschilderten
Maßnahmen - die Verbesserung der Integration von
Minderheiten in ihren Ländern, die Übergangsregelungen in Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt, die
Verbesserung des Wohlstandsniveaus durch die europäische Integration und Erweiterung und das zunächst fortbestehende Schengen-Regime - insgesamt dazu geeignet sind, bestehenden Sorgen wirkungsvoll zu begegnen.
Ich rufe die Frage 18 des Kollegen Rupprecht ({0}) auf:
Was gedenkt die Bundesregierung hinsichtlich einer ab
dem 1. Mai 2004 eventuell gesteigerten Migrationsbereitschaft ethnischer Minderheiten - zum Beispiel Roma aus der
Slowakischen Republik - nach Deutschland zu tun?
Diese Frage hatte ich, Herr Präsident, mit Ihrem und
des Kollegen Rupprecht Einverständnis eben mit beantwortet.
Ich entnehme dem freundlichen Nicken des Kollegen
Rupprecht, dass er auf weitere Zusatzfragen, die sich aus
dieser Frage prinzipiell ergeben würden, verzichtet.
Dann sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs.
Herzlichen Dank, Herr Staatsminister.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur
Verfügung.
Wir kommen zunächst zur Frage 19 des Abgeordneten Hartmut Koschyk:
Wie ist der Stand der Vorbereitungen für den Einsatz biometrischer Merkmale - wie zum Beispiel der Kontrolle der
nach Deutschland einreisenden Personen, bei Visa und Aufenthaltstiteln und bei Pässen und Personalausweisen - und
wie ist das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse bei den einsetzbaren biometrischen Verfahren?
Der Bundesgrenzschutz wird voraussichtlich im Dezember dieses Jahres mit der Durchführung eines Pilotprojektes zur automatisierten und biometriegestützten
Grenzkontrolle am Flughafen Frankfurt/Main beginnen.
Bei diesem Pilotprojekt wird eine Iriserkennung eingesetzt. Ein späterer Wechsel des biometrischen Merkmals
ist aufgrund des modularen Aufbaus der Anlage ohne
großen Aufwand möglich. Entscheidungen über den
Einsatz biometrischer Merkmale bei Visa und Aufenthaltstiteln sind der nationalen Regelungskompetenz entzogen. Die EU-Kommission hat in den letzten Tagen
einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Eine Realisierung kommt bei reibungslosem Ablauf des Beschlussverfahrens frühestens Anfang 2006 in Betracht. Zur
Umsetzung der Vorschrift über identitätssichernde Maßnahmen im Visaverfahren findet in der deutschen Botschaft in Lagos/Nigeria ein Pilotversuch auf Basis der
Abnahme von zehn Fingerabdrücken statt - dabei werden die zehn Finger abgerollt -, der bislang problemlos
und wohl auch recht erfolgreich verlaufen ist.
Der Einsatz biometrischer Merkmale bei Pässen und
Personalausweisen ist seit Änderung des Passgesetzes
und des Gesetzes über Personalausweise im Rahmen der
Schaffung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes zulässig. Der Einsatz von Biometrie bei Pässen sollte im
Sinne einer größtmöglichen Effektivität im Einvernehmen mit der internationalen Staatengemeinschaft erfolgen. Das Bundesministerium des Innern engagiert sich
daher in den einschlägigen technischen wie auch politischen Gremien, um eine schnelle und auch sichere Einführung von interoperablen Lösungen zu gewährleisten.
Eine Kosten-Nutzen-Analyse, nach der Sie fragen,
kann erst dann durchgeführt werden, wenn eine politische Entscheidung über die zu testenden Merkmale und
die gewünschte Regelungsdichte erfolgt ist. Diese Entscheidung ist, wie bereits erörtert, im Konsens - zumindest mit den EU-Mitgliedstaaten - zu treffen.
Zusatzfrage, Herr Kollege Koschyk.
Herr Staatssekretär, welche Gründe waren denn ausschlaggebend dafür, dass die Bundesregierung für das
Pilotverfahren am Frankfurter Flughafen die Iriserkennung ausgewählt hat und nicht zeitgleich an einem anderen Flughafen - an dem vielleicht nicht unmittelbare
Bundeskompetenz herrscht, aber möglicherweise in Zusammenarbeit mit einem Bundesland - ein anderes
Merkmal, zum Beispiel den Fingerabdruck, auf seine
technische Eignung hin untersucht hat? Die Iriserkennung hat sicher unbestrittene Vorzüge; aber es gibt auch
erhebliche Bedenken: Bedenken gesundheitlicher Art,
einer Störung durch Kontaktlinsen etc. pp. Geht nicht
wertvolle Zeit verloren, wenn man sich jetzt lediglich für
eine Erkennungsmethode entscheidet? Hätte man nicht
zeitgleich ein anderes Verfahren testen sollen, meinetwegen auch am Frankfurter Flughafen?
Herr Kollege Koschyk, Sie wissen vielleicht, dass die
Durchführung eines solchen Modellprojektes nicht ganz
einfach ist, insbesondere wenn man die Entscheidungen
nicht selbst in der Hand hat. Sie wissen, dass es bezüglich der Ausschreibung gewisse Streitigkeiten gegeben
hat, sodass sich der Beginn des Modellprojektes verzögert hat. Wir haben uns aufgrund unserer Erfahrungen
als ersten Schritt für die Iriserkennung entschieden. Wie
Sie aber meiner Antwort entnehmen können, ist ein späterer Wechsel des biometrischen Merkmals innerhalb
des Modellversuchs grundsätzlich möglich. Das könnte
der Fall sein, wenn die Erfahrungen entsprechend ausfielen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht sich die Bundesregierung
denn dazu in der Lage, dass wir von deutscher Seite gemäß dem europäischen Zeitplan, den Sie soeben zitiert
haben - es hat sich ja nach dem informellen Rat der Innen- und Justizminister doch ein Stück mehr Dynamik
entwickelt -, sowohl hinsichtlich der nationalen Erprobung als auch möglicher Abstimmungen auf europäischer Ebene die Einführung der Biometrie wirklich zeitgerecht gewährleisten?
Herr Kollege Koschyk, da ich die Diskussion in Europa kenne, glaube ich, dass man nicht die Befürchtung
zu äußern braucht, dass wir in diesem Geleitzug ganz
hinten hängen und langsam sind. Ich glaube vielmehr,
dass das, was unsererseits zu tun ist, getan wird und auch
als eine gute Grundlage anzusehen ist, die angestrebten
Termine zu erreichen.
Dann rufe ich die Frage 20 des Kollegen Koschyk
auf:
Inwieweit sind die Systeme der Bundesländer und des
Bundes nach Einführung von INPOL ({0}) kompatibel und
inwieweit sind Informationssysteme, Täterbildverfahren,
Livescan von Fingerabdrücken, Datenstationen in Streifenwagen, beim Bundesgrenzschutz und beim Zoll und weitere für
die wirksame Verbrechensbekämpfung relevante gespeicherte Informationen und Datensätze miteinander verknüpft?
Das Bund-Länder-System INPOL mit der zentralen
Datenbank im Bundeskriminalamt stellt die Vernetzung
der unterschiedlichen Systeme der INPOL-Teilnehmer
her und ermöglicht so einen koordinierten Datenaustausch. Die INPOL-Teilnehmer sind die Bundesländer,
der Bundesgrenzschutz und auch das Bundeskriminalamt. Die Kompatibilität und die Interoperabilität der unterschiedlichen Systeme im INPOL-Verbund sind über
fest definierte Schnittstellen gesichert. Bestandteil dieser
Schnittstellen ist auch die gegenüber dem Altverfahren
neue Möglichkeit der Übertragung und Speicherung von
Lichtbildern. Der Zugriff auf INPOL-Daten über mobile
Datenstationen, beispielsweise in Streifenwagen, ist
möglich. Derartige Abfragemöglichkeiten befinden sich
erfolgreich im Einsatz.
Die Speicherung und Übermittlung von Fingerabdrücken erfolgt über das Bund-Länder-System AFIS, das
Automatisierte Fingerabdruck-Identifizierungs-System.
Eine Erweiterung von INPOL ({0}) um das LivescanVerfahren wird derzeit in den polizeilichen Gremien abgestimmt. Im Rahmen des Projektes INPOL ({1}) hat
das Bundeskriminalamt den INPOL-Teilnehmern kostenlos das Landessystem INPOL ({2}) zur Verfügung
gestellt. Somit wurde seitens des Bundes ein weiterer
Schritt zur Vereinheitlichung und Steigerung der Kompatibilität der Systeme von Bund und Ländern unternommen. Generell müssen bei allen Forderungen nach
umfangreicher Verknüpfung der vorliegenden Daten die
geltenden Rahmenbedingungen hinsichtlich der IT-Sicherheit und des Datenschutzes beachtet werden.
Bitte sehr, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, ungeachtet der Erfolgsmeldungen
aus Ihrem Haus über das Funktionieren von
INPOL ({0}) wird in den Medien doch eine ganze Reihe
von Kritikpunkten geäußert. So wird zum Beispiel in der
„Süddeutschen Zeitung“ vom 2. September dieses Jahres
der Vorwurf erhoben, dass INPOL ({1}) nichts anderes
als INPOL ({2}) sei und dass lediglich neue Geräte, aber
die alte Software verwendet würden.
Ich möchte Sie fragen, was Ihr Haus dazu sagt, dass
es nach wie vor eine Vielzahl von Bundespolizeidateien
gibt, die einzeln abgefragt werden müssen. Es wird wörtlich angemerkt, dass das polizeiliche Informationswesen
„ein unentwirrbarer Verhau“ bleibt. Herr Prantl, der ja
nicht verdächtig ist, Hofberichterstattung für den bayerischen Innenminister Beckstein zu leisten, schlägt in der
„Süddeutschen Zeitung“ stattdessen vor, dass sich der
Bund in Abstimmung mit den Ländern an dem bayerischen Modell eines Intranet orientieren sollte, in dem
über E-Mail-, Web- und Suchmaschinendienste ein besserer Datenabgleich ermöglicht werden kann.
Herr Kollege Koschyk, über diese technischen Fragen
ist lange Zeit diskutiert und es ist dann entschieden worden, welch einen Weg man beschreitet. Es ist wichtig,
immer wieder festzustellen, dass dies keine Angelegenheit des Bundes allein, sondern eine Bund-Länder-Veranstaltung ist.
({0})
- Das ist klar; darüber gibt es überhaupt keinen Streit.
Die föderale Verteilung der Zuständigkeiten zwischen
Bund und Ländern, wobei die Zuständigkeiten der Länder insbesondere im Polizeibereich weitreichend sind,
macht eine Abstimmung natürlich umso schwieriger. Ich
glaube, wir sind, insbesondere was die Angebote an die
Länder angeht, auf einem guten und richtigen Weg. Wir
haben es nicht sozusagen mit einem Aufguss von alter
Technik und alter Software zu tun, sondern es gibt einen
deutlichen Effektivitäts- und Effizienzgewinn in diesem
Bereich.
Sie wissen, nicht alle Länder sind entsprechend vorbereitet. Aber es sind Regelungen getroffen worden, die
zumindest den Übergang ordnungsgemäß regeln.
Die nächste Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wenn es den Effektivitäts- und
Effizienzgewinn, von dem Sie gerade gesprochen haben,
tatsächlich gibt, dann muss ich fragen: Wie kann das
Nachrichtenmagazin „Focus“ in seiner Ausgabe 38/2003
davon sprechen, dass das neue System ein „Chaos bei
der Fahndung“ - so lautet die Überschrift des Artikels ausgelöst hat? Weiter wird berichtet: Es
konnten Fahndungsersuche nicht gelöscht werden,
was zu mindestens einer ungerechtfertigten Festnahme führte. Viele Informationen aus dem alten
Programm lassen sich nicht verknüpfen. Daten werden falschen Personen zugeordnet und sperren sich
gegen die Löschung.
Sind das an den Haaren herbeigezogene Berichte?
Können Sie ausschließen, dass es zu den in diesem
Nachrichtenmagazin geschilderten Pannen gekommen
ist?
Herr Kollege Koschyk, ich will die Berichterstattung
in dem besagten Magazin nicht kommentieren. Ich
möchte aber die Einladung aussprechen, dass wir beide
uns einmal vor Ort überzeugen, dass die von diesem Magazin erhobenen Vorwürfe in der Praxis nicht zutreffen.
Ich glaube, wir werden zu einem guten Ergebnis kommen. - Die Einladung steht.
Wenn der Kollege Zeitlmann mitkommen darf, dann
mache ich mir über die Annahme der Einladung Gedanken.
Das muss ich mir allerdings noch gründlich überlegen.
({0})
Das ist eine wunderschöne Überleitung zur nächsten
Frage, der Frage 21. Die nämlich hat der besagte Kollege
Zeitlmann gestellt:
Trifft es nach Auffassung der Bundesregierung zu, dass
sich eine Bedürfnisprüfung nach § 28 Abs. 1 des Waffengesetzes nur auf ein Sicherungsobjekt bezieht, sodass es keine
Möglichkeit gibt, die bewaffnete Sicherungskraft in verschiedenen Objekten einzusetzen, und muss vor Personenschutzaufträgen, die ein Bewachungsunternehmer wahrnehmen will,
vorab eine Gefährdungsanalyse durch die zuständige Behörde
eingeholt werden, die in der Regel viel Zeit in Anspruch
nimmt, sodass kurzfristige Aufträge nur erschwert oder gar
nicht annehmbar bzw. durchführbar sind?
Herr Staatssekretär, sicherlich beantworten Sie diese
Frage in ähnlich freundlicher Weise.
Herr Kollege Zeitlmann, es trifft nicht zu, dass für jeden Bewachungsauftrag erneut das Bedürfnis zu prüfen
wäre. Es trifft auch nicht zu, dass das Wachpersonal nur
in einem Objekt eingesetzt werden dürfte.
Das Bedürfnis nach § 28 Abs. 1 des Waffengesetzes
bezieht sich auf den Bewachungsunternehmer, aber nicht
auf die Wachperson. Insbesondere das in § 28 Abs. 1
Satz 1 des Waffengesetzes im Plural verwendete Wort
„Bewachungsaufträge“ soll deutlich machen, dass dieses
Bedürfnis eine Mehrzahl von Bewachungsaufträgen abdeckt.
Der zweite Teil der Frage ist dahin gehend zu beantworten, dass lediglich vor der Aufnahme der bewachungsunternehmerischen Betätigung als solcher die
Wahrnehmung qualifizierter Aufträge zu prüfen ist.
Die nähere Bestimmung der Sicherungsaufträge
durch den Relativsatz am Ende von § 28 Abs. 1 Satz 1
hat die Funktion, dem Bewachungsunternehmer aufzuerlegen, sein unternehmerisches Bedürfnis durch die
Glaubhaftmachung des Vorhandenseins von Aufträgen,
Vorverträgen oder Voranfragen für Schusswaffen erfordernde und in diesem Sinne qualifizierte Objekt- oder
Personensicherungsaufgaben zu begründen.
Der Singular in den Ausdrücken „einer gefährdeten
Person“ bzw. „eines gefährdeten Objekts“ wird nicht im
Sinne einer quantitativen Einschränkung verwendet. Er
bringt vielmehr zum Ausdruck, dass ein Auftrag bereits
dann qualifiziert sein kann, wenn er nur ein Schutzziel
zum Gegenstand hat. Dies wird insbesondere aus der
Gegenäußerung der Bundesregierung - Bundestagsdrucksache 14/7758, Seite 134 - deutlich.
Herr Kollege Zeitlmann.
Ich habe keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 22 des Kollegen Wolfgang
Zeitlmann auf:
Trifft es zu, dass die melderechtlichen Rechtsgrundlagen
für die Bestimmung des Waffengesetzes, wonach die Einwohnermeldeämter die von der zuständigen Behörde gelieferten
Listen von Waffeninhabern zu prüfen und gegebenenfalls zu
berichtigen haben, nicht vorhanden sind und, wenn ja, wie gedenkt die Bundesregierung hier Abhilfe zu schaffen?
Herr Kollege Zeitlmann, es trifft nicht zu, dass keine
Rechtsgrundlagen für den Datenaustausch von Waffenund Meldebehörden vorhanden seien. Es besteht daher
keine Notwendigkeit zu einer Abhilfe.
Die grundlegenden Vorschriften sind § 44 des Waffengesetzes und die durch Art. 5 des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vorgenommenen Änderungen
des Melderechtsrahmengesetzes. Ich weiß nicht, ob Sie
sich an diese Änderungen erinnern können. Ergänzende
Regelungen wurden durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes vom 27. Mai
2003, das am 5. Juni 2003 in Kraft getreten, also relativ
aktuell ist, getroffen. Die Verarbeitung der von der Waffenbehörde übermittelten Daten bei den Meldebehörden
ist dadurch auf eine sichere Rechtsgrundlage gestellt
worden, dass die einschlägigen Bestimmungen des Melderechtsrahmengesetzes für unmittelbar anwendbar erklärt wurden. Die Schaffung gleichgerichteter Befugnisnormen in den Meldegesetzen der Länder braucht damit
nicht erst abgewartet zu werden.
Auch hierzu gibt es offenkundig keine Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 23 der Kollegin Pau auf:
Wie viele Datensätze waren per 1. Januar 2003 im Schengener Informationssystem gespeichert und wie verteilen sie
sich auf die einzelnen Datenkategorien der Art. 95 bis 100 des
Schengener Durchführungsübereinkommens, SDÜ, und zwar
Festnahme mit dem Ziel der Auslieferung nach Art. 95, Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten nach Art. 96, Aufenthaltsermittlung nach den Art. 97 und 98, polizeiliche Beobachtung nach Art. 99, Sachfahndung nach Art. 100?
Frau Kollegin Pau, der Ladezustand des Schengener
Informationssystems, kurz SIS genannt, teilte sich am
1. Januar 2003 wie folgt auf die Daten nach den einzelnen Artikeln des Schengener Durchführungsübereinkommens auf: Ich habe Ihnen die Zahlen jeweils nach
den von Ihnen genannten Artikeln aufgelistet. Bei
Art. 95 SDÜ betreffend Festnahmen ergibt sich die Zahl
von 13 826, bei Art. 96 SDÜ betreffend Einreiseverweigerungen die Zahl von 775 868, bei Art. 97 SDÜ betreffend Erwachsene in vorläufiger Ingewahrsamnahme die
Zahl von 16 983.
Frau Pau, ich könnte Ihnen die weiteren Zahlen gerne
vorlesen, möchte aber den Vorschlag machen, dass ich
Ihnen die Auflistung nachher einfach in die Hand drücke, um die Kolleginnen und Kollegen nicht mit diesem
trockenen Zahlenmaterial zu langweilen. Ich hoffe, Sie
sind damit einverstanden.
Solche Ankündigungen stiften natürlich immer einen
Anflug von Misstrauen, ob sich nicht hinter dieser großzügigen Geste das Bemühen um das sorgfältige Verhüllen relevanter Daten verbirgt. Aber das ist ja gegebenenfalls durch Beifügung dieser Information zu Protokoll zu
heilen.
Herr Präsident, ich muss den Herrn Staatssekretär in
Schutz nehmen: Alle Versprechungen im Rahmen von
Fragestunden im vergangenen Jahr wurden, wenn es um
die Übergabe von Materialien ging, durch Herrn Körper
postwendend erfüllt.
({0})
Dass er das noch erleben durfte! - Frau Pau, Sie haben dennoch die Möglichkeit zu einer Zusatzfrage.
Ich habe Zusatzfragen. - Herr Staatssekretär, können
Sie mir sagen, wie viele der Datensätze in den jeweiligen
Kategorien - die genauen Zahlen werde ich ja später
nachlesen können - vom deutschen SIRENE-Büro eingegeben wurden?
Nein, das kann ich Ihnen nicht beantworten.
Eine weitere Frage?
Da Sie das nicht beantworten können, ist meine
zweite Frage in diesem Fall gegenstandslos.
Ich will Ihnen auch hier das Angebot machen, zu versuchen, Ihnen diese Antwort schriftlich nachzureichen.
({0})
Dann rufe ich die Frage 24 der Abgeordneten Petra
Pau auf:
Wie viele „Arbeitsdateien zu Analysezwecken“ werden
derzeit bei Europol betrieben und wie viele Personen sind jeweils darin gespeichert?
Frau Kollegin Pau, Europol betreibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt 19 Arbeitsdateien zu Analysezwecken.
Auf Anfrage der Bundesregierung prüft Europol derzeit,
ob die Angabe der Anzahl der in den Arbeitsdateien
gespeicherten Personen mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Aufgrund der Tatsache, dass die in den Arbeitsdateien gespeicherten Daten von verschiedenen Mitgliedstaaten stammen, muss ferner geprüft werden, ob
die Nennung der Anzahl gespeicherter Personen durch
Europol vom jeweiligen Mitgliedstaat, der Dateneigentümer bleibt, gebilligt werden muss. Daher kann die Anzahl gespeicherter Personen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht genannt werden. Die Bundesregierung
berichtet zum Ergebnis der Europolprüfung nach.
Bitte schön.
Herr Staatssekretär, ich wüsste dann gerne noch, seit
wann diese Arbeitsdateien zu Analysezwecken und zu
welchen operativen und strategischen Analyseprojekten
sie eingesetzt werden.
({0})
Das ist nicht geheim. Dieses Projekt läuft seit einigen
Monaten. Ich kann Ihnen im Moment nicht den genauen
Zeitpunkt nennen, zu dem das Ergebnis vorliegen wird.
Sie wissen ja, dass an Europol außer Deutschland
viele andere Länder beteiligt sind und dass Europol derzeit von mehreren Ländern in Anspruch genommen
wird. Das macht das Ganze nicht gerade einfacher und
deshalb sind auch stets bestimmte Zeitvorläufe notwendig.
Weitere Zusatzfrage?
Ja. - Herr Staatssekretär, ich frage nicht nach den anderen europäischen Beteiligten, würde aber gern wissen,
wie viele deutsche Experten bzw. Verbindungsbeamtinnen und -beamte an diesen Analysegruppen beteiligt
sind.
Ich kann Ihnen sagen, dass die deutsche finanzielle
Beteiligung an Europol bei 23,8 Prozent und die personelle Beteiligung zwischen 10 und 12 Prozent liegt.
Auch wenn es diese Differenz gibt, so glaube ich doch,
dass wir in diesen Arbeitsgruppen entsprechend unserer
Beteiligung am Personalkörper vertreten sind.
Ich rufe die Frage 25 der Abgeordneten Dr. Gesine
Lötzsch auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Verbindungen zwischen rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland und Schweden?
Frau Kollegin Lötzsch, das Bundesamt für Verfassungsschutz hat Kenntnis von einer Reihe von Kontakten zwischen Mitgliedern deutscher und schwedischer
rechtsextremistischer Gruppierungen. Die Kontakte basieren auf zum Teil engen persönlichen Beziehungen. So
besuchen schwedische Neonazis ihre Gesinnungsgenossen in Deutschland und nehmen an Demonstrationen
- wie zuletzt am Rudolf-Heß-Gedenkmarsch am 16. Au5266
gust dieses Jahres in Wunsiedel - teil. Deutsche Rechtsextremisten nutzen die Kontakte nach Schweden beispielsweise zum Vertrieb rechtsextremistischer Musik
über schwedische Vertriebsfirmen. Bei Skinhead-Konzerten werden immer wieder Besucher aus dem jeweils
anderen Land festgestellt.
Bitte sehr, Frau Lötzsch.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär,
gibt es eine Zusammenarbeit zwischen den deutschen
und den schwedischen Behörden, um solche Vorkommnisse wie die, die Sie eben beschrieben haben, zu unterbinden?
Wenn es eine solche Zusammenarbeit nicht gäbe,
hätte ich Ihnen diese Informationen nicht zukommen lassen können. Diese Zusammenarbeit besteht selbstverständlich auch hinsichtlich einer möglichen Strafverfolgung.
Weitere Zusatzfrage?
Ja. - Gibt es eine Zusammenarbeit zwischen den
deutschen und den schwedischen Behörden bei der Suche nach dem Mörder der schwedischen Außenministerin?
Es gab meines Wissens vonseiten der schwedischen
Behörden eine Anfrage an das Bundeskriminalamt. Darüber hinaus sind, soweit ich weiß, in diesem Fall keine
Anfragen vonseiten der schwedischen Behörden an uns
gerichtet worden.
Zusatzfrage der Kollegin Pau.
Herr Staatssekretär, noch einmal zurück zur Ausgangsfrage: Ist im Innenministerium vor dem Hintergrund der Erkenntnisse, die Sie zur Zusammenarbeit
von schwedischen und deutschen Neonazis vorgetragen
haben, und der Erkenntnisse des Justizministeriums zum
Thema Rechtsterrorismus und Planung von Anschlägen, die wir vorhin debattiert haben, eine Neubewertung
der Gefahrenlage in diesem Bereich vorgenommen worden?
Ob es zu einer Neubewertung der Gefahrenlage
kommt, kann ich nicht beurteilen. Ich kann aber so viel
sagen: Einige Anlässe aus jüngster Zeit erfordern von
uns eine erhöhte Wachsamkeit in diesem Bereich. Sie
haben ja für die nächste Sitzung des Innenausschusses
diesbezüglich einen Bericht erwünscht, den wir entsprechend werden geben können.
Die Frage 26 des Kollegen Binninger wird schriftlich
beantwortet. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs.
Wir kämen nun eigentlich zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Da die
Fragen 27 und 28 des Kollegen Hinsken sowie die Frage
29 des Kollegen Nooke allerdings ebenfalls schriftlich
beantwortet werden sollen, kann ich sogleich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft aufrufen. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Dr. Thalheim zur Verfügung.
Zunächst die Frage 30 des Kollegen Schirmbeck:
Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Dr. Gerald
Thalheim in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom
12. September 2003, dass der Ökolandbau nicht stärker subventioniert werden solle und dass Thema Nummer eins in Zukunft nicht die Agrarwende sei?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Präsident, wegen des inhaltlichen Zusammenhangs bitte ich darum, die beiden Fragen des Kollegen
Schirmbeck zusammen beantworten zu dürfen.
Dann rufe ich auch die Frage 31 des Kollegen
Schirmbeck auf:
Welche Konsequenzen hat die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Dr. Gerald
Thalheim in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom 12. September 2003 für die künftige Agrarpolitik der Bundesregierung?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Sehr geehrter Herr Kollege Schirmbeck, die Berichterstattung nach dem genannten Artikel hat deutlich gemacht, dass die Neuausrichtung der Agrarpolitik von der
Bundesregierung nicht infrage gestellt wird. Das gilt
auch für die Höhe der Förderung des Ökolandbaus. Insofern ergeben sich aus den Fehlinterpretationen meiner
Aussage keine Konsequenzen für die künftige Agrarpolitik. Die Bundesregierung verfolgt die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele weiterhin mit Nachdruck.
Bitte schön, Herr Kollege Schirmbeck.
Herr Staatssekretär, erlauben Sie mir vorweg die Bemerkung, dass ich es mannhaft finde, dass Sie uns hier
persönlich für Antworten zur Verfügung stehen.
Nach dem Studium der „Neuen Osnabrücker Zeitung“
hatte ich sehr wohl den Eindruck, Sie wollten uns mitteilen, dass in der Agrarpolitik etwas Konkretes geschehen
müsse. Denn Sie haben unter anderem ausgeführt, wir
müssten uns in der Zukunft verstärkt darum kümmern,
dass die Landwirtschaft in Deutschland bleibt, und darauf hingewiesen, dass die Betriebe in der Landwirtschaft wie auch in der verarbeitenden Industrie in der
Zukunft größer werden müssten, weil sich das Konsumverhalten in der Gesellschaft ändern werde. Angesichts
dieser Feststellungen frage ich Sie: Wollten Sie nicht
doch deutlich machen, dass in der Agrarpolitik ein Umsteuern stattfinden müsse? Am nächsten Tag haben die
ehemaligen Landwirtschaftsminister Funke und Bartels
Sie in dieser Richtung nachdrücklich unterstützt.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Schirmbeck, meine Anwesenheit hier
hat nichts mit Mannhaftigkeit zu tun. Im Gegenteil:
({0})
Ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit habe, hier einige Klarstellungen vornehmen zu können.
({1})
Zu Ihrem Hinweis, dass sich in dem Gespräch mit
dem Journalisten, das ich geführt habe, auch der Halbsatz findet, es gehe darum, die Landwirtschaft in
Deutschland zu halten, kann ich sagen: Dies bezog sich
insbesondere auf die Umsetzung der Ergebnisse aus der
Halbzeitbewertung der jüngsten Agrarreform. Denn es
ist in der Tat zu befürchten, dass es bei der weiteren Umsetzung - ich nenne nur das Stichwort Teilentkopplung in einigen Bereichen, insbesondere in der Rindfleischerzeugung, zu Betriebsaufgaben kommen wird. Dazu gibt
es in der einschlägigen Literatur entsprechende Aussagen. Es ist meiner Meinung nach in keiner Weise eine
Abweichung von den bisherigen Zielen der Bundesregierung in diesem Bereich, wenn ich mir vor diesem
Hintergrund Sorgen gemacht habe, die in der Zeitung zitiert wurden und die Sie jetzt genannt haben.
Zu Ihrem zweiten Hinweis, mit dem Sie sich auf
meine Aussage bezogen haben, dass es darauf ankomme,
sich stärker am Markt zu orientieren: Damit habe ich
- das ist in dem Artikel auch deutlich geworden - alle
Bereiche gemeint, sowohl den ökologischen Landbau als
auch die konventionelle Erzeugung. Gleiches gilt für die
im Trend liegenden Convenience-Produkte: Immer fordert die Nachfrageseite ein entsprechendes Angebot.
Herr Kollege, Ihre nächste Frage bitte.
Herr Staatssekretär, am 12. September war die Ministerin bei den WTO-Verhandlungen in Cancun. Sie waren, wenn man so will, ihr Stellvertreter. Morgens konnten wir das von mir zitierte Interview lesen, mittags hat
Ihr Pressesprecher eine Presseerklärung gegeben, in der
Ihnen vehement widersprochen wurde. Wenn es diesen
Dissens, den wir vermuten, gar nicht geben sollte, warum sah sich der Pressesprecher veranlasst, Sie zu korrigieren?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Schirmbeck, es wurde insbesondere
dem Tenor der sich anschließenden öffentlichen Diskussion widersprochen. Am Ende wurden die Interviewzitate nämlich fälschlicherweise in die Richtung interpretiert, die auch Sie eben vorgetragen haben.
Eine weitere Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, es hat anschließend ein Gespräch
zwischen Ihnen und Frau Ministerin Künast gegeben.
Was war Gegenstand des Gesprächs und was ist dabei
herausgekommen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
In dem Gespräch habe ich bedauert, dass meine Äußerungen Anlass für eine entsprechende Fehlinterpretation in der Öffentlichkeit waren. Aber in der Sache waren wir uns einig. Die Neuausrichtung der Agrarpolitik
hat zwei Seiten: Es muss eine stärkere Orientierung auf
den Verbraucherschutz, zum Beispiel die Lebensmittelsicherheit - Sie kennen die ganze Diskussion -, geben,
gewissermaßen spiegelbildlich muss diese Orientierung
an der Nachfrage der deutschen Landwirtschaft aber eine
neue Chance bieten.
Ihre letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, mit der Agenda 2010 will der
Bundeskanzler unter anderem erreichen, dass wir ein positives Investitionsklima in Deutschland bekommen.
Durch die Presseäußerungen, wie sie von Ihnen initiiert
worden sind, wird deutlich, welch unterschiedliche Meinungen es in der Bundesregierung gibt. Versetzen Sie
sich doch bitte einmal in die Situation eines Landwirts
etwa in Ihrem Alter, der einen 20- oder 25-jährigen Sohn
hat und der sich glücklich schätzen kann, dass sein Sohn
bereit ist, den Betrieb zu übernehmen.
Glauben Sie, dass Ihre Äußerungen für die Übernahmebereitschaft und die Bereitschaft, in den Betrieb zu
investieren und ihn zukunftsträchtig auszurichten, das
Investitionsklima gerade im ländlichen Raum zu verbessern, günstig waren? Oder sind Sie nicht doch mit mir
der Überzeugung, dass Sie damit genau das Gegenteil
dessen erreichen, was wir in der Landwirtschaft brauchen: Vertrauen in die politisch Handelnden, damit die
Unternehmer, die einzelnen Betriebsinhaber, wirklich
zukunftsträchtig investieren und die Landwirtschaft in
Deutschland erhalten bleibt - was Sie ja zu Recht bezweifeln?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Nein, dieser Überzeugung bin ich nicht.
Führen Sie sich vor Augen, welch zukunftsweisende
Entscheidungen mit der gegenwärtigen Agrarreform getroffen wurden: Bis zum Jahr 2013 haben wir Planungssicherheit. Allerdings ist einzuräumen, dass die Umsetzung der Reform eine Neuorientierung nach sich ziehen
wird: Es wird eine stärkere Marktausrichtung geben
müssen. In der Vergangenheit nämlich wurde die Dispositionsfreiheit der Landwirte durch die Kopplung der
Prämienzahlung an die Produktion eingeengt, das heißt,
wer Geld wollte, musste eine entsprechende Produktion,
die im Einzelfall möglicherweise auch unwirtschaftlich
war, aufrechterhalten. Das wird mit der Umsetzung der
Reform künftig entfallen.
Insofern sind mit der Reform durchaus positive Signale für die Landwirtschaft verbunden: zum einen finanzielle Planungssicherheit bis zum Jahr 2013 und zum
anderen Dispositionsfreiheit. Jeder kann künftig das Produkt anbauen, von dem er meint, es am Ende mit Erfolg
am Markt absetzen zu können. Unabhängig davon, welches Produkt er anbaut, erhält er die Zahlungen. Wir gehen davon aus, dass es gerade im Biobereich zunehmend
weitere Marktanteile geben wird.
Zusatzfrage des Kollegen Heiderich.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben darauf hingewiesen, dass die gegenwärtige Agrarreform auf europäischer Ebene den Landwirten doch erhebliche Probleme
bereitet. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, werden
im Zusammenhang mit der Cross Compliance sehr viele
Landwirte genötigt, ihren Betrieb aufzugeben, während
sich andererseits Betriebe vergrößern.
Wenn ich mich recht erinnere, hat Ihre Frau Ministerin die Beschlüsse aus Brüssel begrüßt und in den höchsten Tönen gelobt. Insofern sehe ich in dem, was Sie eben
ausgeführt haben, doch eine Neuorientierung der Agrarpolitik in Ihrem Hause. Oder habe ich Sie falsch verstanden?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Sie haben mich falsch verstanden. Die Ministerin hat
mehrfach deutlich gemacht, dass die Entkoppelung der
Prämienzahlungen, um in dem Fachjargon zu sprechen,
ein wichtiges Ziel der Bundesregierung ist. Genau dieses
Ziel konnte mit den Brüsseler Beschlüssen erreicht werden. Die Bundesregierung hält die Beschlüsse, an denen
sie, insbesondere Frau Bundesministerin Künast, mitgewirkt hat, für die Zukunft der Landwirtschaft in
Deutschland für sehr wichtig. Erfolge auf diesem Gebiet
werden sich einstellen.
Herr Kollege Heiderich, Sie können gleich stehen
bleiben. Denn da die Frage 32 des Kollegen Jahr schriftlich beantwortet wird, kommen wir nun zur Beantwortung der Frage 33, die Sie gestellt haben.
Bestätigt die Bundesregierung die Aussage der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, in ihrem Interview mit dem „Rheinischen Merkur“ - Nr. 34 vom 21. August 2003 -: „Gentechnik
hat doch mit dem Thema Hungerbekämpfung überhaupt
nichts zu tun“, und sind der Bundesregierung gegenteilige
Aussagen von Experten bzw. Gremien bekannt?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, anlässlich einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan,
Hans-Michael Goldmann, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP hat die Bundesregierung am 7. Mai dieses Jahres in der Bundestagsdrucksache 15/958 ihre Auffassungen zu den Möglichkeiten
der grünen Gentechnik zur Verbesserung der Welternährung dargelegt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie werden mir zugestehen, dass
ich den Inhalt der Antwort vom 7. Mai nicht auswendig
weiß. Deswegen erlaube ich mir, noch einmal nachzufragen.
Ist der Bundesregierung bekannt, dass auf der FAOTagung in Rom im vergangenen Jahr - wenn ich richtig
informiert bin, war Frau Bundesministerin Künast selbst
auf dieser Konferenz anwesend - intensiv darauf hingewiesen wurde, gerade die Biotechnologie sei ein besonders wichtiges Element für die nachhaltige Entwicklung
der Landwirtschaft, der Fischerei und der Forstwirtschaft auf der Welt und stelle ein besonders wirksames
Werkzeug dar, um die Möglichkeiten der Ernährung in
der Welt zu verbessern? Ist dies der Bundesregierung bekannt? Wie bewertet sie diese Äußerung?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Die von mir bereits erwähnte Kleine Anfrage geht in
einer ganzen Reihe von Fragen auf die Möglichkeiten
der grünen Gentechnik zur Verbesserung der Welternährung ein. In der Antwort werden mögliche Vorteile
beschrieben - die es in der Tat gibt -, aber auch die Probleme aufgezeigt, die bei einer ungeprüften Anwendung
von gentechnisch manipulierten Pflanzen in den Ländern
der Dritten Welt auftreten würden: Solange die entsprechenden Forschungseinrichtungen nicht vorhanden sind,
kann die Begleitforschung, die notwendig ist, um nachhaltig sachgerechte Entscheidungen treffen zu können,
nicht gewährleistet werden. Wie Ihnen bekannt ist, sind
im Cartagena-Protokoll international vertragliche Vereinbarungen geschlossen worden, um Gefahren bewerten und am Ende abwenden zu können.
Das heißt, es gibt sehr wohl Chancen, aber auch erhebliche Risiken. Das ist zu beachten. Insbesondere auf
die Frage der Hungerbekämpfung gibt es zurzeit ganz
andere Antworten als die Anwendung der Gentechnik.
Herr Heiderich.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, was Sie zuletzt
gesagt haben, ist unbestritten. Ich hatte aber gefragt - darauf möchte ich gerne eine Antwort der
Bundesregierung -, warum die Ministerin Künast in
Presseerklärungen öffentlich Meinungen kundtut, die
diametral im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen und zu dem, was die FAO erklärt und
die UN in ihrer Unterorganisation UNDP bekannt gibt.
Warum wiederholt die Ministerin ihre einseitige Stellungnahme?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, offensichtlich beziehen Sie
sich insbesondere auf gentechnisch veränderten Reis mit
einem erhöhten Vitamin-A-Gehalt.
({0})
In der schon erwähnten Kleinen Anfrage ist auf dieses
Problem eingegangen worden. Ich denke, das gilt generell.
Es ist viel über zukünftige Erfolge und Möglichkeiten
der Gentechnik spekuliert worden. Aber von der konkreten Anwendung in der Hungerbekämpfung und damit
der Lösung der Welternährung sind wir noch sehr weit
entfernt. Wenn man sich anschaut, bei welchen Kulturen
gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden,
stellt man fest, dass es dabei im Wesentlichen um die
Herbizidresistenz geht. Bei Baumwollpflanzen ist die
Resistenz gegen bestimmte Insekten wünschenswert. Insofern sind wir eher im Bereich hoch entwickelter Landwirtschaft und - wenn man so will - sogar im Hightechbereich.
Es geht hier also nicht um Ernährungsvorsorge und
Hungerbekämpfung. Man muss die Perspektiven der
Zukunft - dabei gelten die Einschränkungen, die ich vorhin deutlich gemacht habe - ganz klar von dem trennen,
was heute möglich ist. In der Hungerbekämpfung geht es
nicht um die Anwendung oder Nutzung von Vorteilen
der Gentechnik, sondern es geht darum, den Betroffenen
den Zugang zu den primitivsten Produktionsvoraussetzungen zu ermöglichen. Nicht das Saatgut aus den Laboren steht im Vordergrund, sondern dort heimisches Saatgut muss zur Verfügung gestellt werden. Es geht um
Wasser und primitivste Produktionstechnik. Diese beiden Bereiche muss man ganz eindeutig trennen.
Ich rufe nun die Frage 34 des Kollegen Heiderich auf:
Bestätigt die Bundesregierung die in dem gleichen Interview getroffene Aussage: „Untersuchungen an natürlichen
Reissorten haben ergeben, dass diese genauso gesund sind“
- wie der gentechnisch veränderte goldene Reis, der viel
Vitamin A enthält -; „da hilft also der Einsatz von Gentechnik“ - zur Hungerbekämpfung - „auch nicht viel weiter“, und
kennt die Bundesregierung diese Untersuchungen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, die Bundesregierung hat zur
Beurteilung von Reis mit erhöhtem Betacarotingehalt
aufgrund einer gentechnischen Veränderung anlässlich
der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Christel
Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Gudrun
Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
am 17. Mai 2003 in der bereits erwähnten Bundestagsdrucksache ihre Auffassung dargelegt. Auf die Antwort
der dortigen Frage 14 wird verwiesen. Ich hatte mir in
meiner Antwort von vorhin auf eine ähnlich gelagerte
Frage erlaubt, die Kernpunkte dieser Antwort der
Frage 14 zu erwähnen und darauf einzugehen.
Zusatzfrage.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus,
dass mir Frau Happach-Kasan das Ergebnis ihrer Anfrage zur Verfügung stellen wird.
Trotzdem darf ich noch einmal zurückfragen. Die
Frau Ministerin behauptet, dass zwischen diesen gentechnisch verbesserten Reissorten und den natürlichen
Reissorten überhaupt kein Unterschied bestehe; die Wissenschaft aber weist darauf hin - es handelt sich um eine
Forschung auf den Philippinen -, dass allein auf den
Philippinen jährlich 9 000 Neuerblindungen und 950 Todesfälle unter der Bevölkerung vermieden werden könnten, wenn man die Ernährung auf den Provitamin-AReis umstellen würde. Wie kann die Bundesregierung zu
der Aussage kommen, Untersuchungen hätten ergeben,
dass zwischen diesen verschiedenen Reissorten kein Unterschied bestehe? Wissen Sie, welche Untersuchungen
Frau Künast gemeint hat?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, erlauben Sie mir eingangs
die Bemerkung, dass die Antworten auf Kleine Anfragen
allen Mitgliedern des Hauses, nicht nur den Fragestellern, und der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
Sie dürften also dazu Zugang haben und sind nicht auf
die Hilfestellung von Frau Happach-Kasan angewiesen.
({0})
In dem zitierten Interview macht Frau Bundesministerin Künast auf den Zusammenhang zwischen Hungerbekämpfung und dem bereits erwähnten gentechnisch
veränderten Reis aufmerksam. Auch hier gilt meine bereits vorhin gemachte Aussage, dass wir von keiner Praxisanwendung ausgehen können. Das heißt, es wurde
den betreffenden Ländern erstmals Saatgut für entsprechende Feldversuche zur Verfügung gestellt. Vor diesem
Hintergrund, wie er auch in der Antwort auf die Frage 14
dargelegt wird, ist die Antwort von Frau Bundesministerin Künast zu verstehen, dass uns aktuell zur Bekämpfung der von Ihnen erwähnten Krankheit gentechnisch
veränderter Reis nicht zur Verfügung steht und somit das
von Ihnen beschriebene Problem auch nicht gelöst werden kann. Ob das in ferner Zukunft einmal unter Beachtung der Punkte, die bereits von mir genannt wurden,
möglich ist, darüber möchte ich an dieser Stelle nicht
spekulieren.
Herr Staatssekretär, erlauben Sie, dass ich die Bundesregierung darauf hinweise, dass dieser Reis auf den
Philippinen bereits in der Landwirtschaft eingesetzt
wird, wenn auch nur probeweise, und in die regionalen
Sorten eingekreuzt ist, dass er den Kleinbauern zur Verfügung steht und diese den Reis, der keinem Patentschutz unterliegt, nutzen können, weil er das Ergebnis
öffentlicher Forschung - der ETH Zürich - ist und der
Einsatz öffentlich gefördert wird?
Ich würde der Bundesregierung empfehlen, sich mit
diesem Projekt etwas näher zu beschäftigen. Wenn man
das Projekt näher kennt, kann man nicht zu solchen Ergebnissen kommen. Frau Ministerin Künast hat in diesem Interview eben nicht auf eine spezielle Anwendung
oder auf konkrete Dinge hingewiesen, sondern sie hat
generell in Abrede gestellt, dass diese Entwicklungen
der Gentechnik für die Zukunft positive Ergebnisse erbringen können. Ich frage, ob die Bundesregierung angesichts der vielen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die es
im Hause des Verbraucherschutzministeriums gibt, tatsächlich eine generelle Ablehnung der Gentechnik unterstützen kann.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege, meinen bereits in der Sache gemachten
Aussagen ist nichts hinzuzufügen.
({0})
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereiches.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung auf. Es
wird um schriftliche Beantwortung der Fragen 35 und 36
gebeten.
Zur mündlichen Beantwortung der Fragen steht die
Parlamentarische Staatssekretärin Caspers-Merk zur
Verfügung.
Ich rufe nun die Fragen 37 und 38 des Kollegen
Hubert Deittert auf:
Wie ist der Stand der Umsetzung des „Dritten Programms
zur Durchführung des Abkommens vom 10. November 1989
zwischen dem Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen
und Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland und dem
Minister für Gesundheitswesen und Sozialfürsorge der Volksrepublik Polen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des
Gesundheitswesens und der medizinischen Wissenschaft“
vom 13. September 1999?
Wurde die polnische Regierung über eine mögliche Nichtumsetzung des Programms informiert?
Lieber Kollege Deittert, das Dritte Programm hat wie
seine beiden Vorläuferprogramme zu einer Intensivierung des Erfahrungsaustauschs zwischen deutschen und
polnischen Experten auf zahlreichen Gebieten des Gesundheitswesens und der medizinischen Wissenschaft
beigetragen. Im Rahmen des Dritten Programms, das bis
zum September 2002 gültig war, wurden insgesamt
13 Kooperationsprojekte durch eine Förderung seitens
des Bundesministeriums für Gesundheit unterstützt bzw.
erst ermöglicht.
Insgesamt stellte das Bundesministerium für Gesundheit während der Laufzeit des Dritten Durchführungsprogramms zum deutsch-polnischen Gesundheitsabkommen circa 130 000 Euro zur Finanzierung bilateraler
Kooperationsprojekte zur Verfügung.
Ich kann Ihnen gerne auch die einzelnen Kooperationsschritte und die durchgeführten Maßnahmen erläutern. Im Wesentlichen wurde ein Expertenaustausch finanziert - so wurde polnischen Medizinern und
Wissenschaftlern ein Gastaufenthalt an verschiedenen
deutschen Universitäten ermöglicht - und es wurden gemeinsame Symposien durchgeführt. Insbesondere wurde
die Zusammenarbeit auf den vereinbarten Gebieten intensiviert.
Wichtig scheint mir noch, dass Sie nach einem bereits durchgeführten Abkommen fragen, das nicht mehr
dem heutigen Stand entspricht. Sie wissen sicherlich,
Herr Kollege Deittert, dass wir am 18. Juni 2002 das
Vierte Programm zur Durchführung des bilateralen Gesundheitsabkommens aufgelegt haben, das seit September 2002 in Kraft ist. Bei der Auflegung eines neuen
Programms wird regelmäßig danach gefragt, in welchen Bereichen die Kooperation gut funktioniert hat, wo
Erweiterungsbedarf besteht und welche Schwerpunkte
künftig gesetzt werden sollen. Insofern findet mit der
polnischen Seite ein intensiver Dialog statt. Dass neue
Schwerpunkte hinzugekommen sind, zeigt, dass es
durchaus eine Veränderung der Maßnahmen gibt.
Von polnischer Seite wurde darum gebeten, die Zusammenarbeit bzw. den Expertenaustausch auf den Gebieten der Kardiologie und der Transplantationsmedizin
zu intensivieren. Wir haben unsererseits - weil es viele
Rückfragen von polnischer Seite gab - angeboten, die
Zusammenarbeit im Bereich der Drogen- und Suchtkrankheiten zu intensivieren. Auch dies ist Bestandteil
des Vierten Programms.
Herr Kollege Deittert.
Ich habe eine Zusatzfrage. Ist der Bundesregierung
bekannt, dass sich zum Beispiel die Neurochirurgische
Klinik in Bielefeld-Bethel seit April 2002 - und zwar bis
September 2003 erfolglos - um die Teilnahme an diesem
Programm bemüht hat? Erst seitdem ich angefangen
habe, ein bisschen im Hintergrund zu agieren, tut sich
offenbar etwas.
Ich kann nur darauf hinweisen, dass die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Institutionen von uns gefördert wird, wenn Förderanträge eingehen. Wenn es Probleme in der Abwicklung gibt, hängt dies oft damit
zusammen, dass die polnische Seite die Durchführung
nicht gewährleisten kann bzw. dass Unterlagen oder eine
Konzeption fehlen.
Wenn es im Einzelfall Probleme gibt, bitte ich Sie,
Herr Kollege, sich direkt an mich zu wenden, damit ich
in einem solchen Fall helfen kann. Wir haben in dem
Dritten Programm die Zusammenarbeit mit folgenden
Kliniken finanziert: mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg, dem Institut für Reproduktionsmedizin der Universität Münster und der Klinik für
Augenheilkunde am Klinikum Neubrandenburg. In diesen Fällen hat die Kooperation gut geklappt.
Wenn es Hürden bei der Durchführung gibt, sind wir
gerne bereit zu helfen. Ich will in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass wir viele bilaterale Abkommen zur Intensivierung der Zusammenarbeit im gesundheitspolitischen Bereich geschlossen haben. Gerade mit
Polen funktioniert die Zusammenarbeit besonders gut.
Wenn es in einem Einzelfall Probleme gibt, helfen wir
gerne.
Eine weitere Zusatzfrage.
Eine weitere Frage: Gibt es einen zeitlichen Rahmen
für die Umsetzung dieses Abkommens?
Die Programme haben immer einen zeitlichen Rahmen von drei Jahren. Derzeit läuft das Vierte Programm.
Sie haben in Ihrer Frage nach dem Dritten Programm gefragt, das im September 2002 ausgelaufen ist. Seit
September 2002 ist das Vierte Programm in Kraft. Innerhalb dieses Programm gibt es - das habe ich bereits erläutert - zusätzliche Schwerpunkte wie die Kardiologie
und Präventionsprogramme in der Suchtforschung.
Auch dieses Programm wird drei Jahre laufen.
Wenn innerhalb dieses Vierten Rahmenprogramms
Interesse seitens bestimmter Einrichtungen besteht, die
aber nicht zum Zuge kommen, würden wir - ich wiederhole an dieser Stelle mein Angebot - gerne helfen, bestehende Hürden beiseite zu räumen.
Vielen Dank.
Die Frage 39 des Kollegen Dietrich Austermann sowie die Fragen 40 und 41 des Kollegen Georg Girisch
werden schriftlich beantwortet.
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des
Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwortung.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 42 der Kollegin Renate Blank auf:
Sieht die Bundesregierung nach den Gesprächen mit der
EU-Kommissarin Loyola de Palacio in Brüssel eine Möglichkeit, das dem Güterkraftverkehrsgewerbe zugesagte Harmonisierungsvolumen von 600 Millionen Euro auch tatsächlich zu
realisieren, und, wenn ja, wie?
Liebe Frau Kollegin Blank, dem Güterkraftverkehrsgewerbe ist als Ergebnis eines gleich lautenden Beschlusses des Deutschen Bundestages, des Bundesrates und der
Bundesregierung zugesagt worden, dass sich die Bundesregierung für ein Harmonisierungsvolumen in Höhe von
600 Millionen Euro einsetzen wird. Dieses Harmonisierungsvolumen soll vorrangig durch ein Mautermäßigungsund Mineralölsteueranrechnungsverfahren erzielt werden. Dementsprechend hat die Bundesregierung diese
Maßnahme bei der Europäischen Kommission notifiziert.
Die Kommission hat hierüber das Beihilfeprüfverfahren
nach Art. 88 Abs. 2 des EG-Vertrages eröffnet.
Bundesminister Dr. Manfred Stolpe hat in seinem Gespräch mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Frau de Palacio, am 26. August 2003 deutlich
gemacht, dass die Bundesregierung an dieser Harmonisierungsmaßnahme unverändert festhält, dass deren Umsetzung aber von der Genehmigung der EU-Kommission
abhängt. Auch in den weiteren Gesprächen mit der
Kommission wird sich die Bundesregierung intensiv für
die Realisierung der zugesagten Harmonisierung einsetzen.
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Frau Staatssekretärin, warum wurde trotz anderer
Planungen im Mautkompromiss vom 21. Mai 2003, den
Sie soeben beschrieben haben, nun doch in Brüssel die
Mauterhebung mit der Harmonisierungsfrage kombiniert
und wieso war in dieser Frage noch ein Kabinettsbeschluss am 17. September 2003 notwendig?
Frau Kollegin Blank, wie Sie wissen, ist dieser Harmonisierungsschritt bei der EU-Kommission zu notifizieren. Das haben wir getan. Sie wissen aber auch, dass
dies insgesamt nicht mit der Mauterhebung verknüpft
ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, dass mich Ihre Antwort nicht
befriedigt, ist klar.
Wie bewerten Sie folgende Äußerung des Bundeskanzlers im „Tagesspiegel“ vom 25. August 2003:
Es geht um eine schwierige Beihilfefrage. Diese
müsse so gelöst werden, dass Deutschland sich verpflichte, von der Vergabe einer geplanten Beihilfe
nicht Gebrauch zu machen, bis die Kommission zugestimmt habe. Wenn sie negativ votiert, gibt es gar
nichts.
Bedeutet das, dass Sie völlig auf Harmonisierung verzichten, wenn Brüssel abschlägig entscheidet?
Frau Kollegin Blank, der Bundeskanzler hat vollkommen Recht. Es geht darum, dass ein Beihilfeverfahren
eingeleitet ist. Es bleibt abzuwarten, wie die EU-Kommission entscheidet.
Ich rufe nun die Frage 43 der Kollegin Renate Blank
auf:
Hat die von der EU-Kommissarin Loyola de Palacio und
dem Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
Dr. Manfred Stolpe, eingesetzte Arbeitsgruppe zur Maut bzw.
Harmonisierung bereits getagt und was ist die konkrete Zielsetzung dieser Arbeitsgruppe?
Frau Kollegin Blank, Bundesminister Dr. Manfred
Stolpe und die EU-Vizepräsidentin, Frau de Palacio, haben am 26. August 2003 vereinbart, eine technische Arbeitsgruppe aus Vertretern der Bundesregierung und der
Europäischen Kommission unter Einbeziehung der Verbände der Transportwirtschaft einzusetzen, die eventuell
noch offene technische Fragen prüfen soll. Fragen der
Harmonisierung sind nicht Gegenstand der Besprechungen der technischen Arbeitsgruppe. Eine erste Sitzung
dieser technischen Arbeitsgruppe fand am 12. September 2003 statt.
Eine Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, wie oft waren Bundesminister
Dr. Stolpe und sein zuständiger Staatssekretär Nagel in
Sachen Maut bei der zuständigen EU-Kommissarin Frau
Loyola de Palacio in Brüssel und welches waren die
konkreten Gegenstände der jeweiligen Verhandlungsgespräche?
Frau Kollegin Blank, es waren mehrere Gespräche.
Ich kann Ihnen aus dem Kopf aber nicht die genaue Anzahl sagen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage.
Zieht die Bundesregierung im Hinblick auf das Vorgehen in Brüssel Schlussfolgerungen aus den Problemen
bei der Einführung der Eurovignette im Zusammenhang
mit der Kfz-Steuersenkung?
Dazu gibt es im Moment keine Veranlassung.
Ich rufe die Frage 44 des Kollegen Klaus Hofbauer
auf:
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Wird sich der Lückenschluss der Bundesautobahn A 6 im
Abschnitt Amberg-Ost-Pfreimd durch die zeitliche Verschiebung der Einführung der LKW-Maut verzögern, sodass das
Versprechen von Bundeskanzler Gerhard Schröder vom
18. Dezember 2000 in Weiden zu einer kompletten Fertigstellung der A 6 bis zum Jahr 2008/2009 nicht eingehalten werden kann, und, wenn nein, welche Baufortschritte können mit
den für die A 6 im Haushalt 2004 vorgesehenen Mitteln erreicht werden?
Der Fertigstellungstermin wird davon nicht tangiert.
Für den rund 150 Millionen Euro teuren Bauabschnitt
Amberg-Ost-Pfreimd ist eine fünfjährige Bauzeit vorgesehen. Bauziel ist das Jahr 2008/2009. Baubeginn ist im
Jahr 2004. Im ersten Jahr der Bauzeit fallen erfahrungsgemäß für Vorarbeiten und den Brückenbau Ausgaben in
Höhe von bis zu 5 Prozent der Baukosten an. Ein solcher
Betrag kann innerhalb des bayerischen Anteils am
Bundesfernstraßenhaushalt 2004 erwirtschaftet werden.
Einzelheiten zum Bauablauf und zur Finanzierung dieses
letzten neu zu beginnenden Abschnitts der A 6 sind Gegenstand bilateraler Abstimmungen zwischen dem Bund
und der bayerischen Straßenbauverwaltung im Rahmen
der bevorstehenden Besprechungen des Finanzierungsprogramms.
Zusatzfrage.
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, zunächst herzlichen Dank für die Zusage. Wenn ich den Haushaltsentwurf richtig verstanden habe, dann ist in ihm für dieses
Projekt ein Betrag in Höhe von 1 Million Euro vorgesehen. Nach meiner Überschlagsrechnung sind das keine
5 Prozent. Wenn Sie bereits am Anfang nur so geringe
Summen zur Verfügung stellen, besteht dann überhaupt
die Möglichkeit, bis zum zugesagten Termin fertig zu
werden?
Dieser Betrag - das ist meine zweite Frage - kann
doch nicht aus dem Pauschalbetrag, der dem Freistaat
Bayern zugewiesen wird, herausgenommen werden? Es
handelt sich doch um einen eigenen Titel im Entwurf des
Haushaltsplans 2004, oder?
Sie wissen, dass wir mit den Straßenbauverwaltungen
der Länder bilaterale Vereinbarungen treffen. In diesem
Rahmen werden Baubeginne und Finanzvolumina ausgehandelt, die Grundlage für den Bundeshaushalt des
nächsten Jahres sind.
Weitere Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall.
Die Fragen 45, 46, 47 und 48 der Kollegen Dirk
Fischer ({0}) und Stephan Mayer ({1}) werden nach den Richtlinien der Fragestunde schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 49 des Kollegen Thomas
Dörflinger auf:
Ist der Bundesregierung das im Auftrag der Schweizer Regierung durch das niederländische Luft- und Raumfahrtinstitut - National Aerospace Laboratory, NLR - erstellte Gutachten zur Schweizer Flugsicherung Skyguide bekannt, das
wesentliche Sicherheitsmängel bei der Luftüberwachung des
süddeutschen Raumes offenbart, und, wenn ja, welche
Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus?
Das Gutachten des niederländischen Luft- und Raumfahrt-Instituts, NLR, liegt der Bundesregierung vor.
Nach Ansicht der Bundesregierung unternimmt die
Schweiz Anstrengungen, um die im Gutachten des NLR
aufgeführten Defizite zu beheben. Dies bezieht sich auf
Veränderungen bei der Luftfahrtverwaltung insgesamt
und auf spezifische Maßnahmen beim Schweizer Flugsicherungsunternehmen Skyguide, deren Durchführung
das Bundesamt für Zivilluftfahrt der Schweiz auf der
Grundlage des NLR-Berichts angeordnet hat.
Noch im September 2003 wird das Bundesamt für
Zivilluftfahrt hierzu bei Skyguide ein Audit durchführen. Auf Einladung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt
werden auch deutsche Vertreter teilnehmen.
Darüber hinaus hat die deutsche Bundesstelle für
Flugunfalluntersuchungen, BFU, in ihrem noch nicht
veröffentlichen Berichtsentwurf zum Unfall bei Überlingen Sicherheitsempfehlungen formuliert, die von Skyguide umgesetzt werden sollten. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt hat die Umsetzung dieser Empfehlungen
vorab angeordnet. Auch hierbei wurde vereinbart, dass
deutsche Vertreter an der Überprüfung der Umsetzung
dieser Sicherheitsempfehlungen beteiligt werden.
Es wird keine Notwendigkeit für weitergehende Maßnahmen gesehen, da hier bereits über das übliche Verfahren, nach dem die jeweiligen nationalen Behörden die
Überwachung durchführen, hinausgegangen wird.
Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, Sie sagten, es werde keine Notwendigkeit gesehen, über das von Ihnen Dargestellte hinaus politisch tätig zu werden. Das erstaunt mich schon
etwas, zumal im niederländischen Gutachten Sicherheitsmängel festgestellt wurden. Vor dem Hintergrund
der Tatsache, dass im Anflug auf den Flughafen ZürichKloten unter anderem vier kerntechnische Anlagen überflogen werden, frage ich Sie, ob das, was in dem Gutachten steht, für Sie Anlass ist, nicht nur auf der Fachebene
zwischen dem Luftfahrtbundesamt und dem Bundesamt
für Zivilluftfahrt in Bern, sondern auch zwischen den
Ministerien, dem Bundesministerium für Verkehr, Bauund Wohnungswesen und dem Eidgenössichen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation,
dieses Thema bilateral auf höchster Ebene zu besprechen
und nach Alternativen zu suchen.
Herr Kollege Dörflinger, ich habe Ihnen gesagt, dass
die Hinweise, die im Gutachten gegeben werden, von uns
selbstverständlich beachtet werden und dass die deutschen Vertreter - sie wurden vom BAZL eingeladen - natürlich auch darauf achten werden, dass sie umgesetzt
werden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ich stelle in diesem Zusammenhang nochmals eine
Frage, die ich schon vor einiger Zeit schriftlich gestellt
habe. Erinnern Sie sich an die Aussage des früheren
Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Kurt Bodewig - dann bestehe aufgrund der Verfassung
der Bundesrepublik Deutschland die Notwendigkeit, die
Flugsicherung in die eigene nationale, deutsche Zuständigkeit und damit in die Zuständigkeit der BFS zu überführen -, die er vor der Bundestagswahl 2002 als Reaktion auf das Scheitern des Staatsvertrages zwischen
Deutschland und der Schweiz betreffend die Anflüge auf
Zürich-Kloten gemacht hat? Ist das, was nun in dem
Gutachten durch das NLR bestätigt wird, nicht ein
Grund dafür, dass es höchste Eisenbahn ist, diese Ankündigung von Kurt Bodewig endlich in die Tat umzusetzen?
Herr Kollege Dörflinger, es geht darum, die Luftverkehrssicherheit zu gewährleisten. Wir gehen den Hinweisen, die gegeben werden, selbstverständlich nach und
kümmern uns auch darum, dass eine vernünftige, gerechte Verteilung der Lasten, die der Flughafen ZürichKloten verursacht, gewährleistet wird. Sie wissen, dass
wir nach dem Scheitern des Staatsvertrages eine entsprechende Verordnung erlassen haben. Wir werden, was die
Flugsicherung angeht, nach wie vor in den Arbeitsgruppen zusammenarbeiten.
Frage 50 des Kollegen Dörflinger:
Ist die Bundesregierung bereit, dieses Gutachten zum Anlass zu nehmen, die Frage der Rückübertragung der Luftüberwachung in Süddeutschland in deutsche Verantwortung erneut
zu erwägen, und wie ist der Stand der deutsch-schweizerischen Verhandlungen in dieser Angelegenheit?
Die Bundesregierung hat Gespräche zur Erarbeitung
eines Konzeptes für die Organisation der Flugsicherung
im Grenzbereich mit dem Ziel der Vervollständigung der
rechtlichen Grundlagen und der Festlegung flugsicherungstechnischer Fragen aufgenommen. Zwischenergebnisse liegen noch nicht vor. Das Konzept soll die Sicherheit im Luftverkehr garantieren, einen technisch
einwandfreien Verkehrsfluss ermöglichen und die europäischen Entwicklungen einbeziehen. Eine Beteiligung
der Bundesrepublik Deutschland an Entscheidungs- und
Verfahrensabläufen soll sichergestellt werden. Ein Bericht wird Anfang nächsten Jahres vorliegen.
Herr Dörflinger, Ihre erste Zusatzfrage.
Sie sehen mich in größtem Erstaunen, und zwar vor
folgendem Hintergrund: Nach dem Gespräch mit dem
Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
vor der Sommerpause - auch ich konnte daran teilnehmen -, bei dem aus nachvollziehbaren Gründen verabredet wurde, der Schweiz anzubieten, den Vollzug des
zweiten Teils der Rechtsverordnung bis zum 30. Oktober
auszusetzen, sagen Sie nun, dass der Bericht über die
Zuständigkeit für die Flugsicherung bis zum Anfang des
nächsten Jahres vorliegen soll, sodass Konsequenzen
daraus erst in der Folge gezogen werden können. Wie
passen diese beiden Daten zueinander? Das verstehe ich
nicht.
Herr Kollege Dörflinger, es wird eine Konzeption erarbeitet, die die Sicherheit im Luftverkehr garantieren
soll. Diese Erarbeitung schreitet voran. Das wird natürlich Auswirkungen haben, die wir Ihnen zu gegebener
Zeit als Information zur Verfügung stellen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wenn der Zwischenbericht über die Sicherheitsmängel und die daraus zu ziehenden Konsequenzen erst Anfang des Jahres 2004 vorliegt, kann dann das, was Ende
Oktober des Jahres 2003 neu zu vereinbaren ist - Vollzug des zweiten Teils der Rechtsverordnung -, dort notwendigerweise, weil die beiden Daten nicht übereinstimmen, nicht eingearbeitet werden? Kann damit die
Flugsicherung definitiv bis zum 30. Oktober nicht Gegenstand der Gespräche sein und daher nicht mit dem
Vollzug des zweiten Teils der Rechtsverordnung verknüpft werden? Verstehe ich Sie so richtig?
Wir sind mitten im Verfahren. Es wird eine Konzeption erarbeitet; das heißt, es finden Gespräche statt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Die Frage 51 des Kollegen Michelbach, die Fragen 52
und 53 des Kollegen Dr. Luther und Frage 54 des
Kollegen Kretschmer sollen schriftlich beantwortet werden.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 25. September 2003, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.